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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam E. Maas
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ihr war danach ihn zu schlagen. Das grausame Scharadespiel fing von neuem an.
    „Haben die wenigstens gesagt, was mit dir los war?“, fragte sie.
    „Ein Virus … wie lange war ich eigentlich weg?“, fragte Sebastian.
    „Lange, aber denk nicht darüber nach. Bringt nichts. Außerdem sind wir bald wieder zu Hause, dann wird's wieder wie früher. Zeit und Raum sind egal, wenn man sich erst mal zuballert. Findest du nicht?“
    „Hm, ja. Aber vielleicht mache ich erst mal langsam.“
    „Vielleicht, aber nur, wenn du nicht deprimiert wirst. Wir haben schon genug Kacke hinter uns. Hey, was war mit deinem Sperma?“, fragte sie.
    „Keine Ahnung, er hat es mir nicht gesagt. Wieso fängst du jetzt damit an?“, fragte er.
    Es fiel ihm schwer über seine Genitalien und seine Sexualität zu reden. Obwohl er so nah am Abgrund gestanden hatte, über Selbstmord nachdachte und was sonst noch, war er ein verstocktes, prüdes, langweiliges Arschloch.
    „Keine Ahnung. Egal. Müssen wir irgendwas beachten?“, fragte sie.
    „Er wollte mit dir darüber reden. Meinte, es wäre wichtig, dass jemand Vernünftiges sich der Sache annimmt. Abgesehen davon, dass der meinte, ich sei ein Idiot, wieso hat er nicht gleich mit dir geredet, als du noch in der Klinik warst?“
    „Dein Arzt, wie hieß er nochmal?“, fragte Marie, die keine Lust hatte auf seine Frage zu antworten. „Der Blonde. Ach, verdammt.“
    „Du meinst den Herrn Steinmetz, oder?“
    „Jaa, genau. Steinmetz hieß er. Der war später nicht mehr da, oder?“, fragte sie.
    „Ja, am Schluss war der nicht mehr zur Arbeit erschienen und die Angestellten hatten sich gewundert, wo der wohl abgeblieben ist. Steinmetz war in Ordnung. Der andere Arzt, das war voll der Sack.“
    „Oh ja, das kann man wohl sagen. Wie hieß der nochmal?“
    „Der hieß Merkel“, sagte Sebastian.
    Marie konnte die Verachtung aus seiner Stimme sprechen hören — und die Angst. Der Doktor konnte es einfach nicht lassen. Das war schon komisch.
    „Zum Glück habe ich fast nur mit der Schwester zu tun gehabt“, sagte sie.
    „Die war lieb. Hieß Fräulein Dietrich“, sagte er und war bemüht, es beiläufig klingen zu lassen.
    Was kümmerte es sie, wenn er eine andere Frau anziehend fand? Wie gesagt, prüde.
    „Na, an die hast du bestimmt gedacht, ich meine, als du die Probe abgeben musstest“, sagte sie und lachte.
    „Was für eine Probe? Oh Mann! Sonst geht's dir aber gut?“, sagte er, schmollte und sah wieder zum Fenster hinaus.
    Du verstocktes Arschloch, dachte Marie.
    „Ah, ahhahhh, oh, aber nicht doch, Fräulein Dietrich! Bitte. Ahahahah“, stöhnte Marie.
    „Hör auf jetzt!“
    Marie dachte nicht daran aufzuhören, es wurde allmählich Zeit, dass er mit sich zurande kam. Wie alt war er noch mal? Alt genug jedenfalls. Menschen machten sich pausenlos was vor. Ihre eigene Natur war ihnen zuwider. Wie konnte man da anders, als sie genauso zu verachten?
    ***
    Videos, Sex, Drogen — sie waren wieder zu Hause. Während sich Sebastian in geistige Abwesenheit flüchtete, kochte es in Marie. Er stank. Egal wie oft sie ihn unter die Dusche stellte, er stank schamlos weiter. Ihr Drang, endlich den Gestank aus ihm herauszuwaschen, nahm bereits manische Züge an.
    „Wieso machst du das, Tina?“, fragte er.
    Tina, wie sie diesen Namen hasste! Sie würde sich nie wieder so nennen!
    „Was meinst du, Baby?“, fragte sie gelangweilt.
    „Die Sache mit den Deos, Duftkerzen, den Luftraumerfrischern, dem ständigen Duschen und —“
    „Raumerfrischer, Baby“, fiel sie ihm ins Wort.
    „Ja, OK, dann eben Raumerfrischer. Und den ständig neuen Shampoos“, sagte er.
    „Du hast die Mundspülung vergessen, Baby“, fügte sie hinzu.
    „Ehm … ja … die Mundspülung und so weiter. Das hast du vorher nicht gemacht. Wieso auf einmal?“, fragte Sebastian.
    „Ach, Baby, ist schon OK“, sagte sie und starrte auf den Bildschirm, wo der Terminator gerade auf seinem Motorrad fuhr. Das Kind hielt er schützend vor sich. Sie rasten unter einer Brücke hindurch, dicht gefolgt vom anderen Terminator in seinem LKW.
    „Und?“, fragte er.
    „Einen Moment noch, Baby“, sagte sie und starrte weiter auf den Bildschirm.
    „Na?“, hakte er nach.
    „Noch nicht“, stammelte sie. Marie las die Botschaft. Der LKW rammte die Brücke, fing Feuer und explodierte. „Erledigt“, sagte sie mit einem zarten Lächeln auf ihren Lippen.
    „Jetzt?“, fragte er.
    „Ja, jetzt“, sagte sie. „Was war deine Frage

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