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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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schon mit deinem Herrn Matti Tacheles geredet?«
    »Hm? Ach so. Nein. Keine Gelegenheit. Vielleicht morgen«, log ich und wechselte schnell das Thema. »Noch einen Eierlikör?«
    Wenn ich jetzt mein Plappermaul nicht gehalten hätte, dann hätte ich ja schon nach 55 Minuten mein Wort gebrochen. Das wollte ich aber nicht. Ich hatte einfach den dringenden Wunsch, mich Matti gegenüber so ehrenhaft wie möglich zu benehmen. Wilma musste das alles auch gar nicht erfahren. Sie war nach dem anstrengenden Papierkram sowieso gerne bereit, sich anderen Themen zuzuwenden.
    »Wie läuft es denn mit dem schnieken Kripobeamten, wie heißt der gleich? Blaschke?«
    »Woher, um Himmels Willen, weißt du das denn schon wieder?«
    »Ihr seid eben gesehen worden, trautes Glück im Streifenwagen. Er hat dich offensichtlich zur Arbeit gefahren. Die Frage ist, hat er dich nur abgeholt, oder hat er bei dir gefrühstückt?«
    Ich war platt.
    »Wilma, mir graut vor dir!«
    Wir gossen uns Eierlikör nach und krönten die gelbe Masse mit jeder Menge Schokostreuseln. Also, wenn Wilma sowieso schon alles wusste, musste ich nur noch ein paar einfache Fragen stellen: »Und? Weiß dein sagenhafter Informant denn auch, ob Blaschke, um gleich beim Thema zu bleiben, eine Gattin hat?«
    »Wie, du lässt dich von dem rumkutschieren und hast das noch nicht rausgefunden? Hat er denn jetzt die Nacht bei dir verbracht oder nicht? Soll ich in deinem Müll nachschauen?«
    »Wilma! Hat er nicht. Wenn ich es mir hätte aussuchen können, wäre ich noch nicht mal in den Streifenwagen eingestiegen.«
    »Hat er dich etwa verhaftet? Mit Handschellen und so?«
    »Nei-en! Herrgott nochmal! Du bist ja schlimmer als die Spanische Inquisition. Ich hab’ mein Auto nicht aufgekriegt, weil alles zugefroren war.«
    Wilma kicherte albern vor sich hin und leckte sich die Reste der in Eierlikör getränkten Schokostreusel vom Finger.
    »Oh, da ruft man doch normalerweise den ADAC und nicht die Polizei.«
    Wilma konnte mir den letzten Zahn ziehen mit ihrer Fragerei. Widerstand war zwecklos, also erzählte ich ihr die Geschichte mit der Schneeballschlacht von Anfang an. Aber nur bis zur Ankunft bei Pietät Sommer. Den Rest, inklusive meines peinlichen Magendebakels, natürlich nicht. Endlich war sie zufrieden. Jetzt wollte ich aber zu gerne wissen, was Wilma wirklich über Blaschke und eine etwaige Gattin wusste.
    »Hat er denn jetzt eine Frau oder nicht? Gib zu, Wilma, du weißt es gar nicht.«
    »Hat er nicht. Die ist ihm abgehauen, mit einem Kollegen. Vor einem Jahr. Warum, haben die gut unterrichteten Kreise leider nicht herausgefunden. Nur, dass es bei ihr wohl schnell einen anderen gab. Seitdem pflegt Herr Blaschke ein lustiges Junggesellenleben«, gab Wilma triumphierend zum Besten.
    Ich leckte mein Likörglas aus und knabberte zufrieden auf den Schokostreuseln herum. Da war sie ja schon, Blaschkes falsche Entscheidung! Oder Frau Blaschkes falsche Entscheidung? Oder vielleicht eine falsche Entscheidung zu meinen Gunsten? Also auch du, Blaschke, ein Mitglied im Club der anonymen Loser. Ich sah uns schon alle bei einer Tasse Kirschblütentee im Kreis sitzen – Blaschke, Kostnitz, Herr Matti und ich während eines Treffens unserer kleinen Selbsthilfegruppe. Wilma wäre natürlich nicht dabei, weil sie kein Loser war. Sie hatte schließlich einen Friseursalon, eine Karriere und eine Putzfrau. Hallo, ich heiße Maggie, und ich habe das Bundesverdienstkreuz für Loser in Gold am Band und mit zwei Ehrentränen.
    Da das Thema »Die Ehe des Herrn Kommissars« leider nichts mehr hergab, vergnügten wir uns zum lustigen Abschluss des Abends mit einem Ally McBeal-Video. Dann musste ich leider nach Hause laufen. Wilma wollte mir ein Taxi bestellen, was ich heldenhaft ablehnte. Taxi würde zwölf Mark kosten. Ich hoffte auf die natürliche Heilwirkung von Bewegung und kalter Schneeluft.
    Dank des Eierlikörs war der Heimweg tatsächlich nicht halb so kalt, wie ich befürchtet hatte. Nur meine Tasche hatte ihr Gewicht verdreifacht. Manchmal kann Geiz richtig wehtun. Wilma hatte ich mit Küsschen-Küsschen und den besten Wünschen an die Eltern in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. So man Eltern hat, die einen sehen und verwöhnen wollen, sollte man auch hinfahren.
    Endlich in meiner warmen Höhle angekommen, schob ich den ganzen Papierkram fürs Erste unters Bett. Auf dem Esstisch war definitiv kein Platz mehr. Den Beutel mit den Reißwolfschnipseln schob ich gleich hinterher.

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