Totes Zebra zugelaufen
Vermögensberater, lag in Beverly Hills. Auf der Fahrt dorthin gestattete sich Virgil Tibbs einen Moment der Selbstzufriedenheit. In seiner Tasche steckte ein rechtskräftiger Optionsvertrag, der ihn befähigte, die William Holt-Rymers gehörenden Anteile an der Roussel Rights Inc. zu erwerben. Das würde Walter McCormack auf Trab bringen. McCormack, der keine Zeit hatte, überbeschäftigte Polizeibeamte zu empfangen, obwohl deren Aufgabe unter anderem darin bestand, ihn und sein Vermögen zu schützen. Und ohne sein Vermögen, vermutete Tibbs, würde der gestrenge Mister McCormack das Leben gewiß recht beschwerlich finden.
Auf dem Wilshire Boulevard krochen die Autoschlangen nur langsam vorwärts. Noch schlimmer wurde es, als Tibbs das Beverly Hilton Hotel passiert hatte und in östlicher Richtung weiterfuhr. Er näherte sich einem Block neuer Hochhäuser und begann nach einem Parkplatz zu suchen. Mit seiner Zulassungsnummer hätte er es sich auch erlauben können, dort zu parken, wo dem Durchschnittsbürger ein Strafmandat drohte, doch er war ein Verfechter des Grundsatzes, daß Rechte auch Pflichten mit sich bringen. Zwei Straßenzüge hinter der Adresse, die er suchte, fand er einen Parkplatz und ging zu Fuß zurück.
Peterson erwartete ihn bereits. Anders als der Maler, den er vor kurzem verlassen hatte, begegnete Peterson dem Kriminalbeamten beinahe feindselig. Selbst die Sekretärin, die ihn empfing, hob ihre gezupften Brauen, ehe sie ihn anmeldete. Tibbs spürte, daß er sich im feindlichen Lager befand.
Peterson war ungefähr hundert Kilo schwer, und der größte Teil davon konzentrierte sich um die Körpermitte. Seine Gestalt war grobknochig und robust, doch von körperlicher Ertüchtigung schien er nichts mehr zu halten. Er hatte sich einen hübschen Schmerbauch zugelegt, und sein breites, blühend aussehendes Gesicht war von einem Netz roter Äderchen durchzogen. Er streckte eine unförmige Pranke aus und schüttelte Tibbs ohne die geringste Herzlichkeit die Hand. Lässig wies er auf einen Stuhl, als sei es ihm völlig gleichgültig, ob Tibbs sich setzte oder nicht.
Peterson ließ sich hinter seinem Schreibtisch in einen massiven Sessel fallen und sprach mit krächzender Stimme. »Bitte, fassen Sie sich kurz. Ich habe noch eine Verabredung.«
Tibbs sah ihn kühl an und nahm Platz. »Ich habe mich angemeldet«, erinnerte er ihn. »Heute morgen wurde in San Bernardino ein Mann namens Albert Roussel beerdigt. Er ist ermordet worden. Wenn Sie mir sagen können, wer ihn tötete, und mir genug Beweismaterial für eine Verurteilung liefern, dann verschwinde ich sofort wieder. Wenn nicht, haben wir einiges zu besprechen.«
»Ich habe Ihnen nichts zu sagen«, fuhr Peterson auf. »Gewiß, ich kannte den Mann geschäftlich. Darüber wissen Sie Bescheid, sonst wären Sie nicht gekommen. Doch ich habe Roussel lange nicht gesehen. Wußte gar nicht, daß er im Lande war.«
Tibbs zog sein Notizbuch heraus. »Wie lange haben Sie Dr. Roussel nicht mehr gesehen?«
Peterson wippte in seinem Stuhl vor und zurück, als koste es ihn übermenschliche Anstrengung, nicht in Zorn zu geraten, »ist das von Bedeutung?« fragte er. »Ich sehe nicht ein, wieso Sie das etwas angeht.«
Anstatt sich zu einer gereizten Erwiderung hinreißen zu lassen, lehnte sich Tibbs zurück, anscheinend völlig unbeeindruckt.
»Mr. Peterson, eine derartige Antwort auf die Frage eines Kriminalbeamten, der Ermittlungen über einen Mordfall anstellt, ist ausgesprochen dumm, und das wissen Sie auch. Wenn Ihnen daran liegt, sich verdächtig zu machen, dann sind Sie auf dem besten Weg.«
Peterson beugte sich vor und stand halb auf. »Sind Sie gekommen, um mich zu verhaften?« rief er scharf.
Tibbs blieb ruhig. »Ich bin gekommen, um festzustellen, wer Albert Roussel getötet hat und warum. Wenn Sie mich im Laufe dieses Gesprächs überzeugen, daß Sie der Schuldige sind, dann werde ich Sie verhaften.«
Der Finanzberater fuhr sich mit seiner feisten Hand über das Gesicht. »Ich habe Roussel vor ungefähr drei Monaten in Europa getroffen. Ich war geschäftlich drüben und begegnete ihm zufällig. Wir unterhielten uns, aber nur flüchtig. Zufrieden?«
»Sprachen Sie damals auch über die Roussel Rights Inc.?«
»Beiläufig.«
»Weil wir gerade von der Gesellschaft reden — was halten Sie von dem Kaufangebot, das gegenwärtig vorliegt?«
Oswald Peterson lehnte sich zurück. Er nahm eine Haltung wie bei einem Kunden ein, den er geschäftlich zu
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