Totgeglaubt
fragte Clay. “Wenn du etwas von mir willst, dann komm mit raus.”
Er rechnete damit, dass Allie in ihre Rolle als Cop schlüpfen und eingreifen würde. Aber das tat sie nicht. Sie blieb stehen, wo sie war, und sagte kein Wort. Aber er konnte ihre Anspannung spüren, während sie auf Joes Antwort warteten.
Schließlich trat Joe ein paar Schritte zurück. “Er ist ein kaltblütiger Killer, Allie. Lassen Sie sich von ihm nicht verarschen.”
“Ich hab keine Angst vor Mr. Montgomery”, erwiderte Allie. “Weder er noch sonst wer haben irgendeinen Einfluss auf meine Ermittlungen.”
Joe riskierte einen weiteren Blick auf Clay. “Auf jeden Fall würde ich mit ihm nirgendwo alleine hingehen. Denn wenn Sie zu viel herausfinden, sind Sie vielleicht die Nächste, die vermisst wird.”
6. KAPITEL
A llie schickte Joe Vincelli einen leisen Fluch hinterher und beugte sich vor, um ihren ersten Stoß zu machen. Gerade jetzt, als Clay sich ein wenig zu entspannen schien, musste Joe auftauchen und Streit suchen! Und nun hatte Clay wieder seine verschlossene, leicht grimmige Miene aufgesetzt und schwieg. Warum konnten die Einwohner dieser Stadt nicht einfach darauf vertrauen, dass sie wusste, was sie tat?
Allie stieß die weiße Kugel mitten ins Dreieck. Die Kugeln stoben auseinander. Zwei ganze Kugeln fielen mit lautem Klackern in zwei gegenüberliegende Löcher, die anderen Kugeln kamen zum Stillstand. Der zweite Stoß war nicht ganz so erfolgreich, aber immerhin brachte er die Kugeln in eine Konstellation, die für die Gegner schwer zu spielen war.
“Nicht schlecht, was?”, neckte sie Madeline und Kirk.
“Bislang habe ich noch kein Geld verloren”, meinte Kirk und drängte Madeline, endlich zu spielen.
Madeline versenkte keine einzige Kugel, woraufhin Kirk sie umarmte, auf die Schläfe küsste und ihr dann mit gespielter Empörung riet, das nächste Mal umso mehr zu punkten, wenn sie in seinem Team bleiben wolle.
Clay feixte, als er seinen Queue mit Kreide einrieb. “Vorsicht!”, warnte er. “Du sprichst mit meiner Schwester.”
Allie beobachtete, wie Maddys Stiefbruder den Tisch umrundete. Sie bewunderte insgeheim seine fließenden Bewegungen. Schließlich schien er die ideale Spielposition gefunden zu haben, blieb stehen und sah zu ihr herüber.
“Der schwierigste Stoß auf dem ganzen Tisch. Wollen Sie das wirklich riskieren?”, fragte sie ihn erstaunt.
“Ja, will er”, lachte Kirk. “Ohne solche Sperenzchen macht ihm Billard keinen Spaß. Deshalb weiß ich ja auch, dass wir gewinnen.”
Allie warf Clay einen skeptischen Blick zu. “Aber Sie zahlen die Zeche, wenn wir verlieren.”
Clay grinste sie mit blitzenden Zähnen an. Sie wusste genau, dass sie seinen Ehrgeiz mit ihrer Bemerkung nur angestachelt hatte. Er beugte sich über die weiße Kugel und versuchte, die Nummer drei gleich über zwei Banden in eines der seitlichen Löcher zu spielen.
Aber es klappte nicht.
“Sehr schön”, bemerkte sie ironisch.
Clay kam um den Tisch herum und prostete ihr zu. “Ich zähl auf Sie! Hauen Sie uns da raus?”
Allie wünschte, sein Aftershave würde nicht so gut riechen und seine Jeans nicht so gut sitzen. Aber leider fand sie beides ausgesprochen attraktiv – so sehr, dass sie fast vergaß, warum sie eigentlich hergekommen war. Als sie die Partie schließlich verloren, teilte Clay sich die Spielschulden mit ihr. Tatsächlich hatte er genauso viele Kugeln versenkt wie sie.
“Zumindest habe ich versucht, pragmatisch zu spielen. Ihre Stöße waren vollkommen irrwitzig”, klagte sie.
“Ein paar davon sind aber ganz gut geglückt”, meinte er.
Und das stimmte. Er hatte die Kugeln nicht nur erfolgreich versenkt, sondern beeindruckend kunstvoll gespielt. Offenbar spielte er weit besser als sie drei, hatte seine Überlegenheit jedoch nicht ausgenutzt.
“Lasst uns noch was trinken und dann eine weitere Partie spielen”, schlug Madeline vor.
“Okay, aber ich setze kein Geld mehr”, sagte Allie schmollend. “Cops verdienen nicht genug, um beim Billard abgezockt zu werden. Und wenn es dann noch die eigenen Spielpartner sind …”
Im Gewühl vor der Bar wurden sie und Clay von Madeline und Kirk getrennt. Allie hätte Clay fast auch verloren, aber plötzlich legten sich seine Finger um ihre Hand und führten sie durch den Pulk. “Warum sind Sie Cop geworden?”, fragte er, während sie im Gedränge aneinandergepresst wurden.
“Wahrscheinlich, weil ich einen ausgeprägten Jagdtrieb
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