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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Richtig?«
    Ich nickte.
    »Zu der Zeit, als das geschrieben wurde, brannte das Hinnom ständig, und dadurch war es im allgemeinen Glauben zu dem Ort ›dort unten‹ geworden, wo die Bösen in die Flammen der Vernichtung gestoßen wurden. Die Hölle. Das Höllental. Die Bibel verweist auf eine Bestattung in oder in der Nähe des Hinnom.«
    Jake ließ mir keine Zeit für eine Bemerkung.
    »In diesen Tälern befanden sich die Grabstätten der Wohlhabenden.«
    »Wie Joseph von Arimathäa.«
    »Genau.« Jake deutete mit flacher Hand nach links und nach hinten und bewegte dann den Arm im Uhrzeigersinn. »Das Dorf hinter uns ist Silwan. Abu Tor liegt gegenüber.« Jake schloss den Kreis bei dem Hügel zu unserer Linken. »Der Ölberg liegt im Norden.«
    Ich schaute an seinen Fingern entlang. Jerusalem kroch den Hügel westlich des Ölbergs hoch, und seine Kuppeln standen, mit dem Kidron in ihrer Mitte, den Minaretten von Silwan gegenüber.
    »Diese Hügel sind wie Waben von uralten Grabstätten durchlöchert.« Jake zog ein Tuch aus der Hosentasche und wischte sich Schweiß vom Kopf. »Ich bringe dich jetzt zu einem, das vor ein paar Jahren bei palästinensischen Straßenbauarbeiten entdeckt wurde.«
    »Wie weit unten im Tal?«
    »Ziemlich weit unten.«
    Jake steckte sich das Tuch wieder in die Tasche seiner Jeans, packte einen Busch und schwang sich von der Felskante. Ich sah ihm nach, wie er nach unten krabbelte, und sein kahler Schädel glänzte im Sonnenlicht wie ein Kupferkessel.
    Ich hockte mich hin, packte denselben Busch, streckte die Beine aus und schwang mich dann bäuchlings über den Rand. Als ich Erdreich unter meinen Füßen spürte, ließ ich den Busch los, drehte mich um und trippelte behutsam den Abhang hinunter, wobei ich immer wieder auf losem Gestein ausrutschte und mich an Pflanzen festhalten musste.
    Die Sonne stieg in einen strahlend blauen Himmel. Ich fing in meiner Windjacke an zu schwitzen.
    Die beiden Männer im Auto vor l’Abbaye Sainte-Marie-des-Neiges gingen mir nicht aus dem Kopf. Immer wieder wanderte mein Blick vom Boden unter meinen Füßen zum Dorf in meinem Rücken. Der Abhang war an der Stelle, die Jake für unseren Abstieg ausgewählt hatte, mindestens sechzig Grad steil. Falls es jemand auf uns abgesehen hätte, wären wir hier eine leichte Beute.
    Bei einem Blick nach oben entdeckte ich einen Mann, der auf einem Pfad am Klippenrand ging.
    Mein Herz fing an zu rasen.
    Ein Attentäter? Ein Mann, der auf einem Pfad am Klippenrand ging?
    Ich schaute nach unten. Jakes Vorsprung wurde immer größer.
    Ich legte ein wenig Tempo zu.
    Nach fünf Metern stolperte ich und schlug mir das Schienbein an. Tränen schossen mir in die Augen. Ich zwinkerte sie weg.
    Was soll’s? Falls uns wirklich jemand umbringen wollte, wären wir schon längst tot.
    Ich kehrte zurück zu den vorsichtigen, kleinen Schritten.
    Jake hatte Recht gehabt. Das Grab lag zwar nicht in der Talsohle, aber ziemlich weit unten am Abhang, auf einem grasbewachsenen, mit großen und kleinen Felsbrocken übersäten Teilstück.
    Als ich ankam, kauerte er vor einem Felsauswuchs und spähte in eine rechteckige Öffnung etwa von der Größe einer Mikrowelle. Ich sah, wie er ein Blatt Papier zusammenrollte, ein Ende anzündete und die Behelfsfackel in die Öffnung steckte.
    O Gott.
    Ich schloss die Augen und versuchte, mich zu beruhigen.
    Fühle.
    Wind auf dem Gesicht.
    Rieche.
    Sonnenheißes Gras. Müll. Kohlenrauch.
    Schmecke.
    Staub auf Zähnen und Zunge.
    Horche.
    Das Summen von Insekten. Irgendwo weit oben das Knirschen eines Getriebes.
    Ich nahm einen tiefen Atemzug. Einen zweiten. Einen dritten.
    Vor meinen Füßen blühten kleine Blumen.
    Ich atmete noch einmal tief durch. Zählte.
    Sechs Blumen. Sieben. Zehn.
    Als ich den Kopf wieder hob, schaute Jake mich merkwürdig an.
    »Ich bin ein klein bisschen klaustrophobisch.« Die Untertreibung des Jahrzehnts.
    »Wir müssen nicht reingehen«, sagte Jake.
    »Wenn wir schon mal da sind.«
    Jake machte ein skeptisches Gesicht.
    »Ich bin ganz in Ordnung.« Die Übertreibung des Jahrzehnts.
    »Die Luft ist okay«, sagte Jake.
    »Was kann man denn mehr verlangen?«, fragte ich.
    »Ich gehe zuerst rein«, sagte Jake.
    Er rutschte den Abhang hinunter und verschwand mit den Füßen zuerst.
    »Gib mir die Knochen.« Seine Stimme drang gedämpft und hohl aus dem Loch.
    Mein Herzschlag beschleunigte sich erneut, als ich mit der Tasche hantierte. Ich atmete regelmäßig, bis er sich wieder

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