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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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sammelten.
    Schnell hob ich die Kamera, und als eine der Frauen lachte, drückte ich ab, um diesen fröhlichen Moment einzufangen. Die Teilnehmer-Schildchen der Gruppe waren auf dem Bild deutlich zu erkennen und ich spielte schon mit dem Gedanken, es Miss Cartwright anzubieten, damit sie es nächstes Jahr als Werbung für die Veranstaltung benutzen konnte.
    Als ich mich umdrehte, entdeckte ich unter ein paar Birken die Mädchen-Leichtathletikmannschaft der Covington High beim Stretching. Ihre bunten Sporttaschen lagen überall auf dem Rasen verstreut und ich machte ein paar Fotos, wobei ich darauf achtete, Amy nicht gerade in Bestform erscheinen zu lassen. Ich zoomte näher heran und fokussierte auf ihre violett vernarbte Nase mit dem Pflaster, die dank Grace ganz geschwollen aussah. Grinsend machte ich ein richtig schlimmes Bild, auf dem ihr Mund offen stand, »Leg dich nie mit der Fotografin an«, flüsterte ich, in dem guten Gefühl, sie in mehr als einer komischen, unvorteilhaften Pose erwischt zu haben.
    Mittlerweile fotografierte ich schon seit ungefähr drei Stunden und wurde langsam müde, auch wenn meine Fotografiermuskeln, die ich viel zu lange nicht gefordert hatte, das Training genossen. Die Speicherkarte die ich gestern gekauft hatte, war wirklich ein Geschenk des Himmels. Ich hatte sie schon einmal ganz voll gemacht, alles im Drucker gespeichert, die Bilder gelöscht und mich dann weiter auf die Jagd nach dem perfekten Moment gemacht.
    »Wie der hier zum Beispiel«, flüsterte ich, als ich einen Mann sah, der sein Kind hochhob und an sich drückte. Er zeigte auf eine der Walkerinnen auf der Laufbahn und das Baby, den vielen Schleifchen und Rüschen nach zu urteilen ein Mädchen, folgte seinem Blick. Das Gesicht des Mannes strahlte, als er mit seiner Tochter sprach. Hinter den beiden stand ein Kinderwagen mit einer Riesenpackung Windeln unter dem Sitz und ein paar Spielsachen, die an der vorderen Stange baumelten.
    Ich machte auch ein Bild von dem Kinderwagen, einfach, weil ich es lustig fand, dass man für etwas so Kleines so viel Kram mitschleppen musste. Dann stellte ich wieder auf den Mann und sein Kind scharf und wartete, bis das Mädchen erkannte, auf wen er da zeigte und begeistert zu glucksen und zappeln begann. Ich drückte ab. Beim Klicken der Kamera drehte der Mann sich um.
    Ich lächelte und prüfte schnell noch mal nach, ob man das Namensschild, das Miss Cartwright mir gegeben hatte, auch gut sah. »Ich mache Fotos für meine Schule«, sagte ich zum zigtausendsten Mal an diesem Tag. »Soll ich dieses hier für Sie ausdrucken? In etwa einer Stunde könnte ich es fertig haben.«
    Sein Misstrauen verpuffte und verwandelte sich in Begeisterung, als ich die Kamera umdrehte und sie ihm hinhielt, sodass er das Bild sehen konnte. »Ich hab noch nicht mal bemerkt, dass du da warst«, sagte er und ließ das Kind auf und abwippen. »Das ist ja toll! Was bin ich dir schuldig?« Er nahm die Kleine auf den anderen Arm, um in die Hosentasche zu greifen, aber ich winkte ab.
    »Wir nehmen einen Dollar, aber Sie müssen erst bezahlen, wenn Sie das Bild gesehen haben«, erklärte ich. »Ich hänge die Fotos da drüben im grünen Zelt auf.« Hinter mir näherte sich Fußgetrappel und entfernte sich wieder. Das kleine Mädchen wand sich auf dem Arm seines Vaters und sah den Läufern über meine Schulter hinweg hinterher. »Ich komme auf jeden Fall«, versprach der Mann, dem es nur mit Mühe gelang, die Kleine nicht fallen zu lassen. Mit hoher Stimme säuselte er ihr ins Ohr: »Mami freut sich bestimmt über ein Bild von uns beiden.« Die Liebe zu seiner Tochter leuchtete noch immer in seinen Augen, als er sich zu mir umdrehte. »Danke. Ich vergesse bei solchen Anlässen immer meinen Fotoapparat. Windeln, Spielzeug und ihr Schnuffeltuch, daran denke ich, aber an den Fotoapparat? Nie!«
    Ich nicke, gab ihm seinen Abholschein, winkte dem glucksenden Mädchen zu und verschwand. Es war schön, zur Abwechslung mal draußen zu sein und was zu unternehmen, anstatt trübselig im Zimmer rumzusitzen wie im Gefängnis und meine alten Freunde zu vermissen. Gestern mit Josh im Low D war es nett gewesen, trotz Amy, die sich ja unbedingt dazwischendrängeln musste, und trotz des drohenden Ärgers mit Kairos. Ich hatte ganz vergessen, was für ein gutes Gefühl es war, mit jemandem zusammen sein zu können, ohne sich ständig verstellen zu müssen. Heute schien die Sonne, die Luft war kühl und ich verbrauchte fleißig Dads

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