Totgesagt
die von Rose Lee?
“Radcliffe hat mir verraten – unter dem Siegel der Verschwiegenheit –, dass einer davon Grace gehörte”, sagte Walt.
John setzte die Bierflasche an. “Die Ärmste! Ich mag ihren Kennedy gut leiden. Ist ein verdammt guter Banker. War sicher nicht begeistert, als er das mit seiner Frau erfuhr.”
Walt warf sich eine Handvoll Erdnüsse in den Mund. “Stellt sich die Frage: Wem gehören die anderen?”
John knibbelte das Etikett fitzelchenweise von seiner Bierflasche. “Das wissen sie noch nicht, aber das wird sich hoffentlich sehr bald ändern.”
“Sie …” Ray musste sich einen Frosch aus dem Hals räuspern. “Sie rollen den Fall wieder auf? Ganz offiziell?”
“So hört sich’s jedenfalls an.” John schichtete die spiralig verdrehten Etikettenstückchen zu einem Häuflein auf. “Zumindest wollen sie jetzt richtig Gas geben.”
“Ist ja auch die erste echte Spur”, fügte Walt hinzu.
“Und das erste Mal, dass sie nicht postwendend Clay auf die Bude rücken”, ergänzte John. “Der mag ja ‘ne Menge Dreck am Stecken haben, aber seiner Schwester hat der mit Sicherheit nix getan. Den anderen auch nicht, ganz nebenbei.”
Ray merkte, wie ihm das Hemd am Rücken festklebte, obwohl es gar nicht heiß oder voll in der Kneipe war. Er musste sich unbedingt beruhigen und einen klaren Kopf behalten, aber die Angst, die ihm den Puls rasant in die Höhe jagte, die hatte genau den gegenteiligen Effekt, zumindest auf sein Denkvermögen. “Das ist doch jetzt zwanzig Jahre her”, warf er ein. “Wie soll man denn nach so langer Zeit noch rauskriegen, wem so ein Schlüpfer gehörte?”
“Na, die Polizei geht doch schon mit den Dingern von Haus zu Haus”, bemerkte Walter, der sich inzwischen wieder seinem Baseballspiel widmete.
Und wenn sie dir unangenehme Fragen stellen?, fragte sich Ray. Dann würde er eben lügen und behaupten, er kenne sie nicht. Die Unterwäsche von Rose Lee, die konnte kein Mensch mehr zuordnen. Zu der fraglichen Zeit hatte er Rose ja ganz allein großgezogen. Dir können sie nichts!, redete er sich ein.
Genau in dem Moment ließ John eine Bemerkung fallen, die den nächsten Panikschub in ihm auslöste. “Die Slips werden auch auf DNA-Spuren untersucht.”
Rays Finger krampften sich um die Flasche. “Auf DNA??”
Mit einer Papierserviette, die er aus dem Ständer genommen hatte, wischte John die Theke vor sich ab. “Pontiff hat die Slips zum zentralen Kriminallabor geschickt”, sagte er. “Möglicherweise finden die ja Spuren von Körperflüssigkeiten auf dem Gewebe.”
“Kann man die denn sehen?”, fragte Ray.
“Mit bloßem Auge natürlich nicht. Aber ansonsten – wer weiß?”
“Wenn die tatsächlich etwas finden und auf diese Weise den Fall aufklären, dann sollten wir die Produzenten von diesen Crime-Scene-Sendungen informieren”, rief Walt begeistert. “Dann kommen wir vielleicht selbst ins Fernsehen.”
Ray klingelten dermaßen die Ohren, dass er sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.
Körperflüssigkeiten …
na, davon hatte es reichlich gegeben, oder? Seine und die von Barker. “Aber die Slips, die haben doch in dem Baggerloch gelegen. Waren die denn nicht total durchnässt? Wären da Körperflüssigkeiten nicht längst rausgewaschen?”
“Pontiff meinte, die wären in ‘nem Plastikbeutel gewesen”, erklärte John, wobei er sich die nächste Ladung Erdnüsse genehmigte. “Luftdicht abgeschlossen.”
Walt winkte dem Barkeeper und bestellte sich noch ein Bier. “Grenzt an ein Wunder, dass die da drin nicht vergammelt sind.”
“Also, es gibt laut Radcliffe wohl schon einige Stockflecken”, meldete John. “Das zerstört die menschliche DNA aber nicht zwangsläufig. Pontiff glaubt, man kann das trotzdem noch heraustrennen.”
Ray wusste noch, wie penibel der Reverend mit den persönlichen Utensilien seiner Opfer umgegangen war. Er hatte sie regelrecht gebunkert, um dran zu lecken, zu riechen, sie zu betasten …
Schweißtropfen sickerten ihm durchs Haar und rannen ihm über die Schläfen. Vermutlich hatte er einen Laut ausgestoßen, denn John musterte ihn auf einmal ganz argwöhnisch. “Ist was mit dir, Ray?”
Wie benommen glitt Ray von seinem Barhocker und kramte etwas Kleingeld aus der Hosentasche. “Irgendwie ist mir ganz sch…windelig”, stammelte er. “Mir steckt sicher eine Grippe in den Knochen.” Er warf ohne nachzuzählen ein paar Dollarscheine auf den Tresen und taumelte zur Tür hinaus.
Die
Weitere Kostenlose Bücher