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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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Hypothekenforderungen geltend macht. Aber die Schuldgefühle haben mich fertiggemacht, Mann. Ich konnte nicht schlafen. Nicht essen. Habe jede Minute damit gerechnet, dass die Cops mir die Tür eintreten würden. Haben sie aber nicht. Irgendwie war das noch schlimmer, denn das bedeutete, dass ich weiter schweigend mit dieser Schuld leben musste. Ich war zu dem geworden, was ich hasste. Und dann war ich wieder pleite. Ich war immer noch damit beschäftigt, mit dieser ganzen Scheiße klarzukommen, als Hamelns Rache auftauchte. Seitdem habe ich mich nur noch darauf konzentriert, zu überleben. Aber ich kann nicht vergessen, was passiert ist. Es ist immer noch da, in meiner Vergangenheit. Ich kann es nicht ändern, und ich kann es nicht vergessen. Die Kinder, du und der Professor – ihr haltet mich für jemanden, der ich nicht bin. Ich bin kein Held. Ich bin ein verdammter Versager.«
    Mitch schüttelte den Kopf. »Du bist ein verdammter Idiot, das bist du.«
    »Wie bitte?«
    Mitch grinste. »Verstehst du denn nicht, Lamar? Das spielt jetzt alles keine Rolle mehr. Die Vergangenheit ist nichts weiter – einfach vergangen. Sie ist genauso tot wie diese Dinger auf den Straßen. Wir haben sie hinter uns gelassen. Jeder Mensch macht
Fehler. Durch sie werden wir geformt. Aber es spielt keine Rolle, wer wir waren oder was wir getan haben, bevor das alles passiert ist. Wir sind noch am Leben! Während der Rest der Welt krepiert, sind wir noch immer hier. Jetzt kommt es nur darauf an, wie wir reagieren und zu wem wir geworden sind. Weißt du, der Priester in dieser Station mag verrückt gewesen sein, aber in einem hatte er Recht.«
    »Und das wäre?«
    »Wir sind tatsächlich wiedergeboren worden. Ich meine das nicht im religiösen Sinn. Wir haben eine Chance bekommen, uns selbst neu zu erfinden, jemand anders zu werden. Der Professor hat Recht. Wir sind auf einer Suche – wir alle. Also hör auf, dir über die Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen, und fang an, an die Zukunft zu denken. Die Vergangenheit ist tot.«
    »Das sind die Zombies auch«, meinte ich. »Aber das hält sie nicht davon ab, zurückzukehren und uns in den Arsch zu beißen. Was für eine Zukunft können wir uns schon erhoffen? Ein Leben auf der Flucht? Uns jedes Mal zu verstecken, wenn wir an Land gehen? Das ist kein Leben. Das ist reines Vegetieren.«
    »Für mich wäre das genug. Und dasselbe gilt auch für dich. Sonst würdest du ohne zu zögern auf das Landedeck rausgehen und ins Meer springen. Du bist ein Kämpfer, genau wie ich – du tust es, weil du nicht weißt, was du sonst tun sollst. Und jetzt kämpfst du für diese Kinder, ob du es zugeben willst oder nicht. Also find dich damit ab und sei ein Held. Und wer
weiß? Wenn wir das hier überleben und die Zivilisation ein Comeback feiert, gibt es vielleicht in fünftausend Jahren einen Mythos über uns. Wir könnten unsterblich werden.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das könnten wir sowieso.«
    »Das habe ich nicht gemeint«, sagte Mitch lächelnd, »und das weißt du.«
    Sein Lächeln wurde breiter. Nach einem kurzen Zögern erwiderte ich es. Wir schlichen zurück in unsere Kabine und krochen in unsere Kojen. Tasha und Malik rührten sich nicht. Das Schiff schaukelte sanft, es quietschte und ächzte. Die Rohre an der Wand tickten. Mein Magen knurrte.
    »Gute Nacht«, flüsterte Mitch.
    »Nacht.«
    Ich legte mich zurück und starrte ins Nichts. Ich dachte über die Vergangenheit nach. Vielleicht hatte Mitch Recht. Vielleicht existierte sie wirklich nicht mehr. Vielleicht war dieser Lamar Reed genauso tot wie die Stadt, die er zurückgelassen hatte, als er in See gestochen war. Die Zukunft wartete direkt hinter dem Horizont, und wenn morgen früh die Sonne aufging, würde sie damit den ersten Tag vom Rest unseres Lebens eröffnen.
    Ich fragte mich, wie lange dieses Leben wohl dauern würde.

NEUN
    D er Chief behielt Recht, was das Wetter anging. Am nächsten Morgen war es kalt und regnerisch. Im Laufe der Nacht war ein Sturm herangezogen. Dicke grauschwarze Wolken verschluckten den Horizont und ließen die Trennlinie zwischen Himmel und Meer verschwimmen. Donner hallte über das Wasser. Dicke Regentropfen klatschten auf das Deck. Die Wellen wurden größer, und das Schiff schaukelte wie ein Fahrgeschäft auf dem Jahrmarkt. Die meisten von uns hatten noch nicht den Gang eines Seemanns entwickelt, und jedes Mal, wenn die Spratling besonders heftig rollte, rannten wir gegen die Schotten. Beim

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