Totgeglaubt
weit weniger nervös und erregt auf die Situation reagieren.
“Das mach ich, nachdem ich die Wunde gereinigt habe”, versprach sie. “Ich brauche etwas Wasser.”
Er blickte ziemlich düster drein. “Das reicht morgen früh auch noch.”
Allie war so kalt, dass sie ihre Finger und Zehen kaum noch spürte. Aber sie wusste, dass Clays Wunde Vorrang hatte. “Es dauert nicht lange. Ich bin ohnehin nass, also ist jetzt der beste Zeitpunkt.”
“Jetzt komm schon her”, brummte er störrisch, aber sie nahm sich bereits seine Autoschlüssel aus seiner Jeanstasche, um nachzuschauen, ob er irgendetwas Nützliches in seinem Wagen hatte. Dann schnappte sie sich einen Kochtopf und eilte nach draußen.
Regen peitschte ihr entgegen, der Wind zerrte an ihrer Kleidung und ihren Haaren. Sie stemmte sich dagegen und zog eine Grimasse, als sie Clays Wagen sah, der wegen der zwei platten Reifen in einer tollpatschig wirkenden Schräglage stand. Sie würde das Schwein, das auf ihn geschossen hatte, kriegen, das schwor sie sich. Hätte Clay nur einen Schritt weiter rechts gestanden, wäre er jetzt wahrscheinlich tot.
Wut kochte in ihr hoch. Am liebsten wäre sie losgestürzt, um nach Spuren zu suchen, bevor der Regen sie gänzlich aufweichte und verwischte. Aber das ging jetzt nicht. Clay brauchte sie.
Mit dem festen Vorsatz, am Morgen jeden Zentimeter Waldboden zu durchkämmen, suchte sie jetzt erst mal Clays Wagen ab. Sie konnte sein Aftershave riechen. Aber da er sein Auto genauso sauber und aufgeräumt hielt wie sein Haus, fand sie nicht viel Brauchbares. Im Handschuhfach lagen lediglich ein Reifendruckmesser, Papiertaschentücher, sein Fahrzeugschein, sein Versicherungsnachweis, ein Klappmesser und eine Schachtel Kondome.
Offensichtlich war er stets gut vorbereitet. Nur nicht darauf, angeschossen zu werden.
Sie fragte sich kurz, ob sie nicht versuchen sollte, den Wagen trotz der zerstochenen Reifen aus dem Wald herauszufahren, aber da sie nicht riskieren wollte, mitten in der Pampa im Schlamm festzustecken, gab sie die Idee schnell wieder auf. Und sie wollte auch keine Zeit damit verschwenden umherzuirren und nach anderen Hütten zu suchen, zumal sie gar nicht wusste, ob sich zu dieser Zeit jemand dort aufhielt. Fürs Erste hatten sie einen warmen Platz und ein Bett.
Weil sie Clay nicht länger allein lassen wollte, rannte sie zum Fluss hinunter und füllte den Kochtopf mit Wasser. Als sie in die Hütte zurückkam, lag er zusammengerollt und zitternd da, verzweifelt bemüht, warm zu werden. Der Gedanke, dass er das Bewusstsein verlieren könnte, jagte ihr einen solchen Schrecken ein, dass sie das Wasser achtlos abstellte, ihre Kleider abstreifte und sich abtrocknete, so gut es ging.
Die Matratze ächzte leicht, als sie sich zu ihm legte. Allie wusste, dass Clay sie wahrgenommen haben musste. Aber er suchte ihren Körper nicht, wie sie erwartet hatte. Und das ängstigte sie fast noch mehr.
“Clay?”
“Hmmm?”
Sie hätte ihn am liebsten sofort an sich herangezogen, um sich zu vergewissern, dass er so stark war wie immer. Aber solange sie selbst so kalt war, würde sie ihm nur das bisschen Wärme wegnehmen, das er mühsam aufgebracht hatte. “Alles in Ordnung mit dir?”, fragte sie, und rieb sich die Arme und Beine, um schneller warm zu werden.
“Hmmm.”
Zwar klang sein Brummeln wie eine positive Antwort, aber sie wollte nichts riskieren. Sobald sie sich traute, ihn anzufassen, zog sie das Geschirrtuch um seine Wunde noch einmal fest und schlang ihren Körper um seinen. Dinge wie Nacktheit oder Sauberkeit waren ihr mittlerweile vollkommen egal. Es war ihr sogar egal, ob er bemerkte, wie sehr sie ihn mochte. Sie wollte nur eines: dass sich sein Zustand besserte.
“Das fühlt sich gut an”, murmelte er nach einer Weile.
“Meinst du, du kannst schlafen?”, fragte sie.
Er antwortete nicht. Sie hatte Angst, dass ihm die Schmerzen zu sehr zu schaffen machten. Doch nach ein paar Minuten hatte sie den Eindruck, dass es ihm etwas besser ging. Sie konnte einen kräftigen, konstanten Puls spüren, und seine Brust hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen.
“Gott sei Dank”, flüsterte sie und hoffte inständig, dass er gut durch die Nacht kommen würde.
Der Schmerz in seinem Arm riss Clay noch bei Dunkelheit aus dem Tiefschlaf. Er wusste nicht sofort, warum ihm der Arm wehtat, aber er spürte gleich, dass er nicht alleine war. Eine Frau umarmte ihn von hinten. Ihre kleinen, festen Brüste drückten
Weitere Kostenlose Bücher