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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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verlieren. Zeitgleich mit der EU, Innovationen im Elektronikbereich und dem
Internet haben in Österreich auch Zensur, Überwachung und Gehirnwäsche das
Licht der Welt erblickt.“
    Katja öffnet den
Knoten in ihrem Nacken, lehnt sich zurück und lässt ihr Haar über den Boden
gleiten. Dann fasst sie es über ihrem Kopf zu einem Schweif zusammen, hält ihn
sich dicht vor die Augen und zupft die Staubkörner und den Lurch heraus, die
sie aufgefegt hat. Durch ihre Mähne hindurch fragt sie: „Und das weißt du, weil
…?“ - „All diese Theorien stammen vom Joker. Er hat die letzten zwei Jahrzehnte
damit verbracht, Getreue um sich zu scharen, die recherchieren, alle möglichen
Hinweise sammeln und diese aufbereiten, damit er Zeit zum Denken hat. Und er
hat echt viel nachgedacht. Alles zehnmal hinterfragt, geprüft, beurteilt. Ich
bin mir sicher, dass das, was er letztendlich für wahr befunden hat, auch
tatsächlich wahr ist.“ Jo überlegt einen Moment, schnippt mit den Fingern und
sagt: „Warte kurz, ich zeig dir was! Wenn ich´s find. Jaja, irgendwo da muss es
sein!“ Während Jo in den Laden seines Schreibtisches kramt, erklärt er: „Ich hab
einen seiner ersten Einträge. Also, eine Abschrift halt. Im Inneren Kreis gelten die als Heilige Schrift. Das Evangelium nach Joker quasi. Ah, da ist sie
ja!“
     
    Aut nihil
    Brüder, die ihr da draußen umherirrt auf
der Suche nach Antworten – tretet ein in meine Welt. Aber seid gewarnt. Es ist die
Welt der Wahrheit. Und so rein sie ist, so hässlich ist sie.
    14. November:
     Seid ein weiteres Mal willkommen! Ich habe einige Erkenntnisse
gewonnen, die euch erschüttern werden. Man kann mir Undankbarkeit vorwerfen.
Ignoranz. Anarchie. Aber das ändert nichts an den Tatsachen: Die Menschen da
draußen leben eine Lüge! Jeder einzelne Österreicher führt ein Dasein außerhalb
des Normalen. Des Wahrscheinlichen! Ja, außerhalb des Möglichen!
    „Wieso?“, fragt ihr. „Was ist so unmöglich an dieser Existenz? Was
so falsch an diesem Leben?“
    Ich werde es euch sagen: Sie leben in einem System, das nicht
funktionieren kann! Weil es perfekt ist. Und Perfektion ist Lähmung. Sie sind
gelähmt – sie alle! Und blind obendrein. Gleich dem geblendeten Polyphem tasten
sie auf dem Schafrücken herum, während sich der listige Feind unter dem Bauch
verbirgt und so dem Urteil zu entgehen vermag. Doch kein glühender Pflock hat ihnen
das Augenlicht und damit den Verstand verdorben, sondern ihr makelloses Leben!
    Denn sie leben in großem Wohlstand – gleich, welchem Beruf sie
nachgehen. Würde man ihr Einkommen um die Hälfte reduzieren, so wären sie –
gleich ob Straßenkehrer, Lehrer oder Anwalt – immer noch in der Lage, ihr Leben
zufrieden weiterzuführen. Meint es das Schicksal doch einmal schlecht mit ihnen
und verlieren sie ihre Arbeit, so haben sie nach längstens drei Wochen eine
neue Beschäftigung.
    Habt ihr gewusst, dass die Arbeitslosenrate in Österreich bei 0,5 %
liegt - und das in einem wirklich schlechten Monat? Dass es in diesem Land
keinen einzigen Obdachlosen gibt? Dass die meisten Österreicher nicht einmal
wissen, was diese Worte überhaupt bedeuten? Habt ihr gewusst, dass jedem Einwohner durchschnittlich 20.000 m² Fläche zur
Verfügung stehen? Dass für ein Monatseinkommen unter 50.000 Schilling netto
nicht einmal ein Supermarktverkäufer aus seinem Bett steigt? Dass die Steuern
niedriger sind als das monatliche Taschengeld eines Zehnjährigen? Armut, Not
und Krieg kennen die meisten unserer Mitbürger bestenfalls aus dem Fernsehen!
      „Und
das ist so verwerflich?“, fragt ihr. „Nein“, sage ich. „Aber unmöglich.“
    Ich habe Erkundigungen eingezogen. Unter großen Gefahren Kontakt mit
Menschen jenseits der Grenzen aufgenommen. Und ich kann euch eines sagen: Kein
Staat hat irgendwann einmal oder wird jemals so existieren können, wie dieses
Land es seit mehr als 50 Jahren tut! Das kann es einfach nicht geben! Selbst im
durchdachtesten System gibt es jene, die am Rand stehen. Oder noch weiter
draußen. Nun – vielleicht gibt es die bei uns ja auch. Aber dann hat sich
irgendjemand sehr viel Mühe gegeben, sie zu verstecken. Wir leben im
Schlaraffenland. Nur, dass uns statt Hendln Illusionen um die Ohren fliegen und
uns den Verstand vernebeln! Ich kann Österreich nicht mehr ruhigen Gewissens
als meine Heimat bezeichnen.
    Verzeiht mir, Brüder, ich muss meinen Eintrag nun beenden – es gibt
Pflichten, die mich

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