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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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hatten, würden sich vielleicht ein oder zwei finden, denen man einreden konnte, daß man dem Zeugen der Anklage nicht zu glauben brauchte, weil er Neger war. Im allgemeinen verschmähten die Verteidiger es, mit solchen Waffen zu kämpfen; doch dieser hier kannte keine solchen Hemmungen.
    Ehe er Feierabend machte, tippte Tibbs noch einen Brief an Walter McCormack, in dem er ihm mitteilte, daß er von William Holt-Rymers eine Option auf die Anteile des Malers erhalten hatte und beabsichtige, Mr. McCormack in dieser Angelegenheit aufzusuchen. Er setzte seine Unterschrift darunter, legte das Schreiben in den Postkasten und fuhr nach Hause, um sich für den Strauß des folgenden Tages vorzubereiten.
    Es wurde ein erbitterter Kampf. Nach den üblichen Verzögerungen und Anträgen legte er seine Aussage klar und präzise ab. Er wußte, daß der Ausgang des Prozesses von seinem Augenzeugenbericht abhing. Als der Verteidiger aufstand, lag ein herablassendes Lächeln um seine Lippen.
    Da Tibbs sich als Polizeibeamter ausgewiesen hatte, stürzte sich der Verteidiger beim Kreuzverhör auf diese Tatsache.
    »Mr. Tibbs, wie kam es, daß Sie zum Polizeibeamten — äh — gewählt wurden?«
    »Stammen Sie aus Kalifornien, Mr. Tibbs? ...«
    »Sie haben also Ihre Jugend in den Südstaaten verbracht, Mister Tibbs. Ich kann mir vorstellen, daß das zum großen Teil Ihre heutigen Anschauungen prägte.«
    »Einspruch!«
    »Stattgegeben.«
    »Ich ziehe die Frage zurück. Mr. Tibbs, haben Sie in letzter Zeit die Südstaaten besucht?«
    »Ja, Sir. Ich leitete dort mit Erfolg die Ermittlungen in einem Mordfall.«
    Und so ging es weiter. Unermüdlich bemühte sich der Verteidiger, einen wunden Punkt bloßzulegen, der Jury Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Aussage einzuflößen, die sie gehört hatten. Den meisten Polizeibeamten blieb ein solches Verhör erspart. Tibbs wußte, daß es noch lange Jahre dauern würde, ehe auch er solche Schikanen nicht mehr über sich ergehen lassen mußte.

    William Holt-Rymers hatte es da viel besser. Er saß in der geräumigen Küche in Sun Valley Lodge, weit weg von der steifen Förmlichkeit des Gerichtssaals, trank Kaffee, unterhielt sich mit den Nunns und studierte die Lichtverhältnisse. Er fühlte sich wie zu Hause. Die Nacktheit der Menschen um ihn herum verwirrte ihn nicht im geringsten. Viel mehr interessierte ihn die Tatsache, daß sie sich in ihrer Meinung über Virgil Tibbs alle einig waren.
    »Ich wollte schon immer mal ein Nudistencamp besuchen«, sagte er, ein neues Thema anschneidend. »Eine gezwungene und gespannte Atmosphäre ist der Tod eines guten Bildes. Hier gibt es alles, um frei und besser arbeiten zu können. Die Werke Gauguins beweisen das, auch wenn die Verhältnisse nicht ganz die gleichen sind.« Er trank seinen Kaffee aus und ließ sich noch einmal einschenken. »Aber ich finde, daß mir hier das gleiche Glück zuteil wird wie Gauguin in Tahiti. Ich bin noch keine zehn Minuten da, und schon habe ich ein Modell gefunden, das jeden Künstler begeistern würde.«
    Linda errötete vor Freude über das Kompliment. Schon oft war sie von Berufsfotografen aufgenommen worden, doch noch nie hatte sie ihr Bild in den Farben und der Auffassung eines Künstlers gesehen.
    »Würde es Ihre Pläne stören, wenn ich sie mir eine Stunde ausleihe?« fragte Holt-Rymers seinen Gastgeber.
    Forrest sah Linda an, die rasch nickte.
    »Keinesfalls, Bill. Deswegen sind Sie ja gekommen. Wir kennen Ihren Ruf.«
    »Ich werde Ihnen vielleicht auf die Nerven fallen«, warnte Rymers. »Ich möchte mehrere Bilder machen.«
    »Das wäre eine Ehre für uns«, erklärte Emily im Namen der Familie. »Möchten Sie ein Stück Kuchen?«
    »Nein, danke. Später, wenn ich darf. Ich würde jetzt gern anfangen.«
    »Darf ich zuschauen?« fragte Carole.
    »Wenn du versprichst, ganz still zu sein.«
    »Das verspreche ich.«
    »Gut. Sobald Sie also fertig sind, Mrs. Nunn, gehen wir los und suchen uns den besten Platz.«
    »Ich?« fragte Emily perplex.
    »Ja, Sie«, versetzte Rymers fest.

    Am folgenden Tag ging der Prozeß weiter. Es gab keine Atempause für Tibbs.

    George Nunn, der mit einiger Ungeduld einen, wie er hoffte, angemessenen Zeitraum abgewartet hatte, rief endlich Ellen Boardman an und bat sie um ein Wiedersehen. Sie stimmte zögernd zu — zögernd, weil ihr Kummer vielleicht noch zu frisch war oder weil sie George erst seit kurzem kannte oder vielleicht auch, weil er aus einem Nudistencamp kam.
    George

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