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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Mann begann zu weinen. Das war immer der Moment, den ich am liebsten gar nicht erlebte, nämlich wenn die Leute anfingen zu weinen. Sommer hatte immer ein paar Profitricks auf Lager, wie er die Leute beruhigen konnte. Aber Sommer war weg, und Matti war mit seiner eigenen Trauer beschäftigt. Also gab ich dem Mann ein paar Papiertaschentücher, die er wortlos entgegennahm. Um die peinliche Situation zu überbrücken, beschäftigte ich mich mit der Zubereitung von Kaffee und ließ ihn am Garderobenständer stehen.
    Ich stellte zwei volle Tassen auf den Tisch und führte den Mann, dessen verschlissener Wollmantel sich klamm und klebrig anfühlte, zu einem Stuhl. Er setzte sich schwerfällig hin und weinte hemmungslos weiter Rotz und Wasser.
    Ich saß ihm gegenüber und wusste nicht, was tun. Der Mann schien etwas sagen zu wollen – aber was? Ich gab ihm die ganze Packung Papiertaschentücher. Dann fiel mir Sommers Cognac ein. Was für die Sippe von Schwiegavatter gut gewesen war, sollte auch hier seine Wirkung nicht verfehlen. Als ich die Tür vom Aktenschrank öffnete, folgte mir der Mann mit einem plötzlich sehr konzentrierten Blick. Volltreffer! Großzügig schenkte ich ihm ein und schob das Glas über den Tisch. Er kippte den Cognac in einem Schluck herunter.
    »Besser?«
    Er nickte und hielt mir das Glas gleich noch mal hin. Na, Sommer würde sich freuen, wenn er seinen Courvoisier jetzt im Rachen dieses Penners verschwinden sehen könnte. Am liebsten hätte ich das Absinken des Pegels durch eine Serie von Polaroids dokumentiert. Der Kugelfisch hatte mich letztens für die Aktion »Schwiegavatter« nicht gerade gelobt. Allerdings musste er zugeben, dass mein Auftritt beim Trauergespräch um Schwiegavatters letzte Reise selbiges um Jahre verkürzt hatte. Sommer war jetzt nicht da, also konnte ich die Situation auf meine Art klären. Auf jeden Fall beruhigte sich der Mann langsam wieder. Nach dem dritten Glas wollte ich die Flasche wieder in den Schrank stellen und griff danach, aber der Mann langte blitzschnell über meinen Schreibtisch und schnappte sich den Cognac. Jetzt hielten wir beide die Flasche fest. Ich zog daran, aber er ließ nicht los.
    »So, wollen Sie mir bitte sagen, wer Sie sind und was ich für Sie tun kann?«
    Wieder versuchte er, mir die Flasche aus der Hand zu reißen, aber ich hielt dagegen.
    »Ich heiße Kostnitz.« Er ließ die Flasche los. Ich taumelte überrascht einen Schritt zurück.
    Sein Kopf sank auf den Tisch und seine Schultern bebten. Und ich, die Fünf-Prozent-Mutter-Teresa, goss ihm noch mal ein und sperrte dann schnell den Cognac weg.
    Oh, dachte ich, das bedeutete »quasi alleinstehend«.
    »Sind Sie der Bruder von Frau Kostnitz?«
    »Ich bin ihr Mann.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie so direkt frage, aber, Herr Kostnitz, Erika hat mir erzählt, sie lebt allein. Sie hat Sie nie erwähnt.«
    Ich bereute meinen forschen Angriff sofort.
    Seine unrasierten, schlaffen Wangen zitterten wieder etwas heftiger. Nicht wieder anfangen zu flennen, bitte, flehte ich stumm. Er tat mir den Gefallen. Er schnäuzte sich vernehmlich, schien sich aber wieder gefasst zu haben.
    »Lange Geschichte. Brauchen Sie nicht zu wissen. Ich will sie noch mal sehen!«
    Ich schaute ihm fest in die Augen und rührte mich keinen Millimeter vom Fleck.
    »Bitte«, schob er kleinlaut hinterher.
    Danke für das Zauberwort, alter Mann.
    »Sicher. Dürfen Sie. Können Sie sich ausweisen?«
    Er nestelte umständlich eine Plastiktüte unter seinem Mantel hervor, kramte darin herum, hatte endlich seinen Ausweis in der Hand und schob ihn zu mir über den Tisch. Es war mir unangenehm, den Ausweis anzufassen, denn er wies eine Menge unidentifizierbarer Flecken auf. Klebrig. Aber ich schaute mir das Bild genau an. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Mann, der da vor mir saß. Nur sah der Mann auf dem Bild wesentlich gesünder aus. Die Adresse stimmte auch. Es war die von Erika Kostnitz. Ich fürchtete mich jetzt schon vor der Geschichte, die ich mir in absehbarer Zeit würde anhören müssen. Wenn nicht heute, dann spätestens morgen.
    »Herr Kostnitz, warten Sie hier bitte einen Augenblick. Ich muss unseren Mitarbeiter, Herrn Matti, fragen, ob Sie Ihre Frau schon sehen können. Ich bin gleich wieder da.«
    Ich erzählte Matti in knappen Sätzen, wen ich gerade kennen gelernt hatte. Er machte mir keinen überraschten Eindruck. Hatte er von diesem Ehegatten gewusst? Matti trug mir auf, noch fünf Minuten zu

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