Totenzimmer: Thriller (German Edition)
müssen.«
»Ich erzähle das der Polizei, wenn Sie dafür an allen schwarzen Brettern der Odenser Supermärkte einen Aushang machen, dass Sie im Internet Viagra bestellen.«
Er starrte auf die Tischplatte und blätterte nervös durch ein paar Papiere, bevor er mich wieder ansah.
»Woher wissen Sie das?«, fragte er schließlich, und als ich nicht antwortete: »Was wollen Sie eigentlich?« In diesem Moment erlebte ich uns wirklich wie eine schräge Version von Rotkäppchen und dem Wolf, ohne genau zu wissen, wer jetzt Rotkäppchen und wer der Wolf war.
»Ich will Burgfrieden. Ich will, dass Sie mich mit dem gleichen Respekt behandeln wie jeden anderen Kollegen mit meinen Qualifikationen. Ich will, dass Sie mich in Frieden lassen. Sie haben merkwürdige Gelüste, und ich habe merkwürdige Gelüste. Nichts davon hat etwas mit dem Institut zu tun. Lassen Sie Ihre Sexfantasien einfach zu Hause, wenn Sie zur Arbeit gehen. Und lassen Sie mich in Frieden.«
Er nickte. Irgendwie schien er sich plötzlich zu entspannen. Sein ganzer Körper sank auf eine Weise zusammen, die ich auch von mirkannte, wenn das Schlimmste überstanden war und man tat, was im Volksmund
erleichtert aufatmen
heißt.
»Eine einzige Sache quält mich aber. Ich bin mir nämlich vollkommen sicher, dass sie zu zweit waren«, sagte ich und brach das wohltuende Schweigen.
»Wie, zu zweit?«
»In dieser Nacht im Munke Mose … ich war zwar die meiste Zeit bewusstlos, aber da waren zwei verschiedene Gerüche. Ich habe einen guten Geruchssinn, obwohl ich rauche. Ich wurde zweimal vergewaltigt – vielleicht öfter, aber zweimal, als ich bei Bewusstsein war. Und da waren zwei verschiedene Gerüche. Außerdem kann ich mich erinnern, dass einer meine Arme und der andere meine Beine gepackt hat. Haben Sie eine Möglichkeit, diese Idee von zwei Tätern irgendwie in Karolys und Fyn Nielsens kleine Köpfe zu pflanzen?«
Er sagte nichts, ich sah aber, dass er nachdachte. Wenn ich auch nicht wusste, worüber.
»Ich habe mich auch schon gefragt, wie er sie ins Auto bekommen hat«, fügte ich hinzu. »Wenn keiner etwas gesehen oder gehört hat, muss das blitzschnell gegangen sein. Der Täter muss einen Helfer gehabt haben.«
Bonde Madsen schwang sich mit dem Stuhl herum und drehte mir den Rücken zu. Dann sagte er: »Sie haben doch wohl mitbekommen, dass schon wieder ein Mädchen verschwunden ist, oder?«
Liebes Tagebuch,
ich gab mir reichlich Zeit. Es war wichtig, sich unter den Kommilitonen an der Universität erst einmal den Ruf eines normalen, fleißigen Studenten zu sichern. Ich legte mir sogar eine Freundin zu, in erster Linie der Normalität wegen, denn obwohl sie zu den intelligentesten Menschen gehörte, die ich jemals getroffen hatte, war und blieb meine Beziehung zu ihr nichts als Fassade. Sie war eine Frau und sie zwitscherte wie all die anderen, doch ihrem Gezwitscher musste ich wenigstens ein Minimum an Gehör schenken. Sie durfte nicht den geringsten Verdacht schöpfen, und diese Herausforderung erregte mich. Natürlich hatte ich Lust, sie zu betäuben und ihre Körperteile auf eine größere Anzahl Marmeladengläser zu verteilen, trotzdem begnügte ich mich damit, ihr hin und wieder ein unschuldiges Fesselspielchen vorzuschlagen. Einmal spielten wir eine Vergewaltigung. Ich ließ sie im Wald los, zählte bis zehn und machte Jagd auf sie. Als ich sie hatte, »vergewaltigte« ich sie. Nicht gerade etwas, das mich sonderlich begeisterte, aber sicher besser als alles, was sie sonst zu bieten hatte. Sie war da allerdings anderer Meinung. Die Zweige und Äste hatten zu viele Kratzer auf ihrer makellosen Olivenhaut hinterlassen.
Schau doch mal! Ja, o je, ein kleiner, süßer Kratzer! Komm, wir pusten ein bisschen, und dann mache ich dir ein Pflaster drauf, mein Schatz!
Ich musste diese altmodische Fassade wirklich wahren, das übliche Rein-und-Raus-Spiel, aber sicher keine Ultragewalt, wie mein Freund Alex das genannt hätte.
Irgendwann kam mir die Idee, ein Skalpell unter die Matratze zu legen und es in meiner Fantasie hervorzuholen, wenn ich es mit ihr trieb. Aber auch das half nichts, so dass ich all meine Sublimierungsenergie auf das Studium verwendete und wie erwartet sehr gute Noten bekam. Wurde der Druck trotzdem zu groß, fuhr ich nach Frankfurt, wo ich einen ganz speziellen Kontakt hatte. Friedrich war Börsenmakler und randvoll mit nervöser Energie, die er loswerden musste. Jeden ersten Samstag im Monat füllte er seinen Mercedes
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