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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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gekippt und regungslos liegen geblieben.
    Die Sanitäter haben sich erst geweigert, den alten
Mann zu versorgen. Herzanfall schön und gut, aber diese bizarre Hautstruktur
müsse ansteckend sein und damit wolle keiner was zu tun haben. Es hat Anna ihre
ganze Überredungskunst und Bernd einen Scheck über 30.000 Schilling gekostet,
bis sie Max schließlich mitgenommen und in einem abgeschiedenen Zimmer im
Krankenhaus Waidhofen untergebracht haben. Stundenlang haben die beiden am
Krankenbett gewacht, dann hat der Chefarzt Entwarnung gegeben – eine
Verdauungsstörung sei das gewesen. Also nichts, was nicht mit ein paar
Tabletten und einem kolossalen Furz zu kurieren wäre. Freudig hat er die
Erleichterung des jungen Paares wahrgenommen. Und gefragt, ob er Max wohl
einige Tage für eingehende Untersuchungen behalten dürfe. Das gierige Glitzern
in seinen Augen hat jedoch verraten, dass nicht medizinische Erkenntnisse,
sondern ein bedeutender Forschungspreis der Grund seiner Frage gewesen ist. Und
dass die besagten eingehenden Untersuchungen unter Verwendung zahlreicher
scharfer und spitzer Geräte, dafür aber ohne Betäubung und aus praktischen
Gründen gleich in der Leichenhalle stattfinden würden.
    Mag ja sein,
dass Max ein Unikat ist. Aber das geht nun doch ein bisschen zu weit. Ehe Anna
zu einem längeren Vortrag über Menschenrechte und die Wichtigkeit eines
vertraulichen Arzt-Patienten-Verhältnisses hat ausholen können, hat Bernd den
Mediziner mit einem gezielten Kinnhaken zu Boden geschickt. Dann ist er mit Max
an der einen und Anna an der anderen Hand durch den Lieferanteneingang
gestürmt. Auf dem Weg nach draußen hat er noch ein paar Sachen mitgehen lassen.
Wie Bernd das ohne freie Hand gemacht hat, wird wohl nie geklärt werden. Aber
es beweist wieder mal, dass manche Leute in Notsituationen übermenschliche
Kräfte entwickeln.
    Unter der Motorhaube qualmt es bedenklich hervor, als
Bernd das Auto unweit des Lainzer Krankenhauses einparkt. Das macht er
absichtlich. Der Motor, nicht Bernd. Im Gegensatz zu Menschen entwickeln
Sportwagen in Ausnahmesituationen keine übernatürlichen Fähigkeiten. Und in
einen Zweisitzer passen nun mal nicht mehr als zwei Personen hinein. Sowohl
Anna als auch Max haben sich geweigert, in den Kofferraum zu klettern. Also
sind sie in das einzige legal verfügbare Fahrzeug im Umkreis von 100 Kilometern
eingestiegen. Der Käfer hat 30 beschauliche Jahre in Großpapas Garage verbracht
und dementsprechend entrüstet aufgejault, als der junge Heißsporn ihn eiskalt
von Null auf Hundert gejagt hat. Um seinen Standpunkt deutlich zu machen, hat
der Wagen zusätzlich bei jeder Wegbiegung bedrohlich mit dem rechten Hinterrad
gewackelt und seine Bremsen nur nach Gutdünken zur Verfügung gestellt.
Ortskundige wissen, dass die Gegend ausgesprochen viele Kurven aufweist und die
einzige Möglichkeit zum Anhalten ein verwunschener Felsen in der Blockheide
ist. Bernd heißt nicht gut, dass der Import von Informationen und Waren aus dem
Ausland so streng geregelt ist. Aber was Autos aus den Nachbarstaaten betrifft,
würde er spätestens jetzt jedes Embargo unterstützen.
    Mit zitternden
Knien klettert Anna aus dem Wagen. Sie atmet auf, als sie festen Boden unter
ihren Füßen spürt. „Und was jetzt? Wie sollen wir uns auf dem Gelände umsehen,
ohne dass es auffällt? Die lassen uns doch sicher nicht einfach so
herumschnüffeln! Vor allem mit ihm im Schlepptau“, fragt Anna mit einem Nicken
Richtung Max, der noch immer auf dem Rücksitz kauert und wie ein Baby schläft.
Mit einem Grinsen zieht Bernd einen Arztkittel, ein Stethoskop,
Verbandsmaterial und ein grau-weißes Stoffbündel aus dem Kofferraum. „Das hab
ich auf dem Weg aus dem Krankenhaus mitgehen lassen. Schau nicht so. Ich hab
auch meine hellen Momente!“
    „Fertig!“ Bernd betrachtet sein Werk. „Wenn jemand
fragt: Er ist ein Verbrennungsopfer.“ Nicht ein Zentimeter Haut ist mehr von
Max zu sehen. Sowohl die Hände als auch der Kopf sind vollständig mit
Mullbinden umwickelt. Mangels geeigneter Befestigungsmittel hat Bernd die losen
Enden der Bandagen zu riesigen Schleifen gebunden. Der Rest von Max´ Körper ist
von einem blau-weiß geblümten Krankenhauspyjama bedeckt, die Füße stecken in
Stützstrümpfen und karierten Filzschlapfen. Augen und Mund hat Bernd
freigelassen. Aber gerade mal so weit, dass höchstens eingeschränktes Schielen
und bestenfalls gedämpftes Nuscheln möglich sind.
    Max sieht aus wie die Mensch

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