Totgelebt (German Edition)
sie was Besonderes wären. Der Versager. Wenn er hätte, was ich habe. Er grinste in sich hinein. Du kleiner Verlierer, du wirst nie über deine billigen Snuff-Videos hinaus kommen. Alles echt, wenn ich das schon höre. Ich könnte dir zeigen, was alles echt ist. Er schob ein weiteres Video in den Rekorder und schaute sich die unendliche Wiederholung eines seiner eigenen Videos an. Er kannte jede Szene, jede Drehung, jede noch so kleine Bewegung auswendig, trotzdem fesselten ihn die Bänder immer wieder . Aber er wusste, dass der Drang, erneut dabei zu sein, es direkt vor Augen zu haben, den Körper nur eine Armeslänge entfernt zu haben, ihn berühren zu können, wenn er wollte, den Angstschweiß zu riechen, das Plopp der Schusswaffe, der kurze Aufschrei des Todes, der unmittelbar in sein Hirn eindrang und ihm unglaubliche Erregung verschaffte und dann erst der Anblick, wenn der menschliche Körper nackt, unverbraucht, zart, rein vor ihm liegt, wenn alles Böse aus ihm heraus sickert, nur noch die leere Hülle vor ihm lag . Dieser Drang wuchs erneut i n ihm. Es war eine so geniale Idee, er tat nichts Verbotenes. Er half diesen armen Kreaturen, sie wollten sterben und er wollte das sehen, sie bildeten die perfekte Symbiose. Er führte aus, was die anderen begonnen hatten. Er würde nie einen Menschen ermorden, nie, nie, nie. Er schrie die Worte laut her aus. Er war kein Mörder. „ Ich bin kein Mörder “. Ich liebe das Leben, ich respektiere das Leben, aber man muss auch den Wunsch nach dem Tod respektieren, manchmal ist es nur der Tod, der Frieden und Geborgenheit gibt, der einen warm empfängt. Seine Mutter hatte nur ein einziges Mal wirklich zufrieden und glücklich ausgesehen, als sie dem Tod in die Augen schaute. Sie wusste, das war ihr Weg, ihre Bestimmung, und Glück umfing sie. Die armen Seelen wollten alle sterben, er hatte nur das wie und wann organisiert. Er hatte geholfen, und als Dank bekam er diesen Moment des Glücks geschenkt, einen Moment der Verbundenheit. Er schloss die Augen. Es war so einfach gewesen, Menschen zu finden, die sterben wollten. Man muss nur genau dort suchen, wo sich die Todesmutigen, die Lebensmüden bündeln, wo sie einander treffen, wo sie sich austauschen. Dort hatte er gesucht und dort hatte er alles gefunden. ALLES. Er hatte diese Geschöpfe erlöst, er war der Erlöser. Er war Gott. Er drehte sich einmal um sich selbst und lachte sein kehliges Lachen. Ich bin die Welt, die Welt dreht sich um mich. Er war sich noch nicht sicher, ob er als nächstes einen Jungen oder ein Mädchen erlösen wollte. Die Planung machte ihm ebenso viel Spaß, er bemerkte, wie seine Anspannung stieg. Sein ganzer Körper begann wieder zu jucken. Seine Haut reagierte immer auf seine Nervosität mit Juckreiz und Rötungen. Das fanden sie früher alle lustig. Ha, ha. Was hatten sie gelacht, als er sich im Sportunterreicht vor Nervosität überall Jucken musste, nicht mehr aufhören konnte, bis er sich blutig gekratzt hatte und ihn die Lehrerin zurück in die Umkleide geschickt hatte. Aber aus Ärger über die anderen und die Lehrerin war das Jucken nur noch schlimmer geworden. Und was war er heute? Er tat Gutes, er erlöste diejenigen, die ihr trauriges, kleines Leben nicht mehr leben wollten. Was wussten schon all die anderen. Was wusste schon Lazic. Der sollte mal zu ihm kommen und seine Videos anschauen. Alles echt, Lazic, würde er dann sagen, alle echt. Er grinste und schaltete seinen PC ein. Er war sich jetzt sicher. Ein Mädchen. Es wird ein Mädchen sein.
24. Kapitel
Um fünf Uhr rief Paula noch einmal bei Anne in der Kanzlei an. Dort erfuhr sie, dass Anna bereits auf dem Weg nach Hause sei. Also versuchte es Paula auf Annes Handy. Sie kündigte an, dass es wahrscheinlich deutlich später werden würde. Um halb sechs betrat der Polizei-Psychologe Michael Hankel d as Büro von Paula und Max. Der Raum war sofort erfüllt von seiner Präsenz. Hankel war ein sehr attraktiver Mann und ein Mann, der sich seiner Attraktivität und Wirkung auf seine Mitmenschen durchaus bewusst war. Er war recht groß, dunkelhaarig und hatte fein geschnittene Gesichtszüge. Er war stets überaus akkurat mit den neuesten Designer-Anzügen gekleidet. Selbst sein Gang verriet großes Selbstvertrauen. Auf den ersten Blick sah er aus wie ein junger dynamischer, aufstrebender und erfolgreicher Manager, doch auf den zweiten Blick konnte man unter der Oberfläche einen inspirierenden, sensiblen, intelligenten und
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