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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Ich brauche Antworten.«
    Aber er war schon in der Küche verschwunden.
    Was macht er da jetzt? Holt er sein Messer raus oder ein gelbes Kissen?
    Seit in meiner kleinen Seele die Dinge nicht mehr so richtig im Lot hingen, schien ich nur noch Verrückte zu treffen. Nur, so langsam kam es mir vor, als sei Matti der König der Verrückten. Ich bekam gerade ein bisschen Angst vor ihm.
    Er kam mit einem harmlos vor sich hin dampfenden Becher Tee zurück und setzte sich auf den anderen verschlissenen Sessel.
    »Ja, Frau Abendroth, ich bin der stille Teilhaber von Bartholomae.«
    »Das sagten Sie schon. Die Frage ist, warum sind Sie das? Und ich bitte Sie nur ein einziges Mal, Herr Matti, sprechen Sie in ganzen Sätzen und erzählen Sie mir bitte alles, was ich wissen muss. Ich habe in den letzten Wochen Ihretwegen ein paar Leute verrückt gemacht. Sogar Blaschke hilft uns, und wie es aussieht, ist Kostnitz auch nicht mehr abgeneigt, sich der Sache anzunehmen. Jetzt sind Sie dran. Also, ich höre.«
    Matti hatte während meiner Ansprache angestrengt in den dampfenden Tee geschaut und ab und zu ein Schlückchen davon genommen.
    Seine rechte Hand griff nach der Zuckerdose, die zwischen uns auf dem Couchtisch stand.
    »Wie viel?«, fragte ich.
    »Vier«, sagte Matti und ließ die Zuckerdose wieder los. Dann begann er zu erzählen. Endlich.
    »Ich heiße Matti Paavo Bietiniemolaiinnen. Ich bin 48 Jahre alt. Ich komme aus Finnland. Ich habe meine Frau umgebracht.«
    Den letzten Satz hätte ich gerne mit einem Wodka verdünnt. »Was?«, hörte ich mich fragen.
    »Sie hat den Wagen gefahren. Wir waren auf dem Weg zu ihren Verwandten in Köln. Sie wollte einen Lastwagen überholen. Ich habe den Motorradfahrer auf der Überholspur nicht gesehen und gesagt, es sei alles frei. Wie man das manchmal so macht, wenn jemand etwas zögerlich fährt.«
    Ich stieß einen langen Seufzer aus. Ich hatte wohl schon wieder dicke Backen gemacht und minutenlang nicht geatmet, falls das physiologisch überhaupt möglich war. Endlich sprach er weiter.
    »Es ist hier passiert, kurz vor Bochum. Märtha hat drei Jahre im Koma gelegen, dann haben mir die Ärzte gesagt, ich müsse eine Entscheidung treffen.«
    Er nahm einen Schluck von seinem Tee. In dem Moment tat er mir so Leid. Aber sagte er mir auch die Wahrheit?
    »Wann war der Unfall?«
    »Vor fünf Jahren.«
    »Und Sie haben eine Entscheidung getroffen?«
    »Ja, wir haben am 1. Januar 2000 die Geräte abgestellt.«
    »Sie sind all die Jahre hier geblieben?«
    »Ja. Herrn Sommer habe ich im Krankenhaus kennen gelernt.«
    »Und da hat er Ihnen einen Job angeboten?«
    »Ja. Ich fand das sehr freundlich von ihm. Ich bin Thanatopraktiker. Wir kamen ins Gespräch. Er hat oft Tote im Krankenhaus abgeholt.«
    »Oh. Und dann? Hat Sommer Ihre Frau bestattet?«
    »Nein. Ich habe sie einbalsamiert. Herr Sommer hat dann die Überführung geregelt. Ich habe Märtha nach Finnland gebracht. Sie schaut jetzt auf unseren See.«
    In seinen Augen standen Tränen. Wahrscheinlich war ich die erste Person, der er diese Geschichte erzählte. Da hatte er sich ja den richtigen Deppen ausgesucht.
    »Ich hole mir einen Tee«, sagte ich zu Matti und floh in die Küche, um ihm und mir Gelegenheit zu geben, die Fassung zurückzugewinnen. Es war ihm bestimmt nicht recht, dass ich ihn weinen sah. Wahrscheinlich war es ihm schon gar nicht recht, dass ich hier in seine Wohnung kam, um ihn auszufragen.
    Ich goss mir gerade eine Tasse voll, als er plötzlich hinter mir stand.
    »Warum sind Sie hier geblieben, Herr Matti? Warum sind Sie nicht in Ihrem schönen Finnland?«, fragte ich hastig, nur um etwas zu sagen.
    »Ich kann nicht.«
    Er hielt mir seine leere Tasse hin, die ich auffüllte.
    »Und warum haben Sie mir erzählt, dass Ihre Frau noch lebt?«
    »Weil … weil … ach, ich weiß nicht …«
    »Weil Sie sich lieber vorstellen, dass sie in Finnland ist und lebt?« Ich wollte noch hinzufügen: »… und auf Sie wartet«, ließ es aber lieber bleiben. Er nickte heftig. Dabei schwappte aus seiner Tasse etwas Tee auf den Boden. Wir starrten beide auf die kleine Pfütze.
    »Und was ist mit Bartholomae?«
    Mattis Blick wanderte an mir vorbei auf die Küchenuhr an der Wand.
    »Ich hatte das Geld aus der Lebensversicherung von meiner Frau. Herr Sommer hat mich eines Tages gefragt, ob ich etwas bei einem seiner Freunde investieren wollte. Es hörte sich seriös an. Da habe ich das dann gemacht.«
    »Ja, und weiter? Was ist jetzt mit

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