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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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beruhigte.
    »Kommen Sie runter zu uns!« Fehlte noch die Quizshow-Musik.
    Noch ein tiefer Atemzug.
    Ich drehte mich auf den Bauch und schob die Füße in die Dunkelheit. Jake fasste mich an den Knöcheln. Ich schob mich nach unten, bis ich seine Hände an meiner Taille spürte.
    »Alles okay mit dir?«, fragte Jake.
    »Bestens.«
    Jake schaltete seine Taschenlampe an.
    Die Höhle maß ungefähr drei Meter im Quadrat, und die Decke war so niedrig, dass wir uns ducken mussten. Einwickelpapier, Dosen und Glasscherben lagen auf dem Boden verstreut, Graffiti verunstalteten die Wände. Die Luft roch wie eine Mischung aus Schlamm und Ammoniak.
    »Schlechte Nachrichten, Jake. Das ist kein jungfräuliches Grab.« Ich deutete auf ein benutztes Kondom.
    »Diese Gräber sind bei Streunern und Jugendlichen sehr beliebt.«
    Jakes Strahl zuckte hierhin und dorthin. Er wirkte gelblich und unstet und nicht sehr ermutigend.
    Als meine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, konnte ich Details ausmachen.
    Der Grabeingang lag im Osten, der Altstadt gegenüber. In den nördlichen, westlichen und südlichen Wänden waren einige längliche Nischen zu erkennen, jede etwa sechzig Zentimeter breit. Einige der Nischen waren mit Steinplatten verschlossen, die meisten jedoch standen weit offen. Im bernsteinfarbenen Schein war zu sehen, dass die meisten voll gestopft waren.
    »Diese kleinen Kammern nennt man Loculi«, sagte Jake. » Kochin auf Hebräisch. Im ersten Jahrhundert wurden die Toten in Leichentücher gewickelt und in Loculi abgelegt, bis sie verwest waren. Dann wurden die Knochen eingesammelt und endgültig in Ossuaren bestattet.«
    Auf einer Hand spürte ich ein Kribbeln. Ich schaute nach unten. Jake bemerkte es und richtete den Strahl auf mich. Ein Weberknecht stakste eben meinen Ärmel hoch. Ich packte ihn sanft an einem Bein und entfernte ihn. In engen Räumen drehe ich zwar durch, aber bei Spinnengetier bleibe ich ziemlich cool.
    »Dieses Grab hat noch ein Untergeschoss.«
    Jake watschelte tief geduckt zur südwestlichen Ecke. Ich folgte ihm.
    Jake richtete seine Lampe auf eine Öffnung, die ich ursprünglich für einen Loculus gehalten hatte. Der Strahl verschwand in völliger Dunkelheit.
    »Traust du dich in den Keller, wenn ich dich unten fange?«
    »Mach schon«, sagte ich schnell, weil ich meiner Amygdala keine Zeit zum Reagieren geben wollte.
    Jake drehte sich auf den Bauch, schob die Beine in den Tunnel und wand sich hindurch. Ich schloss die Augen und machte dasselbe.
    Ich spürte Hände.
    Ich spürte festen Boden.
    Ich schaffte eine saubere Landung.
    Es herrschte völlige Schwärze. Jake war so dicht bei mir, dass unsere Schultern sich berührten.
    Plötzlich hatte ich ein starkes Interesse an der Taschenlampe.
    »Licht?«
    Ein gelber Kegel durchschnitt die Schwärze.
    »Sind das eigentlich neue Batterien?«, fragte ich.
    »Relativ.«
    Hier unten war der Ammoniakgeruch stärker. Ich erkannte, was es war. Urin. Ich prägte mir ein, mit den Händen möglichst nicht den Boden zu berühren.
    Jake ließ den Strahl über die uns gegenüberliegende Wand gleiten, dann über die zu unserer Linken.
    Die untere Kammer war kleiner, schien aber ansonsten genauso angelegt zu sein wie die obere. Das würde bedeuten, zwei Loculi im Norden, zwei im Süden und drei hinter uns.
    »Du sagst, dass es tausende solcher Gräber gibt?« Meine Stimme klang in diesem unterirdischen Hohlraum tot.
    »Die meisten wurden schon vor langer Zeit ausgeraubt. Über das da bin ich gestolpert, als ich im Herbst 2002 eine Exkursion mit Studenten machte. Ein Junge entdeckte die Öffnung und sah, dass davor Artefakte verstreut lagen. Es war offensichtlich, dass erst kurz zuvor Plünderer zugeschlagen hatten, also informierten wir die IAA.«
    »Du hast eine vollständige Ausgrabung durchgeführt?«
    »Kaum. Der Archäologe der IAA hätte nicht weniger beeindruckt sein können. Er meinte, da gebe es nichts mehr, was schützenswert sei, und hat uns dann uns selber überlassen. Wir retteten, was wir konnten.«
    »Warum das Desinteresse?«
    »Seiner Meinung nach war diese Stätte nichts Besonderes. Ich weiß nicht, ob der Typ an diesem Abend vielleicht ein heißes Rendezvous hatte oder sonst was. Er konnte nicht schnell genug von hier wegkommen.«
    »Du bist mit seiner Einschätzung nicht einverstanden?«
    »Weniger als zwei Jahre, nachdem wir dieses Grab gefunden hatten, erzählte Oded Golan, der bereits erwähnte Antiquitätensammler, einem französischen

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