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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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haben die beiden doch obduziert, und da dachte ich mir, dass Sie vielleicht etwas für mich haben könnten.«
    Ich war perplex. Etwas für ihn? »Sagen Sie mal, Mads, sind Sie Praktikant?«
    »Ja, das bin ich wirklich, warum …«
    »Lässt man die wichtigen Artikel jetzt schon von Praktikanten schreiben? Also, wenn Sie mich fragen, klingt das ein bisschen merkwürdig.«
    »Nun, ähm, nicht ich schreibe diesen Artikel, ich bin nur beauftragt worden, die verschiedenen Leute anzurufen.«
    »Okay, hören Sie: Über laufende Verfahren äußert sich ausschließlich die Polizei. Das sollte Ihr Redakteur Ihnen eigentlich gesagt haben.«
    »Dann wollen Sie nichts sagen?« Er klang enttäuscht und schien die Pointe noch nicht begriffen zu haben.
    »Nein«, sagte ich und legte auf. Ich hatte kaum aufgelegt, als es schon wieder klingelte.
    »Willst du wissen, was ich herausgefunden haben,
nne
?«, fragte eine tiefe Stimme.
    »Ich komme!« Ich drehte mich kurz zu Dr. Madsen um und stand auf. »Ich muss jetzt leider los«, sagte ich. Er sah mich fragend an, aber ich ging einfach, ließ die Tür offen stehen und hoffte, dass er selbst nach draußen fand.
    Ich hastete die Treppe zu Nkems Büro hinauf und gab noch mehrGas, als ich am Ende des Flurs Helle erblickte, die mit einem Stapel Akten unter dem Arm aus einem Büro kam. Ein paar unerträglich lange Sekunden liefen wir uns auf dem menschenleeren Flur entgegen, und trotz des großen Abstands zwischen uns spürte ich ihren Hass bis unter die Haut, ja bis in mein zukünftiges Leben hinein. Meine Erleichterung war beinahe grenzenlos, als ich schließlich Nkems Tür erreichte und in ihr Büro flüchten konnte. Sie blickte von einem Artikel auf, in den sie sich vertieft hatte, und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Es missfiel ihr, wenn man einfach ohne Anklopfen bei ihr eintrat, selbst wenn ich es war.
    »Entschuldigung«, sagte ich und nickte in Richtung Tür. »Helle.«
    »Ah«, sagte Nkem etwas abwesend lächelnd. Dann drehte sie sich auf dem Stuhl um und las von einem Blatt Papier ab:
    »Clofazimin.«
    »Was?«
    »Die rote Farbe stammt von einem Stoff namens Clofazimin. Nachgewiesen an Hals, Armen und Gesicht von Emilie und auch bei … bei diesem Motorradpolizisten.« Sie sah mich vielsagend an.
    »Damit haben wir schon gerechnet.«
    »Gehen wir das mal von der anderen Seite an: Clofazimin ist ein Medikament, das gegen Lepra angewendet wird und das unter anderem den Schweiß der Patienten verfärbt …«
    »Was?«, platzte ich ungläubig hervor. »Lepra? Das kann doch nicht stimmen! Nicht hier in Dänemark.«
    Sie zuckte mit den Schultern und sagte leise: »Ich weiß noch nicht so viel, würde aber vorschlagen …« – »
Leprakranker Serientäter,
stell dir das mal auf der Titelseite der
Fyens Stiftstidene
vor. Das wäre das kollektive Grauen, fast noch schlimmer als ein Werwolf. Die Straßen wären dann komplett ausgestorben, ganz Odense würde erstarren.« Nkem ignorierte mich und zog die Schublade mit ihrem Laptop heraus. Ich plapperte nervös weiter: »Es muss da einen Migrationshintergrund geben, vielleicht ist das ein Einwanderer oder Asylsuchenderaus einem Land, in dem diese Krankheit noch grassiert, oder jemand, der dort gewesen …«
    »Sei ruhig und hör mir zu!« Nkem hatte ihren Laptop aus der Schublade genommen und ihn energisch auf den Tisch gestellt. Sie schnappte sich den Artikel, in den sie vertieft gewesen war, als ich hereinplatzte, und las vor: »Eine Nebenwirkung des Stoffes ist eine hellrote bis braune Pigmentierung bei fünfundsiebzig bis hundert Prozent der Patienten und eine entsprechende Verfärbung der meisten Körperflüssigkeiten und Sekrete. Auch die Schleimhäute in den Augen können sich gelblich verfärben. Diese Verfärbungen verschwinden nach dem Absetzen des Medikaments wieder, der Prozess kann aber Monate oder Jahre dauern. Viele Patienten werden aufgrund der chronischen Verfärbung der Haut depressiv, was bis heute bereits zu zwei Selbstmorden geführt hat.«
    Das war ziemlich viel auf einmal. Ich stand eine Weile blinzelnd da, bevor ich den Gästestuhl näher zum Schreibtisch rückte.
    »Das heißt …«, begann ich und setzte mich. Ich war schrecklich aufgeregt und musste erst einmal eine Pause machen, bevor ich weitersprechen konnte: »… dass er geschwitzt hat und dieser Schweiß seine Handschuhe durchdrungen hat. Außerdem können wir daraus schließen, dass hier irgendwo jemand unterwegs ist, dessen Haut deutlich verfärbt

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