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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam E. Maas
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Mitgefühl vor. Er hatte Angst, hielt Marie für irre. Sie drehte sich zur Wanne und stieg ein.
    „Ich verzeihe dir. Was du mit mir gemacht hast, war nicht schlimm. Dafür hätte ich dich nur übers Knie gelegt. Völlig egal. Das hat dein Schicksal nicht besiegelt. Es war dein Mentor, das Genie. Ach, ich werde dich quälen. Weißt du, wärst du nicht so gestört, hätte ich es schnell erledigt. Scheiß Hochmut. Gott mag das überhaupt nicht. Gott liebt Demut, Gott liebt Furcht. Er will, dass die Menschen ihm gebeugten Hauptes entgegentreten. Wir werden das zu Hause in aller Ruhe üben … dummer Mensch.“
    Sie schloss ihre Augen und genoss die Ruhe. Irgendwann später, hörte sie, wie Steinmetz über den Boden kroch. Er ging still und heimlich vor. Richtung Tür ging seine Reise. Sie nahm sich vor zu warten, bis er am Türrahmen ankam. Er sollte seinen Moment der Hoffnung erleben und eigentlich machte er das ganz gut. Er nahm wohl an, sie sei eingeschlafen. Minuten später hatte er es zur Tür geschafft, da stand Marie auf.
    „Kannst du mir keine fünf Minuten Pause gönnen?“, fauchte sie ihn an.
    Steinmetz sah sie mit weit aufgerissenen Augen an wie ein Reh, das in die Scheinwerfer eines heranrasenden Autos blickte. Genauso wie das Reh war er unfähig sich zu bewegen, unfähig irgendeine Entscheidung zu treffen. „Wenn die Instinkte versagen“, kommentierte Marie und zog ihn zurück zur Wanne. Sie blickte sich um und fand, was sie suchte. Sie nahm den Gürtel aus einem Bademantel, der auf einem Haken hinter der Tür hing. Ein Ende band sie um seinen Hals und das andere Ende behielt sie in der Hand.
    „Wo wolltest du eigentlich hin? Jetzt bist du mein Hündchen“, sagte sie und zerrte an der Leine. „Ist es wirklich so schwer, sein Los mit Würde zu tragen?“
    Er stöhnte und brummte vor sich hin. Sie ermahnte ihn mehrmals, doch er machte weiter. Entnervt beugte sie sich über ihn und gab ihm eine Ohrfeige. Es half nichts. Marie stieg auf ihn und legte ihre Hände um seinen Hals, fing an, ihn zu würgen. Sein Flehen ließ nicht lange auf sich warten.
    Hatte das Flehen der Beute, denn jemals den Jäger davon abgebracht weiterzumachen? Nicht in dieser Welt. Wo lag überhaupt der biologische Nutzen solcher Handlungen?
    Allmählich lief er rot an. Sein Kopf sah aus, als würde er gleich platzen. Sie würgte ihn noch ein wenig länger, bis er endlich aufgab. Sie nahm wieder in der Wanne Platz und genoss die wohlverdiente Ruhe.
    „Niemand wird dich suchen, Fritz“, sagte sie, nachdem er das Bewusstsein zurückerlangt hatte. „Deinen Nachbarn bist du egal. Deine Arbeitskollegen?“, fragte sie und kicherte. „Deine Familie? Die Meisten hängen im Wohnzimmer an der Wand und sagen kein Wort. Die lebendigen Steinmetze werden erst einen Finger krumm machen, wenn sie glauben, dass sie erben dürfen. Vielleicht irre ich mich auch. Naja, wen gibt es noch? Die Leute im Restaurant. Werden die dich suchen? Ach, gehen wir einfach mal davon aus, dass jemand die Polizei verständigt? Da wären wir also bei der Polizei. Was werden die wohl tun? Na? Die werden dich auch nicht richtig suchen, denn ich werde dafür sorgen. Nicht nur der Doktor hat gute Kontakte, weißt du? Die Suche wird sich im rechtsradikalen Sumpf verlieren. Dort verschwinden öfters Leute, tauchen spurlos unter. Niemand, den meine Hände berührten, wurde jemals gefunden. Ich muss mir ein neues Telefon besorgen, fällt mir da ein. Hörst du mir überhaupt zu, Fritz?“
    Marie zog an der Leine. Keine Reaktion. Sie beugte sich über den Rand der Wanne und sah ihn an. Er starrte ins Nichts. Betete er? Bestimmt rief er Wotan an. Sie kicherte und legte sich wieder hin.
    „Wo war ich stehengeblieben? Ach so, ich habe dir zwar erzählt, was passiert, wenn du mal tot bist, aber nicht, wie es dazu kommen wird. Lass mich überlegen.“
    Eine Flut von Möglichkeiten tat sich auf.
    „Also, ich kann es noch nicht genau sagen … sollen wir vielleicht gemeinsam Ideen sammeln? Ein bisschen Brainstorming machen? Wir könnten ja zum Beispiel beim heutigen Thema bleiben. Ich meine Häschen und Doktor, nur mit vertauschten Rollen. Was ist mit deiner Möhre? Nein, kein Doktor, das stinkt voll ab, das wollte ich dir übrigens schon die ganze Zeit beibringen. Hast nicht zugehört. Viel besser, ich könnte eine Bäuerin sein, dessen Möhren du immer klaust … bis ich dich erwische. Haha, dann hole ich mir die Möhre natürlich wieder zurück … mit einer Sichel oder

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