Totenzimmer: Thriller (German Edition)
Treiben einzulassen. Alle waren betrunken und total aufgedreht, und meine Erregtheit begann einer gewissen Sorge zu weichen, weshalb ich LotteLiederlich mit in die Büsche nahm und in Nullkommanix durchfickte, um anschließend ein wenig zur Ruhe zu kommen. Ich machte mir Sorgen, schließlich wusste ich nicht, wie lange das Haus ungestört brennen würde. Konnten sie es eventuell doch noch schaffen, das Haus lebend zu verlassen, um anschließend zu erzählen, was ich getan hatte? Außerdem fragte ich mich, ob die Polizei Benzinspuren finden und Verdacht schöpfen würde. Einen Verdacht, der sich gegen mich richtete. Aber warum sollten sie das eigentlich? Ich war doch hier unten, hatte mit Lotte geschlafen und lauthals Witze gemacht. Das konnten alle bezeugen. Niemand würde sich daran erinnern, dass ich zehn oder fünfzehn Minuten später gekommen war, dafür war die ganze Bande viel zu besoffen, und Lotte würde allen mit Freude erzählen, dass sie mit mir in den Büschen gewesen war. Gerade, als Lotte Liederlich meinen Saft zu schmecken bekam, verstummte die Musik oben am Haus. Das war gruselig. Aber niemand registrierte es, alle grölten nur weiter, prosteten sich zu und soffen. Ich stand auf, zog Lotte hoch und fragte, ob wir nicht eine Runde um den See laufen sollten. Es war nur ein kleiner blöder See, eigentlich ein Teich in einer kleinen blöden Sommerhaussiedlung, aber vom anderen Ufer aus war unser Haus zu sehen, tagsüber auf jeden Fall. In dieser Nacht, so stellte ich mit unendlicher Erleichterung fest, als wir eine Weile gelaufen waren, war das Haus auch in der Dunkelheit zu sehen: Es leuchtete grell orange und elektrisch blau und war schon zur Hälfte ein Opfer der Flammen geworden. Lotte stolperte mit ihren hochhackigen Schuhen am steinigen Ufer entlang, fiel immer wieder hin und sah nichts. Während ich dastand und das Schauspiel der orangen Zungen mit ihren elektrisch blauen Mützchen genoss, glotzte sie nur über das Wasser und schlug frierend die Arme um sich. In diesem Moment traf mich die Erkenntnis des menschlichen Unvermögens wieder wie eine Keule.
Erst als das Heulen der Sirenen durch die Nacht drang und ich sah, dass die anderen sich wie kleine Streichholzmännchen umdrehten und zurück zum Haus liefen, ging mir, um ehrlich zu sein, der Arsch auf Grundeis.
18
Nkems weiße, kühle Fingerspitzen an meinem Hals, ihr Talkumduft in meiner Nase. Ich öffnete langsam ein Auge, das andere war jetzt vollkommen zugeschwollen, und spürte Menschen um mich herum, Blicke. Die Sonne war mittlerweile unter das Laubdach gedrungen und briet mich. Schatten, ich wollte in den Schatten.
»Soll ich einen Krankenwagen rufen? Dann fahre ich dein Auto zurück, ich habe den Bus genommen.«
Ich schüttelte den Kopf und jammerte: »Nach Hause.« Ich war gerührt. Sie hatte den Bus genommen. Dabei hasste sie Busse.
Oyim
. Sie musterte meinen ganzen Körper und schüttelte den Kopf.
»Du musst zum Arzt. Dein Fuß ist wahnsinnig geschwollen und blau und grün. Und deine Augen und dein Hals … hat er versucht, dich zu erdrosseln? Bist du auch vergewaltigt worden?«
Aus ihrem Mund klang das vollkommen verkehrt. Dabei hatte ich ihr das alles doch schon so oft erklärt. Ich nickte und versuchte, die Stirn zu runzeln, um ihr zu vermitteln, dass er mich natürlich vergewaltigt hatte und dass ich nicht ins Krankenhaus wollte. Ich wollte niemandem erklären, dass ich das alles selbst in Auftrag gegeben hatte. Odense musste nicht unbedingt erfahren, was es sowieso nicht verstehen würde. Ich verstand es ja nicht einmal selbst.
»Nach Hause«, jammerte ich und hatte das Gefühl, dass mein Hals noch mehr schmerzte als zuvor, wenn das überhaupt möglich war. All meine Luftwege schienen von pochendem, geschwollenem Fleisch verstopft zu sein.
»Und wenn dein Bein gebrochen ist?«, fragte sie vorsichtig. Ich versuchte aufzustehen, spürte aber, wie meine Kräfte schwanden. Nkem zog mich vorsichtig hoch und stützte meine Schulter. Ich überprüfte den Fuß, er war ganz sicher nur verstaucht. Den konnte ich selbst verarzten, dafür brauchte ich keine Ambulanz.
»Nicht gebrochen«, flüsterte ich. »Nach Hause. Mein Slip.« Nkem musterte mein Kleid, das ich nach unten gezogen hatte. Dann suchte sie kurz die Umgebung ab, kam aber nur mit einem bedauernden Schulterzucken zurück.
Als sie mir half aufzustehen, wurde mir schwarz vor Augen. Ich wollte aus der Sonne, wollte um jeden Preis in den Schatten. Den linken Arm um
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