Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
Vom Netzwerk:
und wir haben viel gechattet. Dann hat meine Frau die E-Mails gefunden.
Einige davon bezogen sich auf diese Nacht. Ja, ich weiß – ich bin ein Idiot. Jedenfalls haben wir uns getrennt, und mein Sohn hat mir die Schuld gegeben. Er ist damit nicht klargekommen. Ein paar Jahre später ist er in die Drogenszene abgerutscht und hat die Schule geschmissen. Ich habe den Kontakt zu ihm verloren. Als sie das Kriegsrecht ausriefen, habe ich meine Exfrau angerufen. Ich hatte seit ungefähr einem halben Jahr nicht mehr mit ihr gesprochen, aber es war das Ende der Welt, verstehst du? Ich habe mir Sorgen um ihn gemacht – um beide. Meine Exfrau ging tatsächlich ans Telefon. Sie war krank vor Sorge. Wie sich herausstellte, hatte sie seit Monaten nichts mehr von Mick gehört. Sie wusste nur, dass er mit einem Mädchen namens Frankie zusammen war. Sie war Prostituierte und auf Heroin, und sie hatte Mick angefixt. Ein Kollege meiner Exfrau hatte ihn und seine Freundin anscheinend gesehen. Sie lebten in Fells Point auf der Straße.«
    »Also hast du dich auf die Suche nach ihm gemacht?«
    »Genau.« Mitch seufzte. »Es war dämlich, aber die Liebe treibt uns manchmal dazu, Dummes zu tun. Keine Chance, dass er noch am Leben sein könnte. Tief in mir wusste ich das. Aber ich musste es trotzdem tun, weil ich sein Vater bin, und das gehört einfach dazu. Wenn man ein Kind bekommt, hat man all diese Träume. Vielleicht wird dein Kind ja mal Quarterback bei den Ravens, oder vielleicht gewinnt es den Friedensnobelpreis. Mein Traum war bescheidener.
Ich wollte einfach nur Enkelkinder haben. Schätze nicht, dass ich die jetzt noch kriegen werde. Aber man hat diese Träume, und man tut alles, um seinem Kind dabei zu helfen, seine Ziele zu erreichen, und manchmal tut man es sogar, wenn die eigenen Träume nicht dem entsprechen, was das Kind sich wünscht. Man hilft seinen Kindern, wenn sie in Schwierigkeiten stecken. So sollte es sein. Aber ich war nicht da, um Mick zu helfen, also musste ich das wiedergutmachen, selbst wenn er tot war. Ich musste es durchziehen.«
    »Du hättest dabei draufgehen können.«
    »Und das wäre ich auch fast – viele, viele Male. Am Anfang war es okay. Ich habe fast alle meine Nachbarn kaltgemacht – sie waren infiziert. Aber dann, nachdem ich mich um die gekümmert hatte, war ich heimatlos. Mein Auto war vollgetankt, und ich hatte jede Menge Munition. Ein verdammter Rambo, verstehst du? Erst bin ich auf der York Road geblieben, aber ob du es glaubst oder nicht, die war voller als die Interstate 83, also habe ich auf den Highway gewechselt. Ich habe es bis Television Hill geschafft, dann war das verdammte Auto überhitzt. Also habe ich mir meine Waffen geschnappt und bin zu Fuß weiter. Du musst das verstehen, Lamar. Ich musste das durchziehen, aber ich habe jeden Moment damit gerechnet, dass ich sterben würde. Diese Dinger waren einfach überall. Je weiter ich in die Stadt reinkam, desto schlimmer wurde es. Ich war seit zwei Tagen in der Stadt, als ich dir und den Kindern begegnet bin.«
»Himmel...« Ich war fassungslos. »Zwei ganze Tage? Wie hast du das geschafft?«
    »Entschlossenheit. Ich bin hingekommen, um meinen Sohn zu suchen, und ich wollte ihn finden.«
    »Hast du ihn gefunden?«
    »Nein.« Er holte tief Luft. »Nein, hab ich nicht. Stattdessen habe ich euch gefunden, und das genügt mir. Ich habe es versucht. In meinem Herzen weiß ich, dass ich meinen Frieden damit gemacht habe. Ich habe versucht, Mick zu finden. Ich habe mir Mühe gegeben, und das hätte Mick zu schätzen gewusst. Es wäre ihm wichtig gewesen. Nichts anderes zählt. Und genau deswegen blicken Tasha und Malik auch zu dir auf – weil sie sehen, dass du dir Mühe gibst. Der Professor hat also Recht, Lamar. Du bist ihr Held.«
    »Aber ich bin kein Held«, fauchte ich. »Ich bin ein Betrüger, Mann. Ein verdammter Heuchler. Ich bin genau das, wofür die Leute mich halten, wenn sie meine Hautfarbe sehen oder rausfinden, wo ich herkomme.«
    »Wovon redest du? Hat das damit zu tun, dass du den Priester nicht erschießen konntest?«
    »Ich rede nicht von dem Priester. Ich rede über etwas, das vor diesem ganzen Scheiß passiert ist. Ich habe etwas Schlimmes getan, Mitch. Etwas wirklich Schlimmes.«
    »Was denn? Warst du ein Drogendealer?«
    »Siehst du?« Aufgebracht zeigte ich mit dem Finger auf ihn. »Genau das meine ich. Ich bin schwarz und komme aus dem Ghetto, und wenn ich dir sage,
dass ich etwas Schlimmes getan habe, gehst du

Weitere Kostenlose Bücher