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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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»Wahrscheinlich.«
    »Sind es nun Kunden oder nicht?«
    »Verdammt, woher soll ich das wissen?«, fragte sie. »Auch wenn das hier nicht unbedingt das Ritz ist, wird der Laden doch ziemlich voll. Eine Menge Leute kommen und gehen.«
    Ich nahm die Liste wieder an mich.
    »Dann nehme ich das als ein Nein.«
    »Für jemanden, der kein Bulle ist, stellen Sie ziemlich viele Fragen, Magnum.«
    »Pures Interesse«, bemerkte ich und sah mich noch einmal im Pub um.
    Etwas von dem, was Jade gesagt hatte, fühlte sich nicht richtig an. Entweder wusste sie, wann Evelyn aufgehört hatte, oder nicht. Und da war noch etwas anderes. Ihre Augen hatten geflackert, als ich ihr das Foto von Alex gereicht hatte. Nach oben und nach rechts. Ich hatte einmal ein Buch gelesen, damals, als ich meine ersten großen Interviews für die Zeitung gemacht hatte. Wie man einen Lügner erkennt. Nach oben und nach rechts blickte man unwillkürlich, wenn man sich eine Antwort ausdachte.
    Ich wandte mich ihr wieder zu. Sie wirkte jetzt argwöhnisch, unsicher, was ich vorhatte. Vielleicht war es ein natürliches Misstrauen, das sie sich durch ihre Arbeit hier erworben hatte. Vielleicht aber log sie mich tatsächlich an und schöpfte Verdacht, dass ich sie durchschaut hatte.
    Plötzlich öffnete sich die Tür. Wir drehten beide die Köpfe, als zwei alte Männer eintraten, die sich unterhielten. Einer von ihnen lachte, dann schaute er zur Bar.
    »Morgen, Jade … Sind wir zu früh dran?«
    Sie sah erst mich an und dann ihn. »Nein, Harry.«
    Sie schlurften zur Bar. Einer setzte sich auf einen Hocker
und kramte in seinen Taschen nach Kleingeld; der andere blieb neben ihm stehen und betrachtete die zum Zapfen bereiten Biersorten. Als sie fertig waren, schauten beide auf das Foto von Alex und dann zu mir herüber.
    »Morgen«, sagte Harry.
    Ich nickte den beiden zu und konzentrierte mich wieder auf Jade.
    »Ist Alex Towne noch am Leben?«
    Eine Sekunde lang – nur eine Sekunde – glaubte ich, in ihrem Gesicht etwas zu sehen. Dann trat sie ans andere Ende der Bar und griff nach zwei leeren Pint-Gläsern.
    »Jade?«
    Die beiden Männer blickten zwischen uns hin und her.
    Sie begann, eines der Gläser zu füllen, indem sie am Zapfhahn zog. Dabei schaute sie mir direkt ins Gesicht, als wollte sie mir beweisen, dass sie nichts zu verbergen hatte. Als sie mit dem ersten Bier fertig war, wiederholte sie den Vorgang mit dem zweiten Glas.
    »Alles in Ordnung, Jade?«, fragte Harry.
    Sie nickte.
    Die alten Männer schauten wieder zwischen uns hin und her, um herauszufinden, ob ich sie belästigte. Wahrscheinlich wussten sie bereits, was ich in den zehn Minuten, in denen ich mich mit ihr unterhalten hatte, herausgefunden hatte: Jade ließ sich nicht herumschubsen und würde sich auch nicht einschüchtern lassen – jedenfalls nicht in der Sicherheit, die die Bar ihr bot.
    Ich griff nach dem Notizblock und dem Foto und verließ den Pub. Aber damit war die Sache nicht erledigt. Ich würde um sieben Uhr wieder hier sein, wenn ihre Schicht zu Ende war – und diesmal würde ich sie unvorbereitet erwischen.

17
    Die Kirche St. John the Baptist lag in Redbridge, einem deprimierenden Flecken von London, nah bei der North Circular Road. Hässliche, langsam verfallende Wohnsilos warfen ihre Schatten über die Straßen; schmelzender Schnee lief aus Löchern in der Überführung; schwarze Auspuffgase stiegen zum Himmel hoch. Ich stellte den Wagen ab, halb versteckt hinter einer indischen Imbissbude, und sah das dreieckige Dach der Kirche aus dem Grau herausragen.
    Der Lage zum Trotz handelte es sich um ein ansprechendes, modernes Gebäude. Cremefarbene Wände mit frei liegenden Trägern. Über der Tür hing ein wunderschönes holzgeschnitztes Kruzifix. Einen Schimmer von Hoffnung im Blick, schaute Christus vom Mittelpunkt der Kreuzes herab.
    Die Vordertüren waren verschlossen, also ging ich zur Rückseite des Gebäudes. Eine Tür mit der Aufschrift Büro stand ein Stück weit offen. Durch den Spalt sah ich in einen leeren Raum mit einer Reihe von Schreibtischen und einem Bücherregal im Hintergrund. Ich warf einen Blick an der Seitenwand der Kirche entlang. Weiter hinten gab es einen winzigen, schmalen Anbau. Auch dort war die Tür geöffnet.
    Ich machte mich auf den Weg zum Anbau.
    Das Gebäude maß ungefähr fünf mal sieben Meter – ein besserer Schuppen. Es gab keine Fenster, und die Außenwände waren nicht fachgerecht behandelt worden, sodass das Holz noch eine raue

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