Totgeschwiegen (Bellosguardo)
hauchte er ihr ins Ohr und küsste sie dann wieder.
Wie lange sie sich engumschlungen, leidenschaftlich küssten, wusste Anna nicht. Irgendwann hörten sie in der Ferne viele Stimmen, was bedeutete, dass es elf Uhr sein musste und das Clubhaus schloss. Um viertel nach elf hatten alle Schüler wieder in ihren Häusern zu sein, sonst gab es Ärger mit den Hauseltern.
„Komm“, sagte Domenik , löste seine Arme von Anna und führte sie an der Hand aus dem entlegenen Waldstück auf den befestigten Weg zu den Schülerhäusern.
„Gibst du mir noch deine Handynummer?“ , fragte er, als sie schon fast an ihrem Haus angekommen waren.
„Natürlich“, murmelte Anna. Er tippte ihre Nummer in sein Handy und gab ihr noch einen letzten Kuss , bevor er sich zum Gehen wandte.
Sie sah ihm noch kurz nach und ging die letzten Schritte auf ihr Haus zu. Anna öffnete die schwere Haustür und ging ohne nach rechts und links zu sehen direkt auf ihr Zimmer zu. Ihr Mund fühlte sich vom vielen Küssen geschwollen an. Das sah man bestimmt.
Wie dur ch ein Wunder hing gerade keines der anderen Mädchen auf dem Flur rum. Hastig öffnete sie die Tür und musste unwillkürlich aufstöhnen, als sie so ziemlich ihre komplette Hausgemeinschaft zusammen mit Lara in ihrem Zimmer vorfand.
„Hey Anna“, grölten sie ihr auch schon im Chor entgegen.
„Na, wild geknutscht?“, schleuderte ihr auch schon Emma entgegen.
„Oh ja, das sieht man“, setzt e nun auch noch Claudia einen drauf.
„Hey, lasst mich einfach in Ruhe, OK!“ Anna drehte sich auf dem Absatz um und gi ng schnurstracks auf den Waschraum zu.
Im Waschraum war zum Glück nur Elisabeth, die sich gerade die Zähne putzte. Elisabeth war ein zurückhaltendes, eher schüchternes Mädchen und so murmelte sie auch nur ein genuscheltes „Hi“, als Anna sich an das Waschbecken gegenüber stellte und sich im Spiegel betrachtete.
Ja, sie sah wirklich leicht verquollen aus. Ihr Mund war rot und ihre Lippen geschwollen. Ihre Augen wirkten, als ob sie zu viel getrunken hätte, obwohl sie noch nicht mal das eine Bier ausgetrunken hatte.
Anna begann sich abzuschminken und die Zähne zu putzen.
Nach und nach füllte sich der Waschraum auch mit den anderen Mädchen.
Anna beeilte sich, fertigzuwerden. Sie schloss die Tür des Waschraums hinter sich und blieb kurz stehen. Jetzt würde das Getuschel gleich in vollem Gange sein.
„Der Hammer, oder? Wie lange geht das schon zwischen Anna und Domenik?“ , hörte sie Emma sagen.
„Bestimmt schon einige Zeit. Immerhin ist sie ja schon händchenhaltend mit ihm im Clubhaus erschienen.“ Das war der neugierigen Claudia also nicht entgangen.
„Meinst du , die haben es im Wald getrieben?“ Emma war jetzt ganz in ihrem Element.
„Nee, das hätte man an ihren Klamotten gesehen. Die waren bestimmt bei ihm auf dem Zimmer.“ Die gute Claudia konnte sich nicht vorstellen, dass man sich einfach nur stundenlang küsste.
Anna ging kopfschüttelnd in ihr Zimmer. Sollten die doch alle reden.
Lara saß auf ihrem Bett im Schneidersitz und sah Anna abwartend an.
„Und?“
„Was und?“ Anna machte sich in aller Seelenruhe daran, ihre Tagesdecke vom Bett zu nehmen und ganz langsam ihre Klamotten auszuziehen. Sie hatte nicht die geringste Lust, jetzt mit Lara jedes Detail des Abends durchzukauen. Nicht nachdem sie ihr gerade so ein Empfangskomitee beschert hatte.
„Jetzt erzähl schon. Du warst immerhin das Gesprächsthema im Clubhaus. Wehst da kurz mit Domenik an der Hand rein. Ihr holt euch ein Bier und verschwindet wieder und danach war t ihr nicht mehr gesehen. Der gute Max hat sich daraufhin so volllaufen lassen, dass er auf der Tanzfläche hingefallen ist und Herr Meier ihn ins Haus begleiten musste.“
„Aha.“
„Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“
„Doch, ich hatte keinen Sex im Wald und auch nicht in Domeniks Zimmer.“
„Gut zu wissen, Anna, immerhin kennst du ihn ja auch gar nicht. Oder ist mir da etwas entgangen?“
„Nein, ich lerne ihn gerade erst kennen. Und wenn du es genau wissen willst, er kann super küssen.“
„Das sieht man.“
„Ja, weiß ich. Und es ist mir egal , was die anderen denken oder sagen.“
„Das ist ja mal ganz was N eues. Wo du dich doch normalerweise nur höchst ungern zu einem Freund bekennst.“
„Ja. Stimmt.“
„Mann, Anna, sei doch nicht so einsilbig.“
„Lara, ich will jetzt nicht reden. Ich weiß auch nicht , was mir da heute Abend widerfahren ist. So etwas habe ich noch
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