Totgeschwiegen (Bellosguardo)
lediglich von dir erwartet, dass du das respektierst.“ Sein Ton war kalt und scharf. Die Haustür fiel hinter ihm knallend ins Schloss. Auf einmal war es im Haus ganz still. Isabelle setzte sich zitternd auf einen der Esszimmerstühle und ließ ihren Kopf in die Hände fallen.
Hinter sich hörte sie Schritte und dann spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
„Mama, es tut mir so leid, dass ich es Anna erzählt habe.“
„Ach, Constantin, mir tut es leid, dass du das eben gerade mit anhören musstest“, sagte Isabelle müde.
„Der kann ja ganz schön wütend werden.“
„Ja, in der Tat. Diese Seite kannte ich bis eben auch noch nicht.“
„Der beruhigt sich schon wieder und Anna auch. Sie ist, soweit ich sie kennengelernt habe, echt in Or dnung. Sie fühlt sich nur hintergangen. Würde mir an ihrer Stelle genauso gehen.“
„Ich h offe, dass du recht hast, mein Lieber.“ Zärtlich strich Isabelle eine Strähne aus Constantins Gesicht.
„Aber klar doch , Mama. Mach dir keine Sorgen.“
Manchmal kam es Isabelle so vor, als ob ihr Sohn sie beschützen würde und nicht umgekehrt. Seine zuversichtliche Art hatte etwas Beruhigendes.
Sie war so froh, dass ihre Mutter diesen Streit nicht mitbekommen hatte. N achdem sie sich bei ihr entschuldigt hatte und sie gebeten hatte, doch über Weihnachten zu bleiben, hatte sich wenigstens dieses Verhältnis wieder entspannt.
Ihre Mutter war allerdings, wie geplant , kurz vor Weihnachten nach Hamburg zurückgeflogen.
„Ich werde euch zwar vermissen, aber ich denke, das ist schon richtig so, dass ihr erst mal unter euch seid. Ich hoffe, dass ich Anna und auch ihre Schwester Maya bald mal kennenlernen werde. Ich war, was deine Beziehung zu Alexander betrifft , zu abweisend und das tut mir leid.“
Es war so schön gewesen , diese versöhnlichen Worte aus dem Mund ihrer Mutter zu hören. Nie hätte sie Weihnachten genießen können, wenn sie mit ihr im Streit auseinandergegangen wäre. Dazu war sie viel zu harmoniebedürftig.
Und nun, wo sie dachte, alles würde gut werden, schr ie sie ihr Mann so an.
Was würde wohl noch alles kommen?
13
„Wie konntest du nur, Papa! Wie konntest du mich nur so belügen?“ Anna keifte ihren Vater mit wutverzerrtem Gesicht an. Dabei zitterte sie vor Kälte. Sie war seit über einer Stunde durch den Olivenhain gelaufen und hatte sich nicht ins Haus getraut. Zum einen, weil sie Angst hatte, bei dem Anblick der Veränderungen vor Isabelle in Tränen auszubrechen und zum anderen, weil sie sich nun mal wie eine Außenseiterin unter diesen Leuten fühlte. In der Zeit des Wartens auf ihren Vater, hatte sich ihre Wut immer mehr angestaut.
„Mäuschen, ich wollte dich nie anlügen. Ich wollte nur ...“ Ihr Vater stammelte vor sich hin.
„Was wo lltest du? Mir unterm Weihnachtsbaum die frohe Botschaft verkünden, dass du heimlich eine fremde Frau geheiratet hast?“, zischte ihm Anna entgegen.
„Isabelle ist eine wunderbare Frau. Wenn du sie besser kenne nlernst, wirst du verstehen, warum ich das getan habe.“ Alexander sah seine Tochter flehend an.
„Warum hast du Maya und mich nicht zur Hochzeit eingeladen? Sind wir jetzt nicht mehr eine Familie?“
„Aber natürlich sind wir das, Mäuschen. Isabelle und ich haben in aller Stille geheiratet. Es gab keine Hochzeitsfeier.“ Er versuchte, nach ihrem Arm zu greifen. Anna wich einen Schritt zurück.
„Aber ihr Sohn hat es gewusst und ihre Tochter nennt dich Papa.“ Sie sah ihren Vater kalt und abschätzend an.
„Sophia hat keinen Vater ...“
Anna wedelte ungeduldig mit ihrer Hand und fiel ihm ins Wort. „Das hat mir Constantin schon erzählt. Kannst du mir mal sagen, was das für eine Frau sein soll, die den Vater ihres Kindes geheim hält?“
„Das ist komplizie rt. Isabelle hat mir alles darüber erzählt.“
„Du weißt also , wer Sophias Vater ist?“
„Nein, aber das ist auch nicht wichtig. Ich bin jetzt für Sophia da. Genauso wie für dich und Maya.“
„Wann warst du in den letzten Jahren für mich und Maya da, Papa?“
„Anna, es tut mir so leid. Ich habe mit euch viele Fehler gemacht. Nach dem Tod eurer Mutter war ich nicht mehr ich selbst. Aber ich mache es wieder gut. Wir werden wieder eine richtige Familie sein – mit Isabelle und Sophia. Und natürlich auch mit Constantin.“
„Und was ist mit Mama? Liebst du sie nicht mehr?“
„Ich werde deine Mutter immer lieben. Aber wir müssen nach vorne sehen. Wir müssen wieder ein
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