Totgekuesste leben laenger
gebogen, sondern die Verbindung zu deinem Amulett unterbrochen, als würdest du es gar nicht tragen. Tot, ohne Verbindung zum Leben. Eine Seele, die ohne Körper umherläuft. Kein Wunder, dass du damit die Schwarzflügel angelockt hast. Sie haben dich also … angegriffen?« Grace hatte mir gesagt, dass es gefährlich war. Ich hätte auf sie hören sollen.
»Nakita wollte Josh töten und mich zu Kairos bringen. Ich dachte mir, wenn ich ihr das Schwert klaue, kann sie wenigstens nicht Josh umbringen. Aber als ich mich dann unsichtbar gemacht hab, um mir ihr Amulett zu nehmen, haben sich zwei Schwarzflügel auf mich gestürzt.« Die Erinnerung jagte mir einen Schauder über den Rücken. »Es hat wehgetan. Ich glaub, ich hab ein Stück von mir verloren.« Ich hielt inne, als ich im Geiste wieder vor mir sah, wie sie meine Vergangenheit auffraßen. Wie es sich für Nakita wohl angefühlt hatte, zwei von diesen Dingern in sich zu haben? »Es hat wirklich wehgetan, Ron. Ich hab mich wieder unsichtbar gemacht und versucht, ihr irgendwie das Schwert wegzureißen. Als sie dann durch mich durchgefallen ist, haben sie sich in ihr festgesetzt.« Ich sah auf, mir verschwamm alles vor den Augen. »Ich wollte doch nur, dass sie weggeht«, beendete ich unglücklich meine Rede. Verdammt, ich würde doch jetzt nicht heulen.
Barnabas war vor mir zurückgewichen wie vor einer giftigen Schlange. »Was ist mit Nakitas Amulett?«, fragte er. »Wieso hat ihr Amulett dich nicht festgehalten?«
»Weil ich diese Verbindung auch gekappt hab«, erklärte ich. »Ich hab nur nach ihrem Schwert gegriffen, nicht nach ihrem Amulett. Das hat mir genug Macht gegeben, um die Fäden zu zerschneiden, ohne dass ich gegrillt wurde.«
Mit bleichem Gesicht stand Barnabas auf »Ron«, sagte er und sah dabei mich an. »Sie hat die Macht durchbrochen, die Nakitas Amulett über sie hatte, während es noch um Nakitas Hals hing! Wie viele Beweise brauchst du denn noch? Ich glaube an den freien Willen, genau wie du, aber das hier ist falsch! Sieh doch nur, was passiert ist, Madison ist -« »In Sicherheit.« Ron nahm meine Hände in seine und lenkte damit meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein Lächeln lag auf seinem runden Gesicht, aber seine Augen blickten ernst und besorgt. »Sie ist in Sicherheit.«
»Nakita hat gesagt, du hättest eine Erst-Sphärerin zu ihrem Schutz abgestellt«, unterbrach ihn Barnabas mit wutrotem Gesicht. »Und ich weiß auch, warum. Du weißt, dass du hier einen Fehler machst!«
Der Ältere funkelte Barnabas verärgert an, sein Griff um meine Hände wurde fester. »Vor dir muss ich mich nicht rechtfertigen. Ich habe einen Schutzengel der ersten Sphäre gerufen, weil die Gefahr sehr gering war. Ich wollte niemanden unnötig darauf aufmerksam machen, dass etwas nicht stimmt.«
»Aha.« Barnabas blickte ihn unverwandt an. »Dann gibst du also zu, dass hier was nicht stimmt.« Ein unangenehmer Ausdruck erschien auf Rons Gesicht. »Jetzt sei endlich mal still, Barnabas!«, fuhr ihn der Zeitwächter an.
Geschlagen ließ Barnabas den Kopf hängen. Ich saß wie gelähmt da. Das war jetzt schon das zweite Mal, dass ich miterlebt hatte, wie Ron Barnabas über den Mund fuhr. Erst auf dem Schulparkplatz und jetzt hier. Hier stimmte tatsächlich was nicht. Was hatte ich da bloß angerichtet?
»Ron«, sagte ich ängstlich, »es tut mir leid. Ich hab doch nur versucht, Josh und mich zu schützen. Sie hat ihn erwischt. Wird er wieder gesund?«
Der Zeitwächter schien erst jetzt zu merken, wo er sich befand. Mit unfrohem Blick schüttelte er den Kopf und weckte damit wieder die Furcht in mir. »Sein Leben gehört jetzt Nakita. Nur sie kann entscheiden, ob er leben oder sterben soll.«
Mein Gott, ich habe ihn umgebracht!, dachte ich, beinahe gelähmt vor Panik. Ich musste unbedingt mit Nakita reden.
»Es gibt aber Hoffnung«, versuchte Ron mich zu beruhigen.
Doch seine Hand auf meiner Schulter spendete keinen Trost. Eher löste sie ein Warnsignal in mir aus.
Barnabas hinter ihm schäumte vor Wut.
»Ich werde mich weiterhin für dich einsetzen«, versprach Ron, als wäre Joshs drohender Tod nur eine traurige, aber im Grunde unwichtige Angelegenheit. »Am meisten mache ich mir Sorgen um dich. Dich so von deinem Amulett zu lösen, hätte eigentlich unmöglich sein sollen. Vielleicht hat die Tatsache, dass du tot bist, etwas damit zu tun. Nichtsdestotrotz bin ich sicher, dass du dein Amulett beschädigt hast. Mach das also nicht noch einmal.
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