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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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den unterirdischen Gängen. Und das
Licht, das in einiger Entfernung durch eine halb offene Tür schimmert, hat auch
nichts Gefährliches an sich. „Wir haben Wasser, Luft und Licht. Was braucht man
mehr?“, überlegt Bernd, als Anna plötzlich stehen bleibt und fest seine Hand
drückt. Jetzt hört Bernd es auch. In dem Raum vor ihnen ist jemand. Oder das
Glas, das dort drinnen zersplittert, tut dies aus reiner Verzweiflung am Leben
von sich aus. Mit einer energischen Bewegung zieht Anna Bernd vor sich und
schiebt ihn auf die Tür zu. Jetzt ist also der Moment gekommen. Die holde Maid
besteht auf Edelmut und Aufopferung im Geiste wahrer Ritterlichkeit.
    Bernd versucht sich ins Gedächtnis zu rufen, was er
vor Jahren in der Schnupperstunde für Selbstverteidigung gelernt hat.
Bruchstückhaft erinnert er sich an blitzblaue, nach Schweiß stinkende
Trainingsanzüge und völlig überzogene Preisvorstellungen für einen Zehnerblock.
Und an den Kochkurs, der im Nebenraum stattgefunden und für den er sich neben
der deutlich günstigeren Konditionen vor allem wegen der bezaubernden Lehrerin
entschieden hat. Dass er Schnee aus fünf Eiern mit der Hand schlagen kann, hat
ihm in einsamen Nächten genutzt, bringt ihm jetzt allerdings keinen
entscheidenden Vorteil. Wer ist eigentlich auf die Schnapsidee gekommen, in ein
fremdes Gebäude einzudringen, um sich bei der Befreiung der entführten Freunde
einem vermutlich hundertköpfigen Heer von Gegnern zu stellen - und das gänzlich
ohne Bewaffnung?
    Aber es hilft
nichts. Wenn sie Katja, Jo und jetzt auch noch einen abenteuerlustigen Opa
finden wollen, müssen sie jeder erdenklichen Spur nachgehen. Viel haben sie
nicht. Ein paar Hinweise aus dem nationalen und globalen Netz, die alten
Zeitungsartikel von Max und nur bedingt nachvollziehbare Anweisungen von Katja
und Jo. Ziemlich dünn, aber besser als nichts. Irgendwo müssen sie schließlich
anfangen, wenn sie sich nicht neue Freunde suchen und Sophie erklären wollen,
dass ihr Vater herrenlos in Wien herumirrt und vielleicht schon steckbrieflich
gesucht wird. Einen kurzen Moment schließt Bernd die Augen und atmet tief
durch. Dann stößt er die Tür auf.
    Max ist nicht hier. Niemand ist hier. Irgendwie ist
Bernd nicht überrascht. In letzter Zeit verschwinden die Leute so schnell und
spurlos, dass man einen sportlichen Wettkampf daraus machen könnte. Dennoch
muss eben noch jemand hier gewesen sein. Eine große Scherbe des Glases, das
vorhin deutlich hörbar zu Bruch gegangen ist, wackelt am Boden noch immer ein
wenig vor sich hin. Anna hebt das Bruchstück vorsichtig auf und hält es gegen
das Licht. Es schimmert grünlich und riecht etwas streng. Als wäre darin
irgendetwas verschimmelt.
    „Das muss zu einem Reagenzglas gehört haben, so wie
es geformt ist.“ Diese Überlegung macht Sinn. Vor allem, wenn man den Ort in
seiner Ganzheit auf sich wirken lässt. Tische mit Mikroskopen, verschiedenen
Behältnissen und Kanistern darauf säumen den Raum. In einem Eck sind zwischen
zwei massiven Aktenschränken kleine Käfige übereinander gestapelt. An den
Wänden hängen Regale, auf denen Eprouvetten, Gasbrenner und diverses anderes
Laborzubehör untergebracht sind. Ziemlich verstaubt zwar, und zum Teil auch mit
Patina überzogen, aber offensichtlich einst für chemische Experimente in
Verwendung. Den Mittelpunkt bildet ein Metalltisch, groß genug, um einen
erwachsenen Menschen mehr oder weniger bequem Platz zu bieten. Die
Wasserleitung und der Abfluss auf einer Seite des Tisches lassen jedoch Zweifel
an der tatsächlichen Behaglichkeit aufkommen. Dieser Ort ist eindeutig ein Laboratorium.
Aber geforscht hat hier schon sehr lange niemand mehr.
    „Die sollten die
Putzfrau feuern“, stellt Bernd fest, während er seinen Blick durch den Raum
schweifen lässt. Tatsächlich hat man den Eindruck, dass der Ort zwar hin und
wieder betreten und sogar ein wenig in Schuss gehalten wird. Dennoch wirkt er
irgendwie unaufgeräumt. „Fast wie ein Schauraum in einem Museum. Als würden sie
hier dreimal im Jahr Studenten durchjagen, um ihnen zu erklären, wie Medizin
vor 100 Jahren funktioniert hat. In einem möglichst authentischen Rahmen“,
meint Anna und starrt auf einen der zahlreichen dunklen Flecken auf dem Boden.
„Das da sieht aus wie getrocknetes Blut. Wir sollten uns wenigstens kurz
umsehen, vielleicht finden wir hier einen Hinweis.“
    Unter Anwendung leichter Gewalt gelingt es Bernd,
einen der Schränke zu öffnen.

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