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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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es auf einen Versuch ankommen zu lassen und nickt andächtig. „Um
unser Leben zu bitten hat wohl wenig Sinn. Aber lassen Sie uns zumindest nicht
dumm sterben. Warum das alles? Und wie?“
    Interessant. Die meisten betteln um ihr Leben oder
eine letzte Zigarette. Andere wiederum erflehen eine Waffe, um sich selbst
richten zu können. Bei einer der letzten Fütterungen hat eine junge Frau darauf
bestanden, ihre Lippen nachschminken zu dürfen, ehe sie in den Käfig geschickt
wird. Seltsamerweise hat sich bisher noch niemand um das Warum geschert. Zum
Wie wären sie dann ohnehin nicht mehr gekommen. Dabei steckt so viel Arbeit
dahinter, die unbedankt bleibt. Gut, das ist Teil – nein – Basis des Systems.
Andrerseits: Das Wissen ums Warum wird ohnehin vom Wie verschlungen. Es bleibt
sozusagen in der Familie. Weshalb also nicht?
    Janus lehnt sich
zurück, schließt seine Augen und lächelt stolz. Wie jemand, dessen Genie
jahrelang verkannt und auch von der Handvoll Eingeweihten nie richtig geschätzt
worden ist. Und der nun endlich der Welt sein eigentlich unbezahlbares Talent
präsentieren darf. Schade nur, dass diese Welt aus fünf Todeskandidaten
besteht.
    „Begonnen hat alles mit meinem Vater, Georg Romero.
Der ist vor mehr als 65 Jahren Teil einer staatlich finanzierten Gruppe von
Wissenschaftlern gewesen, die in den Kriegsjahren in einem Labor direkt unter
uns an verschiedenen Experimenten gearbeitet hat. Jaja, diese Keller da unten
sind uralt und weit verzweigt. Die unmittelbare Nähe zum Krankenhaus und das
riesige Areal haben die Arbeit und das Verstecken wesentlich erleichtert.“
    Janus hält in seiner Erzählung inne und nimmt einen
großen Schluck Wasser. Seine Hand zittert, als er das Glas zurück auf den Tisch
stellt. Schweigend starrt er auf den nassen Fleck, den das verschüttete Wasser
dort hinterlässt. Dann beutelt er seinen Kopf, als müsste er einen unangenehmen
Gedanken verjagen. Lebhaft, fast aufgekratzt spricht er weiter.
    „In den letzten
Tagen des Krieges ist mein Vater dann einem Gemetzel jenseits jeder Vorstellung
entkommen. Ursache dieses Blutbades ist ein etwas zu gelungener Versuch
gewesen, kranke oder verletzte Menschen schnell und nachhaltig zu kurieren. Das
Ergebnis des nur zufällig entdeckten Heilmittels und das damit verbundene
Experiment am lebenden Objekt hat jedoch die Erwartungen vor allem hinsichtlich
der Dauerhaftigkeit übertroffen. Die Versuchsperson ist nach ihrem ungeplanten,
aber eindeutigen Ableben wieder aufgewacht und hat ihre Lebenslust kundgetan,
indem sie mehr als die Hälfte der Laborbelegschaft getötet und zum Teil
aufgefressen hat. Mein Vater und einige Kollegen sind damals durch das
Tunnelsystem geflohen, jedoch bald darauf zurückgekehrt, um diese gottlose
Kreatur zu erledigen und den anderen zu Hilfe zu kommen. Beides ohne Erfolg, da
man Tote weder umbringen noch retten kann. Trotz mehrerer Anläufe ist es ihnen
damals nicht gelungen, dieses unirdische Wesen zu beseitigen. Erst mit der Zeit
sind sie draufgekommen, dass man den Kalten einfach nur den Kopf zermatschen
muss, um sie auszuschalten.“ Janus legt eine Pause ein. Wahrscheinlich, um
seinen Zuhörern Zeit zu geben, sich angemessen zu ekeln.
    Ein boshafter Zug umspielt seine Mundwinkel, als er
fortfährt: „Mein alter Herr hat mir oft und oft erzählt, wie dieses Ding die
Männer aus blassen, fast milchig weißen Augen angestarrt und gierig nach ihnen
gegriffen hat. Sie haben sich hinter einer Tür verschanzt und es durch das
Sichtgitter beobachtet. Mangels Lebendnahrung und vielleicht auch aus
Langeweile hat sich dieses offenbar untote Wesen irgendwann an einen der
Arbeitstische gesetzt und das dort befindliche Mikroskop auseinander
geschraubt, um es anschließend feinsäuberlich wieder zusammenzusetzen. Das hat
die Neugier meines Vaters geweckt. Gemeinsam mit den anderen ist es ihm
gelungen, den Mann zu bändigen und in eine leer stehende Zelle zu sperren. Dann
haben sie ihm verschiedene technische Geräte zugesteckt, die er mit fast
kindlicher Freude zerlegt und wieder zusammengesetzt hat. Das hat den Ehrgeiz
meines Vaters geweckt. Überzeugt, dass – wenn auch unbeabsichtigt und unter
schweren Verlusten – ein wissenschaftlicher Durchbruch gelungen ist, hat er
seine Kollegen überredet, weitere Versuche mit der Substanz zu machen, die sein
Freund Felix zusammengepanscht hat.“
    Janus hält inne und atmet schwer. Sein eben noch
wacher Blick wird düster. Nervös greift er sich an seine

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