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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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mehr oder weniger seriösen Berichten von Leuten, die behaupten, auf dem Weg
zum Himmelstor eine Art Zusammenfassung ihrer hellsten Momente gesehen zu
haben. Grundsätzlich kann man das so übernehmen. Der Mensch ist tot. Mit Felix
Austriacus jedoch stirbt das Gehirn nicht. Nicht ganz. Das Denkzentrum
bleibt aktiv, ebenso Teile des Kleinhirns, des Thalamus und des Hypothalamus.
Selbst als Toter braucht man ja schließlich zumindest eingeschränkte motorische
Fähigkeiten und ein paar seiner Sinne. Unnötige Funktionen wie Atmung,
Kreislauf und vor allem Emotionen sterben mit dem Zwischenhirn und dem Hirnstamm
quasi vollkommen ab. Stellen Sie sich das vor! Ein Mensch bar jeden Gefühls.
Ohne Ablenkung durch Banalitäten wie körperliche Bedürfnisse. Reduziert auf
sein individuelles Talent. Und begierig, es auszuleben. Wenn man das Wort in
diesem Zusammenhang verwenden kann.“
    Wenn es nicht so
ekelhaft und vollkommen absurd klingen würde, könnte Jo sich fast mit dem
Gedanken anfreunden, als Untoter durch die Welt zu wandern. Ein kleines
Spritzerl, ein schneller Schuss und schon könnte er alles tun, was er bereits sein
Leben lang tut. Nur viel besser. Verträumt lässt er seine Augen durchs Zimmer
schweifen. Sein Blick bleibt an Katja hängen. Sie könnte er dann natürlich
nicht mehr lieben. Also beschließt Jo, sein Dasein bis auf Weiteres als
unterschätzter, aber fühlender Lungenatmer zu genießen.
    Janus lehnt sich in seinem Sessel zurück, schließt
seine Augen und spricht leise weiter. Als würde er sich selbst jene Bilder
beschreiben, die in seinem Kopf vorüberziehen: „Es ist einfach brillant.
Perfektion in Reinkultur. Es hat natürlich eine Weile gedauert, bis mein Vater
den Dreh heraus gehabt hat. Mit der Zeit sind er und seine Kollegen dran
gegangen, Versuchspersonen ganz gezielt hinsichtlich ihrer Fähigkeiten zu
rekrutieren. Techniker. Wissenschafter. Politiker. Sogar mit Künstlern haben
sie experimentiert. Und jedes Mal sind diese Leute nach Behandlung und Exodus
um vieles besser gewesen als davor. Seelenlos - ja. Von Gott verlassen - ja.
Aber genial. Und Gelegenheit, sie in der Praxis zu testen, hat es auch gegeben.
Die Trümmerjahre nach dem Krieg haben quasi danach geschrien. Natürlich haben
sie anfangs nur im Untergrund agieren können. Wegen der Alliierten. Und weil
gerade in jener Zeit die Bevölkerung auch nicht so gut auf Menschen zu sprechen
gewesen ist, die ohne Herz und nur auf Befehl handeln. Verständlich. Außerdem
hat es da noch ein ganz anderes Problem gegeben. Diese Kreaturen – mein Vater
hat sie immer Kalte oder Untote genannt – haben die unangenehme Angewohnheit
gehabt, jeden zu attackieren und aufzufressen, der nicht bei drei auf den
Bäumen ist. Also haben sie diese Wesen vorerst unter strengster Bewachung hier
in den Katakomben arbeiten lassen.“
    Das hat was. Billige, weil tote Arbeitskräfte. Katja
macht einen Schritt auf den Schreibtisch zu, hinter dem Janus halb versunken in
seinem Ledersessel sitzt. Jetzt wird´s interessant. Zeit für eine kleine
Herausforderung: „Das klingt ja recht nett. Aber wo ist der Witz? Ein paar
Untote können besser basteln als ihre lebenden Mitmenschen. Na und?“
    Mit einer schwachen Handbewegung winkt Janus ab und
streicht sich über die Stirn. Dass diese jungen Leute immer so ungeduldig sein
müssen! Er hat es gerade ausführen wollen. Außerdem ist das Thema ohnehin zu
komplex, um es wirklich zu verstehen. Er selbst ist seit mehr als 30 Jahren im
Geschäft und hat trotzdem noch nicht ganz durchschaut, wie das Verfahren
wirklich funktioniert. Aber seine Aufgabe beschränkt sich ohnehin darauf, dafür
zu sorgen, dass es funktioniert. Ohne Rücksicht auf Verluste.
     
    „Vereinfacht gesagt: Die Kalten haben dafür gesorgt,
dass die Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Einem hat man zum Beispiel ein
schrottreifes Auto gegeben und er hat einen Sportwagen draus gebaut. Den hat
man dann in Produktion geschickt und im Ausland teuer verkauft. Fährt einer von
euch einen Alfa Romero?“ Als Bernd nickt, fährt Janus lächelnd fort: „Na schau,
das ist der erste Exportschlager gewesen. Echte Tiroler Handarbeit. Einem
anderen haben sie verschiedene Bilanzen vorgelegt und er hat das jeweilige
Unternehmen binnen Tagen ins Plus gerechnet und so für Investoren attraktiv
gemacht. Und so weiter. All das zum Nulltarif, aber dafür mit großem Gewinn.
Was glauben Sie denn, warum es dem Land und auch den anderen Kriegsverlierern
so rasend schnell

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