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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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gestiegen sind, tut er das. Bernd summt gerne, wenn er sich
nicht wohlfühlt. Und gerade eben hat er ein äußerst ungutes Gefühl. An den mit
dunklem Holz getäfelten Wänden hängen Aufnahmen des Krankenhauses aus grauer
Vorzeit. Sie zeigen einzelne Pavillons und deren jeweilige Belegschaft. Selbst
bei genauerer Betrachtung kann man nicht sagen, ob die Mauern oder die Menschen
trostloser wirken. Nicht unbedingt ein Ort, der schnelle Genesung verspricht.
Bernd sieht sich um und summt etwas lauter. Anna hat recht gehabt. Der Keller
ist wirklich nicht besonders groß. Aber er ist außerordentlich leer. Max ist
nicht hier. Im Schein der kleinen Deckenlampe tastet Anna sich an den Wänden
entlang, als würde sie Max zwischen den Holzbrettern vermuten. Plötzlich bleibt
sie stehen. Ihre rechte Hand liegt auf einem unscheinbaren Messingknauf.
    „Langweilig. Fantasielos. Wie in einem billigen
Detektivroman. Wenn die hier wirklich etwas verbergen wollen, dann sind sie
echt schleißig mit den Sicherheitsvorkehrungen.“ Mit einer raschen Bewegung
dreht Anna den Knopf nach links. Ein Klicken und das leise Quietschen eines
schlecht geölten Scharniers beweisen, dass sie ein Glückskind ist. Andere Leute
ziehen sich bei solchen Gelegenheiten höchstens einen Schiefer ein.
    Ehe Bernd seine
Freundin aufhalten kann, ist sie schon durch den Spalt geschlüpft, der sich in
der Holzwand aufgetan hat. Seufzend folgt er ihr in einen langen Gang. Der Flur
ist nur schwach beleuchtet. Aber man kann erkennen, dass er mehrere
Abzweigungen hat, die ein wahres Labyrinth erahnen lassen. Die Wände sind mit
Ziegeln verkleidet, der Boden ist sogar gefliest. Für ein vermutlich
weitläufiges, sehr altes Kellersystem herrscht erstaunlich gute Luft. Man wähnt
sich zwar nicht gerade auf einer blühenden Wiese, aber im Turnsaal einer
Volksschule riecht es schlimmer. Rasch holt Bernd Anna ein, die mit
zusammengekniffenen Lippen hinter jede Ecke blickt - darauf gefasst, dass ein
verwirrter Opa oder ein wahnsinniger Bösewicht hervorspringt und sie in
unbekannte Tiefen verschleppen.
    „Liebling, ich
denke nicht, dass Max hier ist. Wie hätte er denn hier herunter gelangen
sollen?“ Statt einer Antwort hält Anna Bernd ein rot-braun kariertes Etwas vor
die Nase. Es ist einer der Patschen, die Max getragen hat. „Respekt. Für einen
Ex-Süchti hat er echt was drauf!“ Das sagt Bernd nicht laut. Er ist weder
lebensmüde noch hat er Lust, wieder Junggeselle zu sein. Und nach allem, was
sie bisher erlebt haben, ist es vielleicht gar nicht so unwahrscheinlich, dass
Max irgendwo in diesem Keller ist.
    Gemeinsam kehren sie in den Gang zurück, in dem Anna
den Hausschuh gefunden hat. Er ist wie die anderen leidlich beleuchtet, die
Elektrik wirkt allerdings modern und scheint regelmäßig gewartet zu werden.
Vorsichtig tasten sich die beiden vorwärts. Bernd geht dicht hinter Anna, da
sie ihm mit einer eindeutigen Handbewegung klar gemacht hat, wer ab jetzt das
Sagen bei dieser Mission hat. Dass sie seine Hand sehr fest hält, zeigt, dass
sie mit ihrer Führungsrolle noch nicht ganz zurechtkommt. Verständlich. Sie ist
auf der Suche nach einem verschwundenen Opa und zwei entführten Freunden,
deshalb sehr aufgewühlt und bei aller Beherztheit doch nur eine junge Frau,
deren größte Aufregung bis vor Kurzem darin bestanden hat, dass die Putzfrau
die alphabetische Ordnung ihrer Bücher durcheinandergebracht hat.
    Anna hat das Glück und die Fähigkeit, das Leben von
der sonnigen Seite betrachten zu können. In ihren Augen ist nichts so schlimm,
dass es sich nicht mit einem Lachen und einem guten Glas Wein in Luft auflösen
lässt. Tauchen doch mal dunklere Wolken auf, dann verjagt sie diese mit einem
kurzen, aber heftigen Aufbrausen und macht dann weiter, als wäre nichts
gewesen. Anna kann schnell vergessen und noch schneller verzeihen. Aber wenn es
um Dinge geht, die ihr wirklich wichtig sind, legt sie eine Hartnäckigkeit und
Ausdauer an den Tag, die manchmal schon fast beängstigend ist. Die Kombination
aus all dem ist es, die Bernd so an ihr liebt. Also wird er sie beschützen, was
auch immer kommen mag.
    Nicht, dass es
irgendein Anzeichen dafür gäbe, dass Heldenmut gegenwärtig notwendig wäre.
Außer seinem eigenen Summen kann Bernd kein ungewöhnliches oder gar
menschliches Geräusch hören. Über ihren Köpfen tropft ein Wasserrohr monoton
vor sich hin. Durch einen Lüftungsschacht hat sich kühler Nachtwind
eingeschlichen und dreht seine Runden in

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