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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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orange Farbe besaß. Der Innenraum wirkte karg: ein paar Plakate, ein Schreibtisch, ein Stromkabel für einen Laptop, der nicht zu sehen war, ein Notizblock und einige Stifte. Hinter dem Schreibtisch erhob
sich ein hohes Bücherregal voller Bibeln, Biografien und anderer Sachbücher.
    »Morgen.«
    Die Stimme hinter meinem Rücken gehörte einem jungen Mann in Jeans und einem sportlichen Hemd. Er lächelte. Ein breites, warmes Lächeln. Er war Anfang dreißig, hatte blondes, schulterlanges Haar mit einem Mittelscheitel und die dazu passenden Augen: groß, hell, lebhaft.
    »Morgen«, entgegnete ich. »Ich suche den Pfarrer.«
    »Na, dann ist heute wohl Ihr Glückstag«, erwiderte er lächelnd. Er trat auf mich zu und streckte mir seine Hand entgegen. »Reverend Michael Tilton.«
    »David Raker.«
    »Sehr erfreut. Sie wollen hoffentlich keine Bibeln verkaufen, oder?«
    Ich lächelte. »Nein. Keine Sorge – da kann Ihnen nichts passieren.«
    »Sehr gut«, sagte er und ging an mir vorbei in den Anbau. »Entschuldigen Sie bitte die Unordnung hier. In wenigen Wochen bekomme ich einen Jugendseelsorger, und ich versuche gerade, vor seiner Ankunft alles in Ordnung zu bringen. Im Moment allerdings ist das hier eine Art Abstellkammer.«
    Er stellte den Laptop auf den Schreibtisch, zog einen Heizlüfter unter der Tischplatte hervor und drehte den Schalter auf die höchste Stufe. Dann schloss er die Tür.
    »Ziemlich bescheidene Einrichtung, hm?«
    Es gab nur einen Stuhl, allerdings standen mehrere Umzugskisten in einer Ecke. Er zog die Kisten zu mir herüber.
    »Für den fehlenden Stuhl muss ich mich auch entschuldigen. Sie sind unser erster Besucher hier.«
    Ich nahm Platz. »Das Gebäude wirkt noch neu.«
    »Das ist es auch«, erklärte er. »Wir haben es im Oktober fertiggestellt.«

    Er setzte sich an seinen Schreibtisch und schaute auf seinen Laptop. Auf dem Bildschirm konnte ich eine Passwort-Abfrage erkennen.
    »Nun, ich werde Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen«, sagte ich, nahm das Foto von Alex heraus und legte es vor ihm auf den Schreibtisch. »Ich untersuche das Verschwinden von jemandem, der Sie hier einmal besucht haben könnte.«
    »Gut. Ist er das?«
    »Sein Name war Alex Towne.«
    Michael nahm das Foto in die Hand und musterte es gründlich. »Ich versuche, mich zu erinnern«, sagte er. »Ich bin sicher, dass ich ihn hier nicht gesehen habe – nicht in den letzten Monaten jedenfalls.«
    »Es geht nicht um die letzten Monate.«
    »Oh?«
    »Jetzt kommt der eigentliche Hammer: Es muss ungefähr sechs Jahre her sein.«
    Michael sah mich an, um abzuschätzen, ob ich es ernst meinte. »Tatsächlich?«
    »Ja, leider.«
    Er schaute sich das Foto noch einmal an. »Wie alt ist er?«
    »Inzwischen dürfte er ungefähr achtundzwanzig sein.«
    »Dann wäre er damals Mitglied in unserer ZwanzigerGruppe gewesen?«
    »Ich bin nicht sicher, ob er hier regelmäßig zur Kirche gegangen ist. Vielleicht war er nur einmal hier, vielleicht hin und wieder. Er hatte irgendeine Verbindung zu Ihrer Kirche – aber ich konnte noch nicht herausfinden, welche.«
    Er biss die Zähne zusammen. »Ich erinnere mich an die meisten Jugendlichen ziemlich deutlich, weil ich hier selber Jugendseelsorger war, aber …«

    Während er sich weiter in das Foto vertiefte, zog ich die Geburtstagskarte aus der Tasche.
    »Das hier ist die Verbindung«, sagte ich und drehte die Karte um, sodass er den Aufkleber auf der Rückseite lesen konnte. »Er hat die Karte hier gekauft, und auf dem Aufkleber steht, dass eine Angela Routledge die Karte hergestellt hat. Gehört sie noch zu Ihrer Gemeinde?«
    Sein Gesichtsausdruck wurde düster. »Angela ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Gibt es noch jemanden, der sich daran erinnern könnte, diese Karten verkauft zu haben?«
    Michael dachte nach – allerdings nicht lange.
    »Um den Kartenstand hat Angela sich allein gekümmert. Sie hat alles allein gemacht. Die Materialien besorgt, die Karten gebastelt. Sie war eine außergewöhnliche Frau, die eine Menge Geld für uns gesammelt hat. Leuten wie ihr ist es zu verdanken, dass wir uns über solche Wohltaten hier freuen können.«
    Er meinte den Anbau.
    »Warten Sie einen Augenblick«, sagte er und griff noch einmal nach dem Foto. »Kann ich das Bild für ein paar Minuten ausborgen?«
    »Klar.«
    »Ich habe damals einen Freund von mir für die Jugendgruppen eingespannt. Lassen Sie mich ihn schnell anrufen und fragen, ob er sich an Ihren jungen Mann

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