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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Magen krampfte sich zusammen. Oh Erde, tu dich bitte, bitte auf!
    »Matti, ich meine nicht den Typ da draußen, ich meine, erklären Sie alles noch mal.«
    Ich versuchte mit aller Kraft, mich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren. Von der Theke machte mir Kai-Uwe ein Zeichen, ich möge doch mal hinausgucken. Ich fuhr mir mit dem Zeigefinger über meine Kehle. Sofort wandte er sich beleidigt wieder dem Polieren von Gläsern zu. Matti schaute zu mir, dann nach draußen, dann zu Kai-Uwe und dann wieder zu mir und sagte: »Es sind so viele.«
    »Was? So viel was? Dumme Zufälle? Meine Güte, worüber reden wir denn?«
    Matti blickte auf seinen Teller.
    »Tut mir Leid für Sie«, nuschelte er leise.
    »Nein, mir tut es Leid.«
    Ich war einfach so erschrocken gewesen und in schiere Panik geraten aus Angst, mein Ex könnte mit Kind und Kegel ins Café kommen, dass ich alles durcheinander gebracht hatte. Und als Sahnehäubchen die dämlichen Kommentare von Kai-Uwe obendrauf. Ich wäre jetzt am liebsten nach Hause gegangen.
    »Entschuldigen Sie bitte, Matti. Ich war nur etwas aus der Fassung. Das war … der da war mein …«
    Er nickte, wurde aber noch einen Ton bleicher, als er von Natur aus sowieso schon war. Und dann sah es so aus, als wollte er seine spitze Nase ganz in der Paella vergraben. Was war denn jetzt wieder los?
    »Herr Matti?«
    Er murmelte in den Reis auf seinem Teller: »Wir wollten auch ein Kind.«
    Oh Matti, falsches Thema; da konnte ich aus mangelndem Kinderwunsch nicht mitreden.
    »Sie haben eine Frau?«, fragte ich.
    Matti schüttelte den Kopf.
    »Was dann?«
    »Doch, doch, aber … sie … sie ist krank. Im Wachkoma. In Finnland.«
    »Der Unfall, von dem Sie sprachen?«
    »Ja.«
    »Das tut mir sehr Leid. Vielleicht sollten wir ein anderes Mal weiterreden? Scheint heute nicht unser Tag zu sein.«
    Noch während ich das sagte, fielen mir Gags über Wachkoma in Finnland, weiße Nächte und Tango ein, und ich schämte mich schon wieder.
    »Nein«, sagte er und richtete sich auf dem Stuhl zu ganzer Größe auf, »lassen Sie uns weiter sprechen.«
    Wenn er das konnte, dann musste ich jetzt auch tapfer sein. Aber wie? Meine Laune sauste gerade rasant auf der Wildwasserbahn meiner Adrenalinströme talwärts.
    Am liebsten hätte ich mich mit einer Familienpackung Kleenex ins Bett verzogen. Einen solchen Launekiller hatte ich nicht mehr erlebt, seit ich aus meinem Karibikurlaub zurückgekommen war. Bis vor fünf Minuten hätte ich jedem glaubhaft versichern können, dass ich über den Kerl hinweg war. Aber jetzt? Die Paella hatte sich spontan mit dem Adrenalin verklumpt, und ich hatte einen betonharten Stein im Magen. Ich sah den unglücklichen Matti an, der stoisch lächelnd seinen Reis in sich hineinschaufelte, und entschied, dass ich auch später noch genug heulen konnte. Der Schmerz würde nicht weniger werden, auch wenn ich ihn jetzt mal für eine Weile ignorieren musste.
    Heute Nacht würde mir sowieso der Himmel auf den Kopf fallen, exakt in dem Moment, wenn ich allein in meinem Bettchen lag und die Decke anstarrte, dann wäre das ganze Elend sofort wieder da. Zwei Familienpackungen Kleenex und genug Wut, eine Großstadt in Schutt und Asche zu legen. Ob Nero wohl auch bloß Liebeskummer gehabt hatte, als er Rom abfackelte? Brenne, Bochum, brenne …!
    Stattdessen aber sagte ich: »Matti, wir müssen mehr Fakten haben. Ein komisches Gefühl und ein paar Flusen reichen nicht. Können Sie sich noch an die Namen erinnern?«
    »Nicht an alle. An die ersten nicht. Da hatte ich noch keinen Verdacht.«
    »Verstehe. Sie machen am besten bis morgen eine Liste mit den Namen, an die Sie sich erinnern können, und ich schaue dann nach, ob ich noch was finde.«
    »Schreiben Sie bitte jetzt auf«, schlug Herr Matti vor, »ich sage sie auswendig.«
    »Na gut. Ich höre.«
    Er winkte Kai-Uwe und bestellte tapfer noch zwei Karamellflans zum Nachtisch. Dann diktierte er mir 14 Namen flüssig in die Feder. An einige konnte ich mich erinnern, aber nicht daran, dass mir was aufgefallen wäre. Aber wie auch? Ich war ja die ersten zwei Monate nicht einmal im Keller gewesen.
    »Matti, warum sprechen Sie nicht mit Sommer über die Flusen?«
    »Keine gute Idee. Vielleicht habe ich mich getäuscht.«
    »Ja, dann hätten Sie sich ordentlich lächerlich gemacht.«
    Macht er sich also lieber vor mir lächerlich als vor Sommer? Welche Ehre!
    »Eine Frage noch. Ich habe immer noch nicht verstanden, um was es hier geht. Was, glauben

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