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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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eingekreist, wieder und wieder und wieder, bis das Foto an einer Stelle eingerissen war.
    Hinter mir machte Alex eine Bewegung.
    Ich schaute mich um. Er verließ das Zimmer und ging Richtung Treppe, wobei er leicht humpelte und sich ans Gesicht fasste. Er verschwand aus meinem Blickfeld. Nach einer Weile glaubte ich zu hören, wie er weinte.
    Ich drehte mich wieder um und bemerkte, dass Legion sich bewegt hatte.
    Seine Augen waren offen.
    Ein Arm reckte sich mir entgegen, schwer wie eine Bärenfalle, und klammerte sich um meinen Hals. Drückte mir die Luft ab. Seine Finger gruben sich in meine Haut, versuchten, tiefer und tiefer in mein Fleisch einzudringen. Ich erstarrte, unfähig, mich zu bewegen. Starrte ihn bloß an, während mein Kopf kaum noch mit Sauerstoff versorgt wurde. Ich spürte eine Kälte und Endgültigkeit, als würde ich in einem eiskalten See ertrinken.
    Befrei dich aus dieser Lage.

    Ich ertastete den Abzug der Beretta.
    Stieß die Waffe gegen das erste Stück Haut, das ich finden konnte.
    Und schoss.
    Die Kugel durchschlug seinen Hals.
    Er sackte zur Seite, und seine Augen wurden noch dunkler, als hätten die Tore der Hölle sich für ihn geöffnet. Dann rührte sich der Teufel nicht mehr.

45
    Vor Anbruch des Tages fuhr ich den Shogun den Weg hinauf zum Bethany. Alex und ich trugen Legion nach draußen und deponierten seine Leiche auf der Ladefläche. Eine Weile blieben wir noch stehen, um ihn zu betrachten. Selbst jetzt, wo der Tod seinen Körper zurückgefordert hatte, schien sein Blick uns abschätzig zu mustern. Genauso furchteinflößend wie zu Lebzeiten, wenn seine Augen sich blinzelnd hinter seiner Maske hin und her bewegt hatten.
    Anschließend holten wir Andrew. Er war schwerer und bereitete uns größere Mühe. Wir trugen ihn den Hügel hinunter. In seinem zerschlagenen Körper schienen sich die Knochen selbstständig gemacht zu haben. Endlich erreichten wir den Shogun und ließen ihn auf die Ladefläche fallen. Dann mühte Alex sich, ihn so weit wie möglich über Legions Leiche zu rollen. Als ich nach dem Grund fragte, erklärte er, dass er die Augen des Teufels nicht mehr sehen wollte.
    Anschließend trommelten wir alle zusammen, die wir finden konnten – all die Drogenabhängigen und Misshandelten, die das Versprechen auf ein besseres Leben auf die
Farm gelockt hatte -, und versammelten sie im Wohnzimmer des Lazarus.
    Insgesamt waren es zweiundzwanzig Menschen. Alle in ähnlicher Verfassung: körperlich gesund, aber praktisch erinnerungslos. Einige, die noch am Anfang des Programms standen, wirkten völlig weggetreten von irgendwelchen Drogen, die zu nehmen man sie gezwungen hatte. Als wir sie einen nach dem anderen baten, sich zu setzen, beobachteten sie uns mit reglosen Mienen. Einzelne erschienen völlig willenlos, als stürben sie von innen heraus. Alex und ich machten heiße Getränke und reichten Stühle und Decken weiter. Ich begann mich zu fragen, wie diese Menschen jemals wieder von vorn beginnen sollten.
     
    Myzwik lag immer noch auf dem Boden des Roten Zimmers. Seine Haare waren blutverklebt. Dort, wo sein Kopf auf eine unebene Stelle im Beton geschlagen war, befand sich ebenfalls geronnenes Blut. Als ich ihn zur Seite rollte, bemerkte ich ein pfirsichgroßes Loch in seiner Schädeldecke. Blut und Hirnmasse traten aus. Ein Stück Beton, das im Gegensatz zum Rest des Fußbodens nicht begradigt worden war, hatte seinen Schädel beim Aufprall auf dem Boden zertrümmert. Als ich das Rote Zimmer verließ und hinaus in die bittere Kälte trat, wurde mir bewusst, dass ich inzwischen zum vierfachen Mörder geworden war.
    Und keinen einzigen dieser Fälle bedauerte ich.
    Die übrigen Ausbilder – Evelyn eingeschlossen – hatten sich aus dem Staub gemacht. Die Farm war verlassen, und wenn wir ins nächste Dorf führen – wo einige Mitglieder der Organisation gelebt hatten -, würden wir auch dort niemanden antreffen. Keiner von ihnen würde zurückkommen. Sie waren auf der Flucht; vielleicht verstanden sie nun etwas von der Verzweiflung, die die Insassen der Farm
durchgemacht hatten, als ihre Lebensgeschichten wie Kartenhäuser in sich zusammengestürzt waren.
    Schließlich stieg die Sonne zu einem neuen Tag empor, und wir fuhren den Shogun an der Küste entlang zu einer Bucht mit dem Namen Meland. Majestätische Klippen ragten hundert Meter hoch aus dem Meer empor. Wellen, deren Lärm vom Wind verschluckt wurde, krachten tief unten gegen die Felsen. Hinter dem Lazarus hatten

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