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Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Titel: Totgeschwiegen (Bellosguardo) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Reiter
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Mayas altes Zimmer führen.
    Ein rosa und weißer Mädchentraum schlug ihr entgegen. So ein Zimmer hätte sie als kleines Mädchen auch gerne gehabt.
    „Wo schläft dann Maya , wenn sie kommt?“, fragte sie an ihren Vater gewandt.
    „In dem Gästezimmer dort hinten. Jetzt schläft da Constantin. Komm, ich zeige es dir.“
    Auch dieses Zimmer war geschmackvoll eingerichtet. Das alte klapprige Gästebett war durch ein schönes neues ersetzt worden. Die weiße Überdecke hob sich strahlend von dem dunklen Terracottaboden ab. Das Zimmer war früher immer eher dunkel gewesen, aber nun hatte es, durch den neuen weißen Schrank und dem dazu passenden Regal, etwas Freundliches bekommen.
    „Willst du auch unser Schlafzimmer sehen?“ Sie sah wie ihr Vater etwas verlegen wurde. Wollte sie das alte Schlafzimmer ihres Vater und ihrer Mutter sehen, welches nun durch eine andere Frau in Besitz genommen worden war? Sie war sich nicht sicher.
    „Später vielleicht . Erst mal will ich jetzt in mein Zimmer.“
    Alexander öffnete die Tür und Anna ging einen Schritt in ihr Zimmer hinein. Hier hatte sich tatsächlich nichts verändert. Das alte Bett mit dem Eisengestell stand nach wie vor an seinem Platz. Von der Kommode blätterte der Lack ab und der Schrank sah so oll wie eh und je aus.
    Anna wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, dass sie ihr Zimmer so belassen hatten. Gegen die ande ren Zimmer wirkte es alt und schäbig.
    Regungslos blieb sie mitten im Raum stehen und ließ die Schultern hängen.
    „Mäuschen, ist alles in Ordnung?“
    „Ja, sicher, Papa. “
    „In den zwei Kisten dort neben dem Schrank sind die Sommersachen von Mama. Isabelle dachte, dass du sie vielleicht haben möchtest. Ich war mir nicht sicher, aber Isabelle fand , du solltest sie dir mal ansehen, vielleicht passt dir etwas davon.“
    Anna nickte stumm und ging auf die zwei großen Umzugskisten zu.
    „Ich gehe mal runter und helfe bei der Vorbereitung des Abendessens“, sagte ihr Vater und ließ sie allein.
    Anna beugte si ch über eine der Kisten und öffnete sie vorsichtig. Ganz oben lagen mehrere Paare bunter Flip Flops.
    Ihre Mutter hatte im Sommer nichts anderes als diese Latschen getragen. Sie hatte sie in allen erdenklichen Farben besessen. Und auf einmal war sie wieder da, die Erinnerung an den letzten Sommer mit ihrer Mutter.
     
    Ihre Mutter war mit Maya und ihr wie immer in den Sommerferien hier in dem Haus gewesen ...
    Es war ein heißer Sommer. Maya und sie verbrachten die Tage fast ausschließlich im Pool. Ein paar Mal machten sie Tagesausflüge ans Meer, aber gegen Ende der Ferien wurden die immer seltener. Ihre Mutter war in diesem Sommer unüblich schweigsam. Häufig saß sie auf einer Bank im Garten und starrte in die Weite der toskanischen Hügel. Sie rauchte auffällig viel und ab Nachmittags trank sie das erste Glas Wein.
    „Weißt du , was mit Mama los ist? Ich finde sie trinkt und raucht ganz schön viel“, fragte Anna ihre Schwester. Maya sah sie nur verständnislos an und erwiderte:
    „Mama ist im Urlaub und entspannt sich halt. Da kann man ja mal ein paar Gläser Wein trinken, auf der Bank sitzen und nichts tun.“
    Aber Anna ließ das Gefühl nicht los, dass ihre Mutter etwas bedrückte.
    Sie sah so traurig aus. Vielleicht fühlte sie sich trotz ihrer und Mayas Anwesenheit allein. Ihr Vater war immerhin kaum da. Nur zwei Wochen hatte er sich insgesamt Urlaub genommen. Und die Zeit, die er mit ihnen dort verbrachte, war anders als sonst.
    Ein paar Mal hörte sie, wie ihre Eltern miteinander stritten. Worum es dabei genau ging, konnte sie nicht verstehen. Wenn es zu Diskussionen kam, schlossen die beiden umgehend die Türen oder entfernten sich gemeinsam in den Olivenhain. Ihre Mutter erhob ein paar Mal die Stimme, was ungewöhnlich war. Normalerweise war es immer ihr Vater, der schon mal laut und aufbrausend werden konnte. Aber einen richtigen Krach schienen sie nicht zu haben. Dafür gingen sie viel zu liebevoll miteinander um. Ihr Vater nahm ihre Mutter ständig in den Arm und sie küssten sich am laufenden Band.
    Eines Abends bemerkte Maya kopfschüttelnd beim Abendessen:
    „Ihr benehmt auch schlimmer als Teenager. Ich küsse meinen Freund nicht so häufig.“
    Als ihr Vater dann abreiste, saß ihre Mutter wieder stundenlang auf der Bank im Garten und trank ihren Weißwein.
    Alles in allem war es ein sehr merkwürdiger Sommer ...
     
    Das Summen der eingehenden WhatsApp Nachricht riss sie aus ihren Gedanken. Jetzt

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