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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Teilweise bin ich daran schuld, ich hätte mich selbst von deinen Fortschritten überzeugen sollen. Aber Barnabas hat mir nicht erzählt, dass du Probleme hast.«
    Josh interessierte ihn gar nicht. Kein bisschen. Das Warnsignal in mir wurde immer lauter und ich entzog mich seinem Griff. Und warum gab er überhaupt Barnabas die Schuld?Barnabas meinte doch, es lag an meinem Amulett, dass ich die Gedankenberührung nicht hingekriegt hatte. Nicht an fehlendem Talent oder Einsatz. Irgendwas verheimlichte Ron mir. »Grace hat gesagt, ich hätte meinem Amulett einen Knacks verpasst«, gab ich argwöhnisch zu, ohne es ihm zu zeigen.
    Barnabas stand steif und angespannt hinter Ron. Seine silbrig verfärbten Augen ließen den Racheengel in ihm erahnen. »Ich geh nach Hause«, erklärte er Ron mit einem resignierten Stirnrunzeln. »Die werden mich schon reinlassen. Das müssen sie einfach. Ich muss ihnen von den Schwarzflügeln erzählen. Sie können sie aus ihr herausholen.«
    Nach Hause?, dachte ich. In den Himmel oder wie?
    Warum sollten die ihn denn nicht reinlassen? Dann war er also nicht nur erdgebunden, sondern auch aus dem Himmel verbannt? Wer waren denn hier eigentlich die Bösewichte?
    Die Furcht der plötzlichen Erkenntnis, dass alles, was ich bisher für wahr gehalten hatte, nicht stimmte, durchfuhr mich wie ein Messer.
    »Barnabas, sei still«, sagte Ron, als er sich zwischen uns erhob.Er war kleiner als Barnabas, aber er meinte es todernst. »Ich gebe ihnen Nachricht, dann erholt Nakita sich wieder. Sie werden dich nicht wieder reinlassen und außerdem hab ich viel zu tun. Bleib du hier bei Madison. Versuch, sie von Schwierigkeiten fernzuhalten. Und halt ja den Mund!« Seine Augen waren jetzt fast schwarz und in ihnen lag eine Mischung aus Wut, Frustration und … Unsicherheit. »Hast du mich verstanden? Ich kann das hier nicht in Ordnung bringen, wenn du dich einmischst. Halt… den … Mund.«
    Das Bild Nakitas, wie sie sich vor Schmerzen krümmte, die weißen Flügel schreiend in die Höhe gestreckt, tauchte wieder vor mir auf. Ich hatte einen der himmlischen Engel verletzt. Wer war Barnabas? Mit wem hatte ich da eigentlich diese ganzen Nächte auf unserem Dach verbracht?
    Verängstigt sah ich zu, wie Ron mit langen Schritten das Krankenhaus verließ und in der Sonne verschwand. Ich wandte mich zu Barnabas um und zuckte zurück, als er ein wütendes Schnauben von sich gab und sich mit gerunzelter Stirn und blitzenden Augen auf den Stuhl neben mir fallen ließ. Dann saß er ganz still. Keine einzige Bewegung, kein Blinzeln. »Sie wollte mich umbringen«, setzte ich an. »Sie wollte Josh umbringen! Und dann wollte sie mich -« »Zu Kairos bringen, das hast du schon gesagt«, unterbrach er mich. Er strahlte einen leichten Anflug von Angst aus. Nicht vor mir, sondern um sich selbst. Er würde nicht den Mund halten.
    »So viele Religionen, Madison«, sagte er. »Aber nur ein Himmel. Und auf diesen Pfad, den du verlassen hast, als du Kairos sein Amulett geklaut hast, wollte sie dich wieder zurückbringen.«
    »Nakita kommt gar nicht aus der Hölle«, vermutete ich. Ich wusste, dass mein Gesicht totenbleich war. »Sondern du.«
    Mit einer plötzlichen Bewegung richtete Barnabas sich gerade auf »Ich? Nein«, widersprach er und wurde rot, als sei es ihm peinlich. »Nicht aus der Hölle. Ich weiß noch nicht mal, ob es so einen Ort überhaupt gibt, außer der Hölle, die wir uns selbst bereiten. Aber ich komme auch nicht aus dem Himmel… nicht mehr. Ich bin gegangen, weil ich dem Schicksalsbegriff der Seraphim nicht zustimmen konnte. Und jetzt lassen sie mich nicht mehr zurück. Sie lassen keinen von uns weißen Engeln mehr hinein.«
    Er atmete aus, die Kiefer angespannt, und rieb sich mit einer Hand über die Schläfen. »Ich hätte es dir eher erzählen sollen, aber ich hab mich so geschämt.«
    »Aber du bist doch ein Todesengel des Lichts!«, rief ich verwirrt. »Licht ist doch gut - Finsternis ist böse.«
    Er sah mich düster an. »Das Licht steht für des Menschen Willen - hell und leicht zu sehen. Die Finsternis des Schicksals sollen nur Seraphim verstehen.«
    »Ach nee! Gut zu wissen! Und warum hat sich bisher keiner die Mühe gemacht, mir diesen netten kleinen Merkreim vorzutragen?«, schimpfte ich, entnervt, ängstlich und ein bisschen erleichtert, dass Barnabas nicht aus der Hölle kam, sondern lediglich im Himmel rausgeflogen war. Das war doch ein Unterschied, oder nicht?
    Die Empfangsschwester spähte aus

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