Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam E. Maas
Vom Netzwerk:
Gartenschere vielleicht.“
    Marie gewährte dem Menschen weiteren Einblick in dessen Zukunft. Es war eine Vision von Schmerz und Tod und Steinmetz willigte stillschweigend in die neue Rollenverteilung ein. Von nun an durfte er seine devote Seite entdecken. Sie würde ihn quälen, tagelang. Quälen, ihm Zeit lassen, sich zu erholen und dann wieder quälen. Die Zunge, die bald sein Blut kosten durfte, fuhr über ihre Lippen. Gewalt, oh, herrliche Gewalt!
    Sie hielt inne. Würde sie Genugtuung verspüren? Wohl kaum. Doch, ein wenig. Aber wenn sie echte Genugtuung erfahren wollte, musste sie noch einen Schritt weitergehen. Der Assistent war nur ein Bauernopfer, nichts weiter.
    Der Alte hatte also die ganze Zeit gewusst, was sie getrieben hatte und sie dann auflaufen lassen. Die Sache war ihr jetzt richtig peinlich. Er hatte ihr tatsächlich eine Lektion erteilt. Die lustige Geschichte, auf die sie sich so gefreut hatte, die Geschichte, die sie mit Dennis teilen wollte, war auf einmal für den Arsch.
    ***
    „Wir machen einen Ausflug, Schatz, fahren raus aufs Land. Du wirst es lieben. Versprochen. Der erste Teil ist ein Roadtrip. Vorsicht, Kopf einziehen“, sagte sie und schloss den Kofferraum.
    Damit er nicht schreien oder irgendwie anders Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, hatte sie ihn narkotisiert. Er würde schlafen, bis sie zum Bauernhof kamen. Dort würde sie ihm das Spielzimmer zeigen, das unten im Keller des Nebengebäudes untergebracht war. Danach würde sie seine Überreste im Krematorium entsorgen.
    Sie nahm Platz. Fritz hätte sie nie fahren lassen. Ob er überhaupt damit zurechtkam, dass Frauen Auto fahren durften? Egal, nun lag er im Kofferraum. Das hatte er davon.
    Sie stellte den Sitz ein, schnallte sich fest und passte die Spiegel an. Innenspiegel, Außenspiegel, Sicherheit ging vor. Das Garagentor öffnete sich auf Knopfdruck und der Wagen rollte heraus. In der Einfahrt blieb sie kurz stehen, schloss das Tor und fuhr dann los.
    Es war früh am Morgen. Niemand außer dem Zeitungslieferanten war auf den Beinen. Hinter ihr verschwand das Haus, die Straße, die Siedlung und sie war wieder eine Erfahrung reicher.
    Sie machte sich auf den Weg zur Autobahn.
    Marie schaltete den CD Player ein. Kraftwerk. Gar nicht mal so schlecht, stellte sie fest. Es kam immer auf die Stimmung an und mit wem man Musik hörte. Steinmetz war leider ein Clown gewesen, deswegen war es ihr wie Zirkusmusik vorgekommen.
    Marie raste nun den Beschleunigungsstreifen hinunter, vorbei an einem donnernden LKW, dessen Scheinwerfer die Kabine ihres Autos durchdrangen. Das Licht umhüllte sie.
    Während sie die linke Spur hinabschoss, schallte aus den Boxen die Stimme des Sängers. Marie liebte Autobahnen. Wer träumte da noch von der Route 66? Autobahnen kamen der echten Freiheit nah. Oh, und diese Autos! Deutsche hatten einfach ein Gespür für Maschinen. Sie wurden geradezu eins mit ihnen.

X
    Marie hatte ihre ganze Auszeit vergeudet und es war nur noch eine Frage von Tagen, bis die Nervensäge zurückkam. Voller Ungeduld rechnete sie stündlich mit dem Anruf des Alten. Grübelnd lag sie mit Dennis auf der Couch und sah fern. Er hatte sich extra freigenommen. Seine Jungs müssten einen Tag lang ohne ihn zurecht kommen, hatte er gesagt. Seine Jungs, das war sein Netzwerk aus Thinktanks, Lobbyisten, Journalisten und Werbefirmen. Dennis war ein Meinungsmacher.
    „Oh Mann, was tut dieser Obama?“, fragte sie entnervt.
    „Was meinst du denn?“, fragte Dennis.
    „Siehst du doch. Er will das Arsenal verkleinern. Das meine ich.“
    „Ach so, ist nur so ein vorübergehender Trend. Unsere Jungs bringen die schon wieder zur Vernunft. Alles eine Frage der politischen Stimmung. PR.“
    „Das lässt dich wirklich kalt“, stellte sie enttäuscht fest.
    „Klar. Morgen sieht alles anders aus.“
    „Ich verlass mich auf dich, Dennis.“
    „Kannst du ruhig“, versicherte er. „Was gucken wir eigentlich heute Abend?“
    „Was erbauliches jedenfalls“, murmelte sie.
    „Wie wäre es mit The Day After? Der hat dir doch immer so gut gefallen.“
    „Alles klar“, sagte sie mit gedämpfter Stimme.
    „Marie, jetzt hol endlich das scheiß Kissen von deinem Mund weg! Ich kann dich nicht verstehen, wenn du da rein nuschelst. Im Ernst, Kernwaffen sind nicht die Welt. Du musst dich daran gewöhnen, dass es auch andere Waffen gibt.“
    „Nee, ist schon OK. Das war halt nur so ein kleiner Traum von mir“, sagte sie und atmete tief durch.
    „Es

Weitere Kostenlose Bücher