Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
schläfst.«
Das Trio passte präzise in Letztere.
Jakes Wohnung wurde dominiert von einem großen Zimmer mit braunem Fliesenboden, weißen Verputzwänden und Einfassungen aus Backstein um Fenster und Türen. Hölzerne Bücherschränke säumten eine Wand und ragten als Raumteiler in das Zimmer hinein, um die Küche vom Wohn- und Essbereich abzutrennen.
Jakes Schlafzimmer war etwa so groß wie ein Backofen. Es enthielt ein ungemachtes Bett, eine Kommode und einen Pappkarton für die schmutzige Wäsche.
Alles andere war »Büro«. Eine Diele war zu einem Computer- und Kartenzimmer umfunktioniert worden. Ein verglaster Wintergarten wurde für die Säuberung von Artefakten benutzt. Ein Schlafzimmer im hinteren Teil wurde für Katalogisierung, Dokumentierung und Analyse benutzt.
Jakes Verfassung hatte sich seit unserem Telefongespräch gebessert. Er begrüßte uns und erkundigte sich nach unserem Vormittag, bevor er das Leichentuch verlangte. Er sagte sogar bitte. Und lächelte.
»Besser ging’s unter den Umständen ni…«
»Ja, ja.« Er streckte beide Hände aus, was »Gib schon her« heißen sollte.
Okay, die Stimmungsverbesserung war nicht ganz vollständig.
Ich stellte Mrs. Hananis Tupperware auf den Tisch. Jake öffnete und inspizierte den ersten Behälter.
»O mein Gott.«
Er zog den Deckel vom zweiten Behälter.
»O mein Gott.«
Ryan schaute mich an.
Jake wandte sich den Behältern mit den Stoffresten zu.
O mein Gott, formte Ryan tonlos hinter Jakes gebeugtem Rücken. Ich kniff die Augen zusammen, was »Lass das« bedeuten sollte.
Wortlos starrte Jake das größere Stoffstück an.
»O. Mein. Gott.«
Jake eilte ins hintere Schlafzimmer, kehrte mit einer Lupe zurück und untersuchte das Fragment.
»Ich bringe das noch heute Nachmittag zu Esther Getz«, sagte er.
Eine ganze Minute lang betrachtete Jake das Stoffstück und richtete sich dann auf.
»Getz ist Textilexpertin im Rockefeller Museum. Hast du die Knochen untersucht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Da ist nicht viel zu untersuchen.«
Jake legte die Lupe weg, trat zurück und deutete mit weit ausholender Geste durchs Zimmer. Ryan spitzte stumm trompetend die Lippen.
Ich ging zur Anrichte und schüttete behutsam den Inhalt jedes Behälters auf die Ablage.
»Hast du Handschuhe?«
Jake ging wieder ins hintere Schlafzimmer.
»Und eine Pinzette«, rief ich ihm nach. »Und eine Sonde oder einen Zahnstocher.«
Er brachte alle drei. Ryan und er schauten zu, wie ich die Fragmente sichtete und benannte.
»Zehenglied. Fersenbein.« Das waren die Einfachen. Kein anderes Knochenstück war größer als mein Ohrläppchen. »Elle. Femur, Becken, Schädel.«
»Und, was denkst du?«, fragte Jake, als ich fertig war.
»Ich denke, dass es nicht viel zu untersuchen gibt.«
»Männlich oder weiblich?«
»Ja«, sagte ich.
»Verdammt, Tempe. Das ist ernst.«
Ich untersuchte ein Stück Hinterhauptsbein. Der Nackenwulst war zwar ausgeprägt, aber nicht gerade rekordverdächtig. Dasselbe galt für die hintere Knochenleiste an den Splittern des Femurschafts. Das Einzige, was vom Becken noch übrig war, war der dicke, kräftige Teil, der mit dem Kreuzbein ein Gelenk bildet. Geschlechtsmarker waren nicht mehr vorhanden.
»Die Muskelansätze sind kräftig. Ich würde mit Einschränkungen auf ›männlich‹ tippen, aber präzisere Aussagen lässt das Material einfach nicht zu. Nichts ist vollständig genug für eine Vermessung.«
Ich nahm das Fersenbein zur Hand und drehte es. Ein kleiner, kreisrunder Defekt stach mir ins Auge. Jake bemerkte mein Interesse.
»Was ist?«
Ich deutete auf den winzigen Tunnel am äußeren Ende des Knochens. »Das ist nicht natürlich.«
»Was meinst du damit, nicht natürlich?«, fragte Jake.
»Das sollte eigentlich nicht da sein.«
Jake wiederholte seine »Mach schon«-Geste, nun noch ungeduldiger als zuvor.
»Es ist kein Loch für ein Gefäß oder einen Nerv. Der Knochen ist abgerieben, aber soweit ich erkennen kann, sind die Kanten des Lochs scharf, nicht glatt.«
Ich legte das Fersenbein weg und gab Jake die Lupe. Er bückte sich und betrachtete den Mittelteil des Knochens.
»Was meinst du, was das ist?«, fragte Ryan.
Bevor ich etwas erwidern konnte, rannte Jake ins Kartenzimmer. Schubladen wurden geöffnet und wieder zugeknallt, dann kehrte er, in einem Stapel zusammengehefteter Papiere blätternd, zurück.
Jake knallte den Stapel auf die Anrichte und deutete mit dem Finger auf eine Seite.
Ich schaute
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