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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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siebzehn.
    »Wie ist in Israel die Gesetzeslage in Bezug auf menschliche Überreste?«, fragte ich, noch immer mit Flüsterstimme.
    »Knochen können ausgegraben werden, wenn sie ansonsten durch Erschließungsarbeiten oder Plünderungen zerstört würden. Nachdem sie untersucht wurden, müssen sie dem Ministerium für Religiöse Angelegenheiten für eine Wiederbestattung übergeben werden.«
    Während wir sprachen, hielt Jake ein wachsames Auge auf die Öffnung, durch die er hereingekommen war.
    »Klingt vernünftig. Indianische Überreste in Nordamerika werden durch ähnliche Vorschriften geschützt.«
    »Diese Fanatiker sind der Vernunft nicht zugänglich. Sie glauben, dass halakha , das jüdische Gesetz, bei einem Juden jede Störung der Totenruhe verbietet. Punkt.«
    »Aber was ist, wenn die Stätte gleich danach von Bulldozern platt gemacht wird?«
    »Das ist ihnen egal.« Jake deutete mit der Hand zum Eingang. »Sie sagen, baut eine Brücke, grabt einen Tunnel, verlegt die Straßenfuhrung, versiegelt das ganze verdammte Grab mit Zement.«
    »Und die sind immer noch da draußen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wer entscheidet eigentlich, ob menschliche Überreste jüdisch sind?« Noch immer steckte mir die Begegnung mit dem Schakal in den Knochen. Ich redete vorwiegend, um mich zu beruhigen.
    »Die Wächter der Orthodoxie persönlich. Praktisch, was?«
    »Was ist, wenn die Herkunft unklar ist?« Ich dachte an die Knochen in der Tasche hinter mir.
    Jake schnaubte. »Das Ministerium für Religiöse Angelegenheiten lässt für jede Wiederbestattung tausend Schekel springen. Was meinst du, wie viele da zu Nichtjuden erklärt werden?«
    »Aber …«
    »Die Hevrat Kadisha sprechen Gebete über die Knochen, und voilà, schon sind die Toten zum Judentum konvertiert.«
    Ich verstand das zwar nicht, fragte aber nicht weiter nach.
    Von draußen sickerte eine bedrohliche Stille herein. Ich schaute noch einmal auf die Uhr. Neun Uhr zweiundzwanzig.
    »Wie lange sollen wir noch warten?«, fragte ich.
    »Bis die Luft rein ist«, sagte Jake.
    Dann verstummten wir beide. Hin und wieder bewegte sich einer, um eine etwas bequemere Stellung einzunehmen. Jake mit seinen eins fünfundneunzig bewegte sich häufiger.
    Mir tat die Hüfte weh. Und die Schulter. Ich spürte die feuchte Kühle. Ich hockte inmitten von Müll in einer Krypta und wartete darauf, dass Leute sich verzogen, die die Inquisition beschämt hätten.
    Und es war noch nicht einmal zehn Uhr vormittags.
    Eine Ewigkeit später hielt ich die Lampe wieder an meine Uhr. Zwanzig Minuten waren vergangen. Ich wollte eben vorschlagen, mal nachzusehen, ob die Luft rein sei, als draußen ein Mann rief.
    »Asur!«
    Ein anderer nahm den Ruf auf. »Asur!«
    Mir wurde flau im Magen. Die Männer waren jetzt sehr nahe, auf der Hügelflanke vor dem Grab.
    Ich schaute Jake an.
    »Verboten«, übersetzte er.
    »Chilul!«
    »Schändung.«
    Irgendetwas prallte von dem Felsauswuchs über dem Grabeingang ab.
    »Was zum Teufel war denn das?«
    »Wahrscheinlich ein Stein.«
    »Sie bewerfen uns mit Steinen?« Wenn ein Flüstern schrill sein kann, dann war meins genau das.
    Wieder hörte ich, wie etwas den Fels traf.
    »B’nei Belial!«
    »Sie sagen, wir sind Kinder des Teufels«, erklärte Jake.
    »Wie viele sind da draußen?«
    »Mehrere Autos voll.«
    Ein faustgroßer Stein traf den Rand des Eingangs.
    »Asur! Asur la’asot et zeh!« Es war inzwischen ein Sprechgesang geworden. »Asur! Asur!«
    Jake schaute zu mir und hob die Augenbrauen. In der Dunkelheit sahen sie aus wie eine solide schwarze Hecke, die himmelwärts schwebte. Ich hob meine ebenfalls.
    »Ich schau mal nach«, sagte er.
    »Sei vorsichtig«, erwiderte ich, weil mir nichts Besseres einfiel.
    Jake watschelte zum Eingang, stützte sich auf ein Knie, legte die Hand darauf und streckte den Kopf aus dem Loch.
    Was nun geschah, geschah sehr schnell.
    Der Sprechgesang zersplitterte in einzelne Schreie.
    »Shalom aleichem.« Jake wünschte den Männern Frieden.
    Wütende Stimmen schrien zurück.
    »Lo!« , rief Jake. Ich verstand genug Hebräisch, um zu wissen, dass das nein bedeutete.
    Weitere Schreie.
    » Reik…«
    Mit einem grässlichen Krachen traf Stein auf Knochen.
    Jakes Rücken krümmte sich, ein Bein schnellte nach hinten, und dann sackte er zu Boden.
    »Jake!«
    Ich kroch auf allen vieren zu ihm.
    Jakes Kopf lag draußen, Schultern und der Rest des Körpers waren im Grab.
    »Jake!«
    Keine Reaktion.
    Ich streckte den Arm nach

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