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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Fotopapier und Tinte. Viel besser konnte es doch gar nicht mehr werden. »Hiiiiii, Josh«, schrie Amy in diesem Moment aufmerksamkeitsheischend unter den Bäumen hervor. Ich sah auf. Gerade kam er wieder vorbei. Parker lief jetzt neben ihm her und es sah aus, als ob sie miteinander redeten. Ich ging näher ran, um ein Bild von ihnen zu machen, aber in dem Moment zeigte das Display KARTE VOLL an.
    »Ach, Manno!«, seufzte ich und machte mich auf zum Zelt, wo ich meinen Tisch aufgebaut hatte. Miss Cartwright war echt nett. Sie hatte beim Anblick meiner lila Haarspitzen und Totenkopfohrringe nicht mit der Wimper gezuckt und mir gleich einen Tisch zugeteilt. Dort konnte ich ein paar der diversen Fotos ausstellen, für die sich höchstwahrscheinlich kein Käufer finden würde.
    »Madison, ist mein Foto schon fertig?«, rief eine müde Stimme. Mein Blick wanderte zu einer erschöpften Frau mit drei staubbedeckten Söhnen. Sie wirkte so, als würde sie am liebsten sofort nach Hause fahren. An meinem Tisch wartete ein tolles Foto auf sie, von ihr und ihren Jungs auf dem Karussell, bevor die sie mit Zuckerwatte beschmiert hatten. Ich hatte für mich selbst einen zweiten Abzug ausgedruckt, einfach, weil das Bild mir so gefiel.
    »Ja, ist fertig«, entgegnete ich und deutete auf das Zelt, aber sie war zu beschäftigt damit, die beiden Jüngsten voneinander zu trennen, die sich um den Goldfisch stritten, den sie gewonnen hatten. »Ich komme sofort«, sagte sie schnell und erhob dann die Stimme, um die beiden zu warnen, dass sie den Fisch noch umbringen würden, wenn sie ihn weiter so durchschüttelten.
    Keiner bemerkte mich, als ich ins Zelt schlüpfte und nach hinten zum Tisch ging. Der Schatten dort war eine angenehme Abwechslung. Ich glitt hinter den langen Tisch und ließ mich auf meinen Stuhl fallen. Erfreut stellte ich fest, dass ein Gutteil der Fotos weg war, auch die, von denen ich gedacht hatte, dass sie keiner wollen wurde. Zufrieden stöpselte ich die Kamera in den Drucker ein, um den Rest auszudrucken. Wie schön, dass meine Sachen den Leuten gefielen.
    Dann legte ich die Fotos auf dem Tisch aus, damit die Leute sie schnell fanden. Plötzlich fiel ein Schatten auf mich und ich sah hoch.
    »O schön, ich nehme das hier«, rief Miss Cartwright bewundernd. Sie zeigte auf das Foto, das gerade in die Druckerablage fiel, und fügte hinzu: »Howard ist mein Bruder. Das Bild schenke ich ihm zum Geburtstag. Es ist toll geworden.«
    Ich warf einen Blick darauf: Ein Mann thronte auf einem Sitz über einem großen Planschbecken und unterhielt sich angeregt mit einem der Zuschauer. Er war bereits pitschnass und ein Ball raste direkt auf die Zielscheibe hinter ihm zu. Was als Nächstes passieren würde, war offensichtlich.
    »Finden Sie?«, fragte ich geschmeichelt. »Danke.« Ich reichte es ihr.
    Mit einem liebevollen Lächeln ließ sie die müden grünen Augen noch einmal kurz über das Foto wandern. »Nein, danke dir. Ich hatte mal wieder keine Ahnung, was ich ihm schenken soll«, sagte sie und strich sich eine lange blonde Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrem dicken Pferdeschwanz gelöst hatte. »Und das hier von Mark ist auch sehr schön«, lobte sie, als das Foto von dem Mann mit dem kleinen Mädchen auf dem Arm aus dem Drucker kam. »Ihm gehört die Autowaschanlage. Er hat leider nie viel Zeit, die er mit Jem verbringen kann. So nennen sie ihre Tochter. Jem.« Ihr Gesicht hellte sich auf und sie zeigte auf ein weiteres Foto. »Ach, und Mrs Hall. Mein Gott, jetzt sieh sich einer diese Riesenfüße an. Kein Wunder, dass sie ihr Foto nicht abgeholt hat. Diese Quadratlatschen füllen ja das ganze Bild aus.« Verlegen zappelte ich herum, aber eigentlich war es ziemlich cool, etwas über die Menschen zu erfahren, denen ich kleine Stückchen ihres Lebens entrissen hatte. Irgendwie gab es mir das Gefühl dazuzugehören. Unweigerlich drängte sich mir die Frage auf, ob es das war, was ich heute gemacht hatte - Leben einfangen, weil meines so ziemlich zum Stillstand gekommen war. Ganz im Gegensatz zum Rest der Welt, denn der machte ohne mich weiter.
    Blinzelnd sah ich mir das Foto näher an, am liebsten hätte ich es mit raus in die Sonne genommen. Mir war, als hätte ich einen Schimmer um sie gesehen. Ihre Aura etwa? Ach Quatsch. »Ich fand, die violetten Ballons korrespondierten hübsch mit ihren Schuhsohlen«, versuchte ich zu erklären, was mich an Mrs Halls Füßen so fasziniert hatte. Korrespondierten hübsch? Mein

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