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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Sie, ist den alten Leuten denn zugestoßen? Genau, meine ich.«
    »Ermordet worden, vielleicht?«
    »Also, hören Sie mal, Herr Matti …«
    Er beugte sich blitzschnell über den Tisch, hielt meine Hand und sagte ganz leise: »Es sind nicht nur die Flusen. Ich stelle mir Fragen. Ich frage, warum im Gesicht? Am Mund? Warum manchmal zwischen den Zähnen? Und in den Augen? Frau Margret, man schläft nicht mit offenen Augen in einem Kissen oder einer Decke.«
    Vor Schreck war ich zurückgewichen.
    »Das wäre ja schrecklich, wenn Sie, wenn …«
    »Wenn ich Recht hätte? Ja, das wäre schrecklich.«
    »Aber … aber die Totenscheine. Wir haben doch die Totenscheine!«
    »Ich sagte doch, das wäre schrecklich!«
    »Vielleicht gibt es aber für alles eine … eine Erklärung, eine harmlose Erklärung.«
    »Vielleicht gibt es die, Frau Margret. Vielleicht aber auch nicht.«
    Bis die Rechnung kam, saß ich starr und stumm vor Schreck vor meinem leeren Teller und hatte gar nicht mitbekommen, ob der Karamellflan gut oder schlecht gewesen war.
    Herr Matti beglich die ganze Rechnung. Ich bedankte mich artig bei ihm und schlug vor, ihn nach Hause zu bringen. Er ließ sich aber durch nichts davon abhalten, nach Hause zu laufen. Ich bot ihm sogar an, dass er mein Auto fahren dürfe. Aber selbst davon wollte er nichts wissen. Er beharrte hartnäckig darauf zu laufen. Bevor ich ihm noch widersprechen konnte, hatte er meine Hand geschüttelt und war schon auf dem Weg. Ich schaute dem seltsamen, schattenhaft dünnen Mann hinterher, der mit großen Schritten in Richtung Innenstadt davonstakste. Mittlerweile rieselte leise der Schnee.
    Noch zwei Wochen bis Weihnachten.

09
    Am nächsten Morgen gab der Verkehrsfunk minütlich reißerische Berichte über das Schneechaos zum Besten, das über die Revierstädte plötzlich hereingebrochen war. Dabei genügte ein kurzer Blick aus dem Fenster, um zu wissen, dass man an Autofahren noch nicht einmal denken sollte. Mein Vorgarten erstrahlte in blendendem Weiß. Ich musste auf einen Stuhl steigen, um überhaupt nach draußen sehen zu können. Am oberen Rand des Fensters hatte ich noch 20 Zentimeter für den freien Blick aufs Mittelmeer.
    Als ich am Hauptbahnhof in die U-Bahn Richtung Universität umsteigen musste, nutzte ich die Wartezeit, um einen Schlenker über den Wochenmarkt zu machen. Es gab Weihnachtsgestecke für zehn Mark, mit Kerze. Ich beschloss spontan, mein Büro etwas weihnachtlich zu gestalten und kaufte eines mit roter Kerze und Ilexzweigen mit roten Beeren dran. Neben der Kerze steckte noch so was wie eine rosa Distelblüte. Na ja. Immerhin. Es entsprach in etwa meiner derzeitigen Verfassung.
    Herr Matti schaute mir dabei zu, wie ich das Gesteck auf dem Schreibtisch arrangierte. Es ärgerte mich, dass er kein Wort sagte, und ich verfluchte meine roten, geschwollenen Augen und vor allem, dass Herr Matti die auch registrieren würde. Gestern Nacht hatte ich noch eineinhalb Packungen Kleenex und eine Tafel Schokolade vernichtet.
    »Das macht die Schneeluft, da tränen meine Augen immer«, sagte ich. Er nickte.
    »Ist wirklich nicht so schlimm«, schob ich noch hinterher. Dabei schnürte sich mir schon wieder die Kehle zusammen.
    »Es geht vorbei«, murmelte er, »aber man weiß nicht, wie lange es dauert.«
    »Ja, Herr Matti.« Ich drehte mich schnell weg und wischte mir mit meinem Ärmel durchs Gesicht.
    »Wie ein Schnupfen. Entweder 14 Tage oder zwei Wochen.«
    Ein echter Philosoph, unser Herr Matti. Ich musste über seinen Spruch lächeln, aber als ich mich wieder umdrehte, war er schon weg.
    Da vom Kugelfisch weit und breit noch nichts zu sehen war, nahm ich mir mein Notizbüchlein hervor und schaute die Namen, die Matti mir genannt hatte, im Computer nach. Alles, was ich herausfinden konnte, war, dass es sich samt und sonders um anonyme Erdbestattungen in anonymen Gräberfeldern gehandelt hatte. Mehr war ohne Passwort aus den Dateien nicht herauszuholen. Als ich Sommers Auto in der Einfahrt hörte, steckte ich das Notizbuch wieder weg, schloss schnell die Dateien und kümmerte mich um die Dinge, die mich auf dem Schreibtisch anlachten.
    Während Sommer unten mit Matti arbeitete und einige Leute kamen und gingen, beseitigte ich oben die Hinterlassenschaften der Grippewelle. Ich machte diverse Überweisungen für die Bank fertig, sortierte die Post und verabschiedete mich dann für 30 Minuten, um die Überweisungen zur Bank zu bringen. Grummelnd hatte der Kugelfisch die Formulare

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