Totgesagt
– nicht mehr -, obwohl ich wusste, dass ich nur hundert Pfund dabeihatte. Aber anders konnte ich ihm nicht beikommen. Unter dem Strich war Gerald, wie Jade mir versichert hatte, bloß ein einfacher Gauner.
Er zuckte die Schultern. »Geben Sie mir fünfhundert, und dann reden wir.«
» Fünf ?«
»Wenn Sie reden wollen, reden wir richtig.«
»Gut«, sagte ich. »Aber Sie erzählen mir alles, was ich wissen will.«
Er nickte. Ich trat ein Stück dichter an ihn heran und spürte zum ersten Mal das Küchenmesser, das hinten in meinem Hosenbund steckte. Für alle Fälle.
»Also kennen Sie Jade?«, fragte ich.
»Ich kenne einen Haufen Leute.«
»Genug mit den Spielchen, Gerald.«
Er warf mir einen Blick zu. »Ja, ich kenne sie.«
»Sie haben Jade und ihre Freunde mit Ausweisen versorgt. Ich will wissen, mit wem Sie geredet haben; wer hier in die Wohnung kam. Und vor allem, wann Sie die Ausweise verschickt haben, an welche Adresse. Wenn Sie mir diese Fragen beantworten, bekommen Sie das hier.«
Er schaute auf die hundert Pfund, dann auf meine Taschen, in denen er den Rest des Geldes vermutete.
»Was genau wollen Sie wissen?«, fragte er schließlich.
»Erstens: Haben Sie nur mit Jade zu tun gehabt?«
»Meistens mit ihr.«
»Was bedeutet meistens?«
»Mit ihr, ja.«
»Kam sie nur her, um Ausweise für sich selbst abzuholen?«
»Nein«, murmelte er. »Auch für ein paar andere.«
»Sprechen Sie lauter.«
»Auch für ein paar andere.«
»Für wen haben Sie Ausweise hergestellt?«
»Ich weiß nicht, wer sie waren. Sie hat mir nie etwas gesagt. Ich arbeite nicht für sie und für die Leute, zu denen sie gehört, wer auch immer das ist. Ich arbeite für mich selbst . Ich bin unabhängig. Sie bringt mir nur die Fotos und Namen und Adressen, und ich erledige die Arbeit.«
»Sind es immer dieselben Leute?«
»Meistens.«
»Dieselben Leute brauchen jedes Mal neue Ausweise?«
»Das hab ich doch gesagt.«
»Halten Sie die Namen und Adressen, die man Ihnen gibt, irgendwo fest?«
Er lachte. »Na klar. Ich liste sie fein säuberlich auf, damit die Schweine es nicht so schwer haben, wenn sie hier eine Razzia veranstalten. Natürlich hab ich keine Liste der beschissenen Namen.«
»Hat Jade Ihnen je verraten, für wen sie arbeitete?«
»Nein.«
»Hat sie mal jemanden namens Alex erwähnt?«
»Wie, zum Teufel, soll ich mich daran erinnern? Mir sind bei dieser Arbeit eine Menge Leute über den Weg gelaufen, aber die meisten kommen nicht, um es sich hier gemütlich zu machen.«
»Wie viele Ausweise hat Jade abgeholt?«
»In vier Jahren ?«
»Sie haben vier Jahre für sie gearbeitet?«
»Ja.«
»Wie viele also?«
»Fünfzig, vielleicht auch ein paar mehr.«
»Wann kommt sie normalerweise vorbei?«
»Immer wenn sie etwas braucht.«
»Sie hat also keine speziellen Tage?«
»Nein.«
»Wann war sie zum letzten Mal hier?«
»Weiß nicht. Vielleicht vor einer Woche.«
Ich legte eine Pause ein, nickte. »Gut. Arbeiten Sie im Moment an irgendwelchen Ausweisen für ihre Leute?«
»Ja.«
»Wann sollen sie fertig sein?«
»Am Freitag.«
»Übermorgen?«
»Das ist doch wohl Freitag, wenn ich mich recht erinnere«, erwiderte er grinsend.
Wieder spürte ich das Messer an meinem Rücken.
»Wird Jade die Papiere abholen?«
»Nein, jetzt nicht mehr.«
»Wissen Sie, warum?«
Schulterzuckend schaute er mich an. »Nein. Heute Morgen hat jemand angerufen.«
»Und hat was gesagt?«
»Dass ich eine neue Kontaktperson habe. Irgendeinen Michael.«
Ich brauchte einen Moment, um die Information zu verdauen.
»Hat man Ihnen gesagt, warum Jade nicht mehr kommt?«
»Nein. Nur, dass sie nicht mehr meine Kontaktperson ist.«
»Wie viele Ausweise machen Sie für diesen neuen Typen?«
»Vier oder fünf.«
Ich wühlte in meiner Tasche nach dem Foto von Alex und streckte es ihm entgegen.
»Erinnern Sie sich an ihn?«
»Ich kann es nicht genau erkennen.«
»Dann schauen Sie es sich aus der Nähe an.«
Er schlurfte ein Stück auf mich zu und betrachtete blinzelnd das Foto.
»Nein.«
»Das Gesicht ist auf keinem der Ausweise, die Sie gerade herstellen?«
»Nein.«
»Haben Sie früher einmal Papiere für ihn gemacht?«
»Keine Ahnung.«
»Drücken Sie sich ein bisschen klarer aus.«
»Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob ich für ihn etwas gemacht habe oder nicht.«
»Sie sollten mich nicht anlügen, Gerald.«
»Ich lüg nicht.«
Er sah aus, als würde er die Wahrheit sagen, und schaute mir, ohne
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