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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alkestis Sabbas
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der aussieht, als hätte er große Sorgen. Die Stirn unter der
Glatze ist von Falten zerfurcht, die Wangen eingefallen und blass. In seinem
grauen Rollkragenpullover und der schwarzen Hose wirkt er schmächtiger, als er
tatsächlich ist. Leicht schwankend schlurft er auf den Schreibtisch zu. Sein
linker Arm baumelt träge an der Seite, während seine andere Hand in
kreisförmigen Bewegungen die rechte Schläfe massiert. Er lässt sich in den
Schreibtischsessel fallen. Dass er Gäste hat, scheint ihm nicht aufzufallen.
Mit zusammengekniffenen Augen sieht er auf den Bildschirm und macht schließlich
ein paar Notizen.
    Dann sieht er hoch. Die dunklen Augen blitzen unter
den buschigen Brauen und der von tiefen Kerben umrahmte Mund verzieht sich zu
einem süffisanten Lächeln. Der Mann ist alles andere als gebrochen. Wollte man
den Teufel an die Wand malen, müsste man nur diesen Mann hinpinseln. Einer der
AFFEn schluckt hörbar, während seine Kollegen scharf die Luft einziehen.
    Das muss Janus
sein.
    Die angespannte Stille wird von einem seltsam
verzerrten Dies Irae unterbrochen. Ungeduldig zieht Janus sein Telefon
aus der Hosentasche, wirft einen Blick darauf und hebt ab: „Was zum Teufel
wollen Sie?“ – „Und was geht mich das an? Um Krankenhausbelange schere ich mich
nicht, das wissen Sie ganz genau!“ – „Was heißt fast vollständig in
Mullbinden eingewickelt ? Dann ist er ein Patient und gehört auf die
Station!“ – „Das Muster seines Pyjamas interessiert mich nicht!“ – „Dann ist er
eben aus Waidhofen!“ Anna und Bernd sehen einander an. Die Verbände. Der
Krankenhauspyjama. Das klingt nach Max.
    „Ich verstehe noch immer nicht, warum Sie mir das
alles …“ – „Wenn er den Medikamentenschrank geknackt und sich mit Drogen
vollgepumpt …“ – „ Wo haben Sie ihn gefunden? Unten?“ – „ Die Drogen? Alle?“ – „Aus dem Koma wacht er nicht mehr auf, das Problem
können Sie als gelöst betrachten. Bringen Sie ihn aber zur Sicherheit ins
Beobachtungszimmer und lassen Sie ihn nicht aus den Augen. Sie wissen, was zu
tun ist, wenn er …“ – „Ja.“
    Janus wirft das Telefon auf den Tisch und murmelt
einen Fluch. Annas Kehle schnürt sich zusammen, als würden unsichtbare Finger
ihren Hals umschließen und zudrücken. Sie ringt nach Luft und presst die Hände
auf ihr Herz. Max. Sie haben ihren Opa gefunden. Der Boden unter Annas Füßen
gibt langsam, aber unaufhaltsam nach.
    Mit Mühe gelingt
es Bernd, sie zu stützen. Sie haben Max gefunden. Irgendwo in diesem
verfluchten Labyrinth. In einem der zahllosen Gänge oder Räume, an denen Anna
und er vorbeigelaufen sind. Max muss sich da versteckt haben. Wahrscheinlich
mit einem schelmischen Grinsen und in dem kindlichen Glauben, dass Anna und
Bernd ihn suchen, nachdem sie bis 100 gezählt haben. Und dort hat er sicher
Drogen entdeckt. Kleine Flaschen mit buntem Saft darin und farbenfrohe Pillen.
Anna und Bernd haben ihn in eine Welt gestoßen, die nicht mehr die seine ist.
Die wieder gewonnene Freiheit ist wohl zu viel für ihn gewesen. Seine niemals
vollständig überwundene Abhängigkeit von diversen Suchtmitteln hat ihm dann den
Rest gegeben.
    „Also, was haben wir hier … Ein paar Ausreißer und
einen Verräter?“ fragt Janus in einem Tonfall, der sogar Katja kalte Schauer
über den Rücken jagt. Er lehnt sich ein wenig zur Seite und sagt zu den AFFEn:
„Was soll das? Seit wann werden Anarchisten zu mir gebracht? Warum sind sie
nicht bei den Fressern draußen? Wozu unterhalte ich eigentlich die Abteilung
für fehlgeleitete Existenzen ? Zu euren Aufgaben gehört in erster Linie die
Überwachung und allfällige Exekution jener Subjekte, die aus der Reihe tanzen.
Ob tot oder lebendig. Muss ich euch wirklich daran erinnern?“
    Nach einem Moment der Verwunderung tritt der
Kommandant zum Schreibtisch, räuspert sich und sagt: „Herr Romero, ich hab es
Ihnen doch schon vorhin … Also, die zwei sind Verwandte von AOs. Und die beiden
anderen gehören zu ihnen. Sagt zumindest Schmid. Und dass Sie vielleicht was
anderes mit denen vorhaben. Da hab ich mich dann natürlich nicht getraut, noch
irgendwas ohne Ihr Einverständnis zu unternehmen. So eine Entscheidung liegt ja
auch überhaupt nicht in meinem Machtbereich. Dass wir eine Ratte unter uns
haben, hab ich nicht ahnen können. Aber das andere kann ich natürlich
überprüfen!“
    Er wendet sich zu den Gefangenen um und hebt drohend
seine linke Faust. Die Armbanduhr an seinem

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