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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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Raum ist. Nicht einmal sein Sohn.»
    «Frag mal Teichner …», singsangt Teichner plötzlich.
    Alle blicken ihn stumm an.
    «Was ist?», fragt Kriminaloberrat Körber nach.
    «Frag mal Teichner», wiederholt Teichner in gleicher Betonung.
    «Wisst ihr, was ich jetzt tue?», sagt Miriam. «Ich frage jetzt mal Teichner. Ich weiß zwar nicht, was, aber ich frage ihn einfach mal.»
    «Frau Meisler, ich bitte um etwas mehr Ernsthaftigkeit», weist Ludwig sie zurecht.
    «Also Herr Teichner, was wollen Sie uns denn nun sagen?»
    «Will sagen, wenn Henning sagt, keiner wisse, wo dieser Raum vom armen Drossi ist, dann stimmt das sooo mal nicht …»
    Teichner steckt einen wurstigen Daumen in sein linkes Nasenloch.
    «Soll das heißen, Sie wissen es?», fragt Körber.
    «Yep.»
    «Ja, wie denn, wo denn, was denn? Komm doch mal auf’n Punkt, Alter!», platzt es aus Miriam heraus, und sie klingt dabei ein bisschen wie Melina.
    «Er hat einen Probenraum in einer alten Fabrik in Mannheim gemietet. Woher ich das weiß, wollt ihr jetzt wohl wissen, was?»
    Alle schweigen, neugierig und genervt zugleich. Teichner fährt fort:
    «Ich habe mal die Kontoauszüge von Drossmän gefilzt. Und was fand der kleine Teichner da? Eine regelmäßige Abbuchung von 300 Euro pro Monat. So long – Hongkong, da bin ich dieser Abbuchung mal nachgegangen, habe den Empfänger ausfindig gemacht, ankontaktiert und wuppsdischwupps die Adresse rausbekommen.»
    «Gute Arbeit, Teichner», lobt ihn Ludwig zu allem Überfluss. «Dann nichts wie hin! Ich hoffe, dass wir mal einen Schritt weiterkommen.»
    Er löst die Sitzung auf, Teichner sich selbst leider nicht. Im Gegenteil, sein Selbst hat sich noch ein wenig mehr aufgebläht.
     
    Wir verabreden, dass Teichner, Miriam und ich morgen Vormittag nach Mannheim aufbrechen, um den Raum zu durchsuchen. Teichner im Büro zu lassen, ist kaum möglich, da er zugegebenermaßen beim Herausfinden der Adresse nicht ganz unbeteiligt war. Unklar ist mir mal wieder, wohin ich Laurin «verkaufe». Ich fürchte, dass ich nicht darum herumkomme, Wolle und Molli erneut zu bitten, ihn nach dem Kindergarten mitzunehmen. Wäre für mich am schnellsten und einfachsten zu organisieren und logistisch am unkompliziertesten. Melina wird über einen weiteren sturmfreien Nachmittag nicht traurig sein; zum Ausgleich muss sie sich um Berlusconi kümmern.

[zur Inhaltsübersicht]
    14. KAPITEL
    I ch sitze im Auto auf der Fahrt vom Alsfelder Büro nach Nidda zum Schlumpfloch und höre seit gefühlten hundert Jahren mal wieder «Lass uns leben» von Marius Müller-Westernhagen.
    Ich sehe mich auf der Schulaulabühne stehen, mit diesem unverschämten Selbstbewusstsein, wie es nur Neunzehnjährige haben, und frage mich, wo das alles geblieben ist.
    «Schwärmen von vergangner Zeit – was soll’s ich lebe.»
    Verfangen in einem Kokon aus nostalgischer Rührung und tiefer Traurigkeit, überfahre ich fast eine Rentnerin.
    «Die Familie ist gesund – was soll’s ich lebe.»
    Franziska. Sie hatte mich damals verliebt auf dem Klavier begleitet.
    «Zu lieben ist gar nicht so schwer.» Von wegen. Es ist schwerer als alles andere.
    Es war auch eine Flucht vor mir. Vor allem, vermutlich. Da mache ich mir nichts mehr vor.
    «Ich hab mich heut Nacht besoffen – was soll’s ich lebe. Ja, ich lebe …»
    Während ich unweit des Kindergartens einparke, nehme ich mir vor, heute am späten Abend eine ganze Flasche Rotwein alleine zu trinken und dieser Sandra auf «Facebook» zu antworten.
     
    Wolle, der Che Guevara der von uns Eltern verwalteten Kindergruppe Schlumpfloch e.V., muss einen Blutdruck von 210:140 haben, denn er trägt auch im Winter fast immer nur Unterhemd zu seinem glühend roten Gesicht. Eindeutig zu selten entscheidet er sich für ein achselhaarbedeckendes Textil. Keiner versteht das. An den Grünen kann man doch sehen, dass man heutzutage problemlos politisch links eingestellt sein kann und trotzdem dabei ein bisschen gepflegt sein darf. Es sind knappe fünf Grad über null, als ich schon von weitem Wolles Rückenhaare aus einem T-Shirt quellen sehe. Er steht im Halbkreis mit mehr oder weniger interessierten Miteltern im Vorgarten des Kindergartens und berichtet mit voller, fester Stimme von seinem Auftritt beim Jugendamt der Stadt Nidda, bei dem er als furchtloser Freiheitskämpfer für den Elternverein einen monatlichen Vollwertessenszuschuss von 15 Euro pro Kind erfightet hat.
    «Henning, knorke, dass ich dich sehe»,

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