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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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und durch das Tohuwabohu der Grippeepidemie völlig vergessen hatte. Hatte ich jetzt noch eine Freundin?
    Okay: erster Gedanke, bester Gedanke. Ich wählte Wilmas Privatnummer. Wenn sie immer noch sauer war, bitte schön, aber ich hoffte auf Gnade. Sie war nach dem zweiten Läuten am Telefon.
    »Hi, Rennschnecke. Was geht? Immer noch sauer auf mich?«
    »Weiß nicht«, druckste sie zuerst herum, nur um eine Millisekunde später loszulegen: »Dass du das nötig hast, mir was vorzulügen. Und dass du dich nicht gemeldet hast. Und ich find das wirklich eklig, was du machst.«
    »Aber mir ist alles so peinlich, Wilma. Ich weiß doch auch nicht. Erst das Desaster mit dem Knipser, dann die Schreiberei. Ach, Scheiße, was soll ich denn machen? Ich fühl mich so blöde.«
    »Ja, das ist ja auch alles Scheiße. Aber jetzt weiß ich es. Und finde dich nicht blöde.«
    »Danke. Kannst du meine Gesellschaft schon wieder ertragen?« Ich hatte einen Kloß im Hals, und Wilma würde es sofort merken.
    »Ich glaube schon. Wie geht es dir denn jetzt?«
    »Beschissen, wenn ich ehrlich sein soll.«
    Nach einer endlos langen Minute sagte sie schließlich: »Dann komm doch morgen Abend vorbei.«
    »Danke. Ich verspreche, dass ich mich vorher mindestens 20 Minuten abgeduscht und desinfiziert habe.«
    »Komm um halb neun. Und brüll nicht wieder so rum, wenn ich dich kritisiere.«
    »Tut mir Leid, Wilma. Ich kenn’ mich grad selber nicht. Schlaf gut. Bis morgen.«
    »Bis morgen.« Das war ja noch mal gut gegangen.
    Man musste kein Hellseher sein, um zu wissen, was die in Köln über mich quatschten: »Oh, hast du schon gehört, Maggie kriegt nichts mehr aufs Papier. Kreative Impotenz. Voll auf dem Abstieg.« Dann konnten sie noch ein bisschen in ihren Rotwein sabbern und sich dabei in irgendeiner Szenekneipe gegenseitig die Schultern klopfen und sich darüber freuen, dass ihnen das noch nie passiert war. Irgendwer würde sich bestimmt auch zu einem gönnerhaften »Die arme Maggie …« herablassen. Ich wusste genau, wie das Gelalle ablief, schließlich war ich früher selbst eine von ihnen gewesen.
    Im Geiste versprühte ich Enzymspray über meine depressiven Visionen und widmete mich praktischeren Dingen. Ich holte aus der Waschküche eine große Schaufel und trug zumindest einen Teil des Schneebergs vor meinem Fenster ab. Nach einer Stunde Schaufelei konnte ich wenigstens das Fenster wieder öffnen, ohne Gefahr zu laufen, in meinem Kellerloch zum Lawinenopfer zu werden.
    Der Kater stand pünktlich auf der Matte, um sein Abendessen einzufordern. Wenigstens einer, der mir gegenüber, wenngleich auch durch reichlich Bestechung, eine gewisse Zuneigung heuchelte.
    Dr. Thomas schwarze Silhouette hob sich im Vorgarten gegen das Weiß des Schnees gestochen scharf ab. Von hinten wurde er vom Licht einer Straßenlaterne illuminiert, sodass es aussah, als hätte er einen Heiligenschein. Der Weihnachtskater.
    »Komm rein, Dickmops.«
    Er sprang mit seinen nassen Pfoten auf den Esstisch und schaute erwartungsvoll in Richtung Kühlschrank. Ich wusste, dass auf ihn jetzt eine herbe Enttäuschung wartete. Der leere Kühlschrank gähnte uns an. Trotzdem versuchte ich, enthusiastisch zu klingen: »Sieh mal, Putenbrühwürstchen vom Aldi. Und Eier.«
    Dr. Thoma leckte sich die Pfote. Also war die Menufolge genehmigt. Ich briet die Brühwürstchen an und schlug Rührei darüber. Dazu machte ich mir noch zwei Vollkorntoasts und garnierte den ganzen Berg mit Ketchup. Dr. Thoma fand es essbar, also musste ich es wohl auch essbar finden. Er schlabberte von seiner Untertasse – die mit dem berühmten Hühnchenmuster auf Gelb.
    Ich aß von meinem Ikeateller, einem von drei Überlebenden des letzten Brüll-Outs mit dem Knipser. Ich wollte jetzt lieber gar nicht über verschüttete Milch und zerbrochenes Porzellan nachdenken. Lieber erzählte ich Dr. Thoma von Mattis Theorien hinsichtlich diverser Todesfälle. Der Dickmops schaute manchmal von seinem Essen auf und tat wirklich so, als würde er mir zuhören.
    »Also, Dr. Thoma, mir fehlt ein mögliches Motiv und mir fehlt der Grund für die Anwesenheit von so vielen gelben Flusen. Wo kommen die her? Matti sagt, Decke oder Kissen. Das ist das Erste, wonach ich suchen muss. Und dann … dann sucht man nach einem Motiv. Das ist doch die Frage aller Fragen in jedem Krimi: Wem nützt es was?«
    »Maaaoooo.«
    »Genau. Es nützt dem Erben, aber die fallen aus, weil es ja gar keine Angehörigen

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