Totgesagt
Stelle zu, von der das Geräusch gekommen war. Jason wirkte zurückhaltender – vielleicht vermutete er, dass es sich um einen Trick handelte -, folgte allerdings in gewissem Abstand, wobei er eher ging als lief. Er war immer noch vor mir, immer noch ganz in der Nähe, hatte aber einen Weg eingeschlagen, der ihn schräg an mir vorbeiführen würde. Ich nahm den dickeren Stein, packte ihn so, dass die härteste und spitzeste Ecke aus meiner Faust herausragte, und ging in die Hocke. Jason war noch einen guten Meter von mir entfernt. In seinem Gesicht konnte ich lesen, dass er sich durch die Ablenkung nicht hatte täuschen lassen.
Tu es jetzt.
Ich umklammerte den Stein mit aller Kraft und sprang auf ihn los. Er drehte sich mit aufgerissenen Augen halb in
meine Richtung, und ich rammte die Spitze des Steins in seine Schädeldecke. Es gab ein dumpfes, splitterndes Geräusch wie von einer durchstoßenen Wassermelone. Sein Blut spritzte in mein Gesicht, seine Augen rollten nach oben; dann fiel er vornüber und kam beinahe lautlos auf dem Boden auf.
Ich ließ mich neben ihm auf die Knie sinken. Auf seiner Jacke war überall Blut. Als ich mich weiter hinunterbeugte, merkte ich, dass er nicht mehr atmete.
Ich hatte ihn getötet.
Im nächsten Moment hörte ich einen Schuss, und von einem Baum dreißig Zentimeter neben mir spritzte ein Stück Rinde ab. Ich ließ mich flach auf den Boden fallen und versuchte, Zacks Umrisse in der Dunkelheit auszumachen. Direkt neben mir lag Jasons Pistole auf einem Klumpen Schnee. Ich griff nach ihr und betrachtete sie, so gut das im Dunklen möglich war. Das Fabrikat erkannte ich nicht. Und ich hatte keine Zeit, zu prüfen, ob sie geladen war. Ich hielt sie einfach fest und begann zu laufen.
Ich schlug die Richtung zum Feldweg ein, parallel zu der Strecke, die wir heraufgeklettert waren. Ein zweiter Schuss ertönte und durchbrach die nächtliche Stille. Ich lief einfach weiter. Plötzlich tauchte aus dem Dunkel vor mir ein Baum auf, und ich streifte seine Rinde mit dem Arm, weil ich nicht mehr schnell genug ausweichen konnte. Ein dumpfer Schmerz schoss durch meine Muskulatur hoch bis in meine Schulter. Ich schob ihn mit all den übrigen Schmerzen beiseite und konzentrierte mich nur aufs Laufen.
Ein dritter Schuss, dann ein vierter. Der fünfte verfehlte mich knapp und traf einen Baum, an dem ich gerade vorbeikam. Meine Lungen fühlten sich an wie zusammengepresst. Ich begriff, dass mein Vorsprung dahinschmolz. Diese Geschwindigkeit konnte ich nicht durchhalten – meine Füße
fühlten sich an wie zerrissene Fetzen, und trotz aller Anstrengung sah ich vor mir nur Dunkelheit und nichts, was auf die Nähe des Weges hindeutete. Ich war mir nicht einmal sicher, dass ich die richtige Richtung eingeschlagen hatte.
Dann stürzte ich.
Mein linker Fuß verfing sich in einer Baumwurzel. Ich stolperte vornüber und prallte hart auf dem Boden auf. Ich landete bäuchlings und schrie vor Schmerz auf. Es fühlte sich an, als hätte ich mir den Arm gebrochen.
Als ich aufblickte, entdeckte ich Zack etwa drei Meter rechts von mir. Er hatte mich noch nicht gesehen, aber offenbar gehört, denn er bewegte sich in meine Richtung. Ich schaute mich um. Die Pistole war am Fuß einer Eiche eingeklemmt, deren knorrige Rinde sich um die Waffe schloss. Ich kam auf alle viere, streckte die Hand nach der Waffe aus und zog sie heraus. Als ich mich umdrehte, ragte Zack mit ausgestreckter Waffe vor mir auf. Ich schoss zweimal.
Er taumelte zur Seite. Die erste Kugel durchschlug seine Schulter, die zweite traf ihn in die Brust – dann gaben seine Beine nach, er fiel und schlug auf dem Boden auf. Er ließ die Pistole fallen, die mit einem metallischen Klang auf dem gefrorenen Waldboden landete.
Als ich mich wieder auf Zack konzentrierte, schaute er mich an, und Blut rann aus seiner Brust. In seinen Augen las ich, dass er sein Schicksal akzeptierte. Dass er gewusst hatte, dass die Machenschaften, auf die er sich eingelassen hatte, ihn früher oder später einholen würden. Er blinzelte einmal, zweimal, dann verloren seine Augen einen Teil ihres Glanzes. Und er blinzelte nicht mehr.
Zack hatte die Autoschlüssel in seiner Tasche. Ich nahm sie und ging weiter Richtung Feldweg. Der Himmel begann
sich ein wenig aufzuhellen, von Schwarz zu Grau, von Grau zu Grün. Als ich den Wagen endlich gefunden hatte, war aus dem Grün ein Blau geworden.
Ich stieg ein und machte mir plötzlich klar, dass Mary vor genau einer Woche
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