Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
Vom Netzwerk:
alleine nachließen. Blöd war nur, dass ich aufs Klo musste. Am liebsten wäre ich einfach im Bett geblieben und hätte in die Kissen gepinkelt, es war sowieso schon alles beschissen, was machte es da noch für einen Unterschied, wenn auch das Bett nass war.
Nein, verdammt
, dachte ich und bewegte meine Lippen. Unter Aufbietung meiner letzten Reserven stellte ich vorsichtig den rechten dicken Zeh auf den Boden, dann das Knie, und schließlich beförderte ich den Rest meines Körpers auch auf den Boden und krabbelte in den Flur. Vorbei am Katzenklo, das mal wieder geleert werden musste, bis ins Bad, wo ich mich mit einer Hand auf dem Waschbecken und der anderen auf dem Spülkasten unelegant auf die Klobrille schob. Danach blieb ich lange sitzen, denn ich fühlte mich zu erschöpft für den Rückweg. Außerdem konnte ich durchaus nochmals eine Dosis Paracetamol vertragen. 600 mg. Die Päckchen mit dem wasserlöslichen Pulver lagen im Toilettenschrank über dem Waschbecken. Trotzdem blieb ich sitzen. Die Katze kam und schmiegte sich an meine Beine. Ich redete mit ihr, bis sie genug Aufmerksamkeit getankt hatte und wieder verschwand. Irgendwann packte ichdas Waschbecken und drückte mich hoch, bis ich aufrecht stand und mein Spiegelbild sehen konnte. Meine Nase füllte die Hälfte meines Gesichts aus, und mein rechtes Auge war zugeschwollen und schillerte in allen Farben. Ich legte den Kopf etwas zurück und schob mich näher an den Spiegel heran. Jetzt verstand ich, warum die Handschuhe sich so rauh angefühlt hatten, denn trotz der Unterhautblutungen auf meinem Hals konnte ich deutlich die anderen Flecken erkennen: rote Abdrücke mit weißen Punkten. Nkem musste geglaubt haben, dass Unterhautblutungen immer so aussahen. Ich dagegen erkannte es sofort: Die Stelle an meinem Hals sah exakt so aus wie die bei Emilie.

ODENSE, 20. JULI 2009
     

19
     
     
    Es klapperte, als Nkem die Tür aufschloss. Sie musste sich meinen Schlüssel genommen haben und kam jetzt mit zwei Krücken in den Raum.
    »Die hier habe ich mir in der Ambulanz ausleihen können, Anne war da, das hat alles leichter gemacht – geht es dir besser?« Sie legte die Krücken neben mein Bett und lächelte mich etwas kurzatmig an. Ich war immer ein bisschen eifersüchtig, wenn sie Anne erwähnte, die gemeinsam mit ihr im Gospelchor der Methodistenkirche sang. Was eine Katholikin in einer Methodistenkirche verloren hatte, ging mir einfach nicht in den Kopf. Überhaupt waren mir all diese religiösen Unterschiede ein Rätsel. Wenn ich ehrlich sein sollte, störte mich grundsätzlich, dass sie andere Menschen außer mir kannte, da ich ja außer ihr niemanden hatte, weder die katholische noch eine andere Kirche brauchte und schon mit einem Wein und einem guten Buch zufrieden war. Ich wusste nicht, ob Nkem den bitteren Zug sah, der in diesem Moment meinen Mund umspielte, vielleicht ignorierte sie ihn auch einfach, auf jeden Fall lächelte sie weiter.
    »Ich war ein braves Mädchen …«, sie hob die Einkaufstüte an, die sie in der rechten Hand hielt, »… und du kriegst jetzt ein bisschen Suppe. Du musst hungrig sein, du hast doch sicher nichts gegessen.«
    Ich schüttelte langsam den Kopf und quakte: »Suppe«, wobei ich zu nicken versuchte. Das Sprechen tat gar nicht mehr so weh. Sie lachte tief und zeigte auf mich. »Du siehst wirklich jämmerlich aus!«
    »Guck mal«, flüsterte ich, so laut ich konnte, und zeigte auf meinen Hals.
    »Das habe ich doch schon gesehen,
nne
, so schlimm sieht das gar nicht aus«, sagte sie und verließ das Schlafzimmer in Richtung Küche,wo ich sie den Kühlschrank öffnen und schließen hörte, bevor sie summend mit den Töpfen zu hantieren begann.
    »Ich war SO gut heute«, rief sie. »Ich habe die perfekte Aufnahme von Helle, die allerbeste Qualität.« Dann stand sie wieder lächelnd in der Tür. »Willst du sie hören?«
    Eigentlich wollte ich ihr in diesem Moment nur von meinem Hals erzählen, ihr sagen, dass es Emilies Mörder gewesen war, der mich vergewaltigt hatte, aber stattdessen begnügte ich mich damit, sie anzulächeln. Sie war so begeistert von ihrer Aufnahme, dass ich ihr einfach den Vortritt lassen musste. Sie holte mein Diktiergerät aus der Tasche, legte es auf mein Bett und drückte auf Play. Dann setzte sie sich auf den Boden und grinste breit.
    »Guten Morgen«, tönte Nkems Stimme aus dem Diktiergerät. Im Hintergrund waren gemurmelte Antworten zu hören. Anscheinend war sie bei den Sekretärinnen im

Weitere Kostenlose Bücher