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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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gerührt.
    Trotz seiner öligen Finger griff Clay nach ihrer Hand und drückte sie. “Er ist all den Kummer und Schmerz nicht wert”, sagte er mit sanfter Stimme.
    Ihr Lächeln wirkte etwas gezwungen, aber sie nickte. “Hat Allie hier schon herumspioniert?”
    “Sie war hier, aber nicht wegen Barker.”
    “Du meinst die Geschichte mit Beth Ann?”
    Er starrte finster vor sich hin. “Mein Gott, gibt es irgendjemanden in Stillwater, der
noch nicht
davon gehört hat?”
    Grace lachte, und seine Anspannung ließ ebenfalls nach.
    “Sie erzählt jedem, dass du ein Baby willst, weißt du das?”, fragte sie und wischte ihre Hände an seinem dreckigen T-Shirt ab.
    “Nein, das wusste ich nicht. Das ist ja vollkommen verrückt.”
    Sie legte ihren Kopf schief und musterte ihn eingehend. “Wirklich?”
    “Natürlich. Ich bin nicht einmal verheiratet.”
    “Für mein Baby interessierst du dich aber fast ebenso wie Kennedy.”
    “Ja, wieso auch nicht? Ich bin doch der Onkel.”
    “Vielleicht denkst du ja mittlerweile selbst daran, häuslich zu werden und eine Familie zu gründen.”
    Sie beide wussten nur zu gut, dass es kaum einen häuslicheren Mann gab als ihn. Schon allein deswegen, weil er sich nie länger von Haus und Hof entfernen durfte, wenn er nicht riskieren wollte, direkt ins Gefängnis umzuziehen. Unter diesen Umständen zu heiraten, wäre geradezu verrückt. Aber da Clay wusste, dass es Grace schmerzte, über die Einschränkungen seines Lebens nachzudenken, spielte er mit. “Ich werd’s schon merken, wenn mir die Richtige über den Weg läuft.”
    “Lass dich von dem, was passiert ist, nicht ausbremsen”, stieß sie mit plötzlicher Heftigkeit hervor.
    Doch wie sollte das gehen? Natürlich bremste es ihn. Schließlich konnte er die im Keller vergrabenen Überreste seines Stiefvaters schlecht leugnen oder wegdiskutieren. “Mach dir keine Sorgen”, beruhigte er sie. “Ich fühl mich wohl, so wie ich mir mein Leben eingerichtet habe.”
    Sie blickte ins Leere, in Richtung Scheune. Er hatte die Pferdeställe abgerissen, um Platz zu schaffen für seine Autowerkstatt, aber er wusste, dass die Scheune für Grace der schrecklichste Ort von allen war. An dem einen Ende der Scheune hatte Barker sein Arbeitszimmer gehabt. Dort hatte er seine Predigten vorbereitet. Und dort hatte er Grace …
    Clay zuckte zusammen. Er konnte einfach nicht weiter darüber nachdenken. Achtzehn Jahre lang hatten sie diesen Raum nicht angerührt. Sie hatten so getan, als glaubten sie daran, dass Barker irgendwann zurückkehrte. Bis Grace letzten Sommer ausgetickt war und alles zerstört hatte. Clay hatte daraufhin die Sachen des Reverends zusammengepackt und sie Madeline gebracht. Aber das Büro wirkte immer noch bedrohlich. Clay setzte keinen Fuß dort hinein.
    “Was ist?”, fragte er. Hatten sich die Erinnerungen erst einmal so weit vorgewagt, blieb Grace meist nicht mehr lange – es sei denn, sie hatte einen triftigen Grund.
    Als sie nach seiner Hand griff, waren ihre Finger trotz der Sonnenwärme kalt. “Ich habe Reverend Portenski im Drugstore getroffen.”
    “Ich wusste gar nicht, dass du Reverend Portenski kennst.” Grace ging nicht mehr zur Kirche, dabei war sie von allen drei Geschwistern immer die Spirituellste und Gläubigste gewesen – allerdings vor Reverend Barkers Zeit.
    “Na ja, wir sind uns natürlich immer mal in der Stadt begegnet. Normalerweise schaut er mich gar nicht an, und ich ihn auch nicht. Wahrscheinlich glaubt er nicht mehr an eine Rettung meiner Seele. Er meint wahrscheinlich, er würde seinen Atem verschwenden, wenn er es trotzdem versuchen würde. Aber neulich …”
    “Was?”, drängte Clay sie.
    “Er kam mit dem allerseltsamsten Ausdruck auf mich zu.”
    “Mit was für einem Ausdruck?”
    “Einer Art Schmerz oder Bedauern oder … ich weiß nicht.”
    “Was hat er gesagt?”
    “Dass Gott alles weiß und dass sein Zorn die bösen Seelen vernichten wird.”
    Clay fühlte sich sofort angegriffen und verspürte gleichzeitig das Bedürfnis, Grace zu beschützen; das war wie ein Reflex. Aber wenn er an seine eigenen Erfahrungen mit Reverend Portenski dachte, dann ergab das, was sie da sagte, keinen Sinn. “Das klingt so gar nicht nach ihm”, meinte er. “Als ich vor einigen Monaten das erste Mal wieder in der Kirche war, hat er sich sehr bemüht, allen Anwesenden zu vermitteln, dass er sich über meine Anwesenheit freut. Ich vermute, einige Leute wie Joe wollten ihn vorher davon

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