Totgeschwiegen (Bellosguardo)
Jungs.“
„Das m öchte ich doch auch sehr hoffen“, sagte er auf einmal sehr ernst.
Sein Tonfall hatte etwas K altes bekommen. Anna sah ihn irritiert an.
Domenik schien die Verwirrung in Annas Augen bemerkt zu haben und wechselte das Thema.
„Willst du heute gar nicht ins Clubhaus gehen?“
„Nein, ich habe keine Lust.“
„Ach komm schon , Anna. Auf ein Bier.“
Sollte sie jetzt wirklich mit Domenik zusammen das Clubhaus betreten und sich mit ihm an der Bar ein Bier bestellen? Dann würden nicht nur Max und Lara denken, dass sich zwischen ihnen etwas anbahn te. In Windeseile würde sich das Gerücht durch die ganze Schule verbreiten. Wollte sie das?
„Was überlegst du , Anna? Willst du dich nicht mit mir zeigen?“
Konnte der Kerl Gedanken lesen? Nein, selbst er kannte die Spielregeln des Internats, auch wenn er erst seit ein paar Monaten hier war.
„OK, auf ein Bier, warum nicht.“ Anna war es auf einmal egal, was die anderen dachten. Dann sollten sie doch ihre Vermutungen anstellen. Domenik sah immerhin super aus und er war schon häufiger das Gesprächsthema zwischen den Mädchen ihres Hauses gewesen.
Anna griff sich ihren Pullover und ging auf die Tür zu. Domenik kam ihr zuvor, öffnete die Tür und ließ sie als erstes rausgehen.
Im Fl ur schnappte sie sich ihre noch nasse Regenjacke und gemeinsam machten sie sich schweigend auf in Richtung Clubhaus.
Das Clubhaus lag nur an die 200 Meter von Annas Haus entfernt. Überhaupt war das ganze Internat wie ein kleines Dorf konzipiert. In der Mitte stand ein altes großes Gutshaus, welches Unterrichtsräume der Mittelstufe und Oberstufe außer der Abschlussklasse beherbergte. Außerdem befand sich der Speisesaal in diesem Gebäude. Um das Gutshaus herum standen mehrere kleinere Häuser, in denen die Schüler wohnten. Das Clubhaus lag etwas abgelegener. Man musste ein kurzes Stück in den Wald hineingehen.
Der Waldweg war nur schwach erleuchtet und vom Regen komplett aufgeweicht. In der Ferne konnte Anna die Lichter des Clubhauses sehen und die Bässe der dröhnenden Musik waren auch schon dumpf zu hören.
Auf einmal rutschte Anna auf dem glitschigen Boden aus. Warum hatte sie auch nur ihr e Converse Turnschuhe angezogen? Sie strauchelte und griff instinktiv nach Domeniks Arm. Er fing sie gerade noch auf und plötzlich befand sie sich in seinen Armen. Sein Gesicht war ganz nah. Trotz der Nähe konnte sie seinen Gesichtsausdruck in der Dunkelheit nicht richtig erkennen. Er nahm sie jetzt ein wenig fester in den Arm und auf einmal spürte sie seine Lippen auf den ihren. Sein Kuss war wie ein Stromschlag, der durch ihren ganzen Körper fuhr. Sie öffnete ihren Mund und erwiderte seinen Kuss. Er küsste sie immer leidenschaftlicher. Anna war, als ob ihr schwindelig werden würde. Noch nie hatte sie ein Junge so geküsst. Ihr ganzer Körper stand unter Strom.
Vom Clubhaus her hörten sie Stimmen. Abrupt lösten sie sich voneinander. Hatte sie jemand gesehen?
Verlegen ging sie neben ihm her auf das Clubhaus zu. Zwei Jungs aus Domeniks Clique standen davor. Sie kramten gerade in ihren Taschen nach Zigaretten, die sie gleich, obwohl natürlich verboten, weiter hinten im Wald rauchen würden.
„Hey Domenik, wir haben dich schon vermisst . Kommst du mit eine rauchen?“, fragte einer der beiden.
„Jo nathan, ich glaube Domenik hat gerade keine Zeit dafür“, warf der andere grinsend ein.
Anna merkte wieder , wie sie rot anlief. Hoffentlich bemerkten das Domeniks Freunde nicht. Ein Glück war es hier vor dem Clubhaus ziemlich dunkel.
„Ich hole mir erst mal ein Bier, komme dann nach“, erwiderte Domenik cool, griff nach Annas Hand und zog sie wie selbstverständlich hinter sich her in das laute , dampfig heiße Clubhaus.
Anna wuss te beim besten Willen nicht, ob sie ihre Hand jetzt aus seiner lösen sollte. Wenn sie ihn gewähren ließ, erübrigten sich die Gerüchte und sie waren offiziell ein Paar. Aber sie waren doch noch kein Paar. Sie hatten sich eben gerade zum ersten Mal geküsst und mehr nicht. Sie kannte Domenik überhaupt nicht. Normalerweise ließ sie Wochen verstreichen, bis sie sich zu einer Beziehung in der Öffentlichkeit bekannte oder es sich, wie in Max Fall, eben doch anders überlegte.
Domeniks Hand fühlte sich so warm an. Und ein ganz merkwürdiges, schönes Gefühl strahlte dieses Händchenhalten aus. Eigentlich wollte sie seine Hand gar nicht loslassen.
Aber was , wenn es für ihn nur ein Spiel war? Wenn er damit
Weitere Kostenlose Bücher