Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
hochgezogenen Schultern. Sie trug einen grünen Mantel über einer weißen Bluse und hatte kurze blonde Haare: die Schwester von Dennis Socka, Friseurin, angestellt bei einem Unternehmen, das unter dem Namen »Modern Hair« mehrere Läden in der Stadt betrieb.
    Hauptkommissarin Gesa Mehling hatte Olivia Richter vom Gärtnerplatz, wo sie arbeitete, in die Burgstraße gebracht, Emanuel Feldkirch als leitender Sachbearbeiter würde sie vernehmen. Gegenüber Gesa hatte Olivia erklärt, sie habe wenig Kontakt zu ihrem Bruder. Seit ihrer Hochzeit vor einem Jahr und seit sie mit ihrem Mann zusammengezogen war, habe sie auch kaum Kontakt zu ihren Eltern in Pasing. Dass Dennis am Abend dem Haftrichter vorgeführt werden würde, verschwieg Gesa Mehling. Sie hatte Olivia gebeten mitzukommen, da Dennis in die Ermittlungen beieinem Kapitalverbrechen geraten sei und verwirrende Aussagen gemacht habe. Als Angehörige habe Olivia das Recht, die Aussage zu verweigern, was ihrem Bruder jedoch eher schaden könnte.
    Wie Gesa Mehling Fischer berichtete, habe die Friseurin zunächst verwirrt und ratlos gewirkt, anschließend aber lauter Fragen gestellt, die nach Gesas Meinung wie die einer Schwester klangen, die sich um ihren ungezogenen kleinen Bruder sorgte. Auf Olivias Drängen hin, um welches Verbrechen es sich überhaupt handelte, hatte Gesa von »Überfällen auf Taxis« gesprochen, woraufhin die Friseurin meinte, davon habe sie noch nichts gehört. Immer wieder wollte sie wissen, wie es ihrem Bruder gehe und wo er sich aufhalte.
    »Die Eltern sind auf dem Weg zu uns«, sagte Feldkirch vom Flur aus. Gesa Mehling, Liz Sinkel, Sigi Nick und Polonius Fischer warteten im Beobachtungsraum.
    Feldkirch bat Olivia Richter, sich zu setzen. Die Großaufnahme auf dem Monitor zeigte das furchtverschattete Gesicht einer jungen Frau, die zum ersten Mal mit der Kriminalpolizei zu tun hatte.
    »Bitte setzen Sie sich«, wiederholte Feldkirch.
    »Mir ist ganz schlecht«, sagte Olivia.
    »Möchten Sie ein Glas Wasser?«
    Sie schüttelte den Kopf, wollte etwas sagen, biss sich auf die Lippen, atmete hastig.
    Feldkirch, wieder mit unliniertem Schreibblock und Stift, war ebenfalls stehen geblieben. »Ihr Bruder war heut auch schon hier. Ich hab mit ihm gesprochen und bin nicht schlau aus ihm geworden. Sie müssen mir helfen, ihn zu verstehen, sonst kommt er womöglich in ernste Schwierigkeiten.«
    »Was hat er denn angestellt? Bitte sagen Sie’s mir.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu, hielt inne, öffnete den Mund und brachte kein Wort heraus.
    »Nehmen Sie bitte Platz«, sagte Feldkirch zum dritten Mal und setzte sich auf den Stuhl, mit dem Rücken zur Spiegelwand.
    Mit beiden Händen hielt Olivia Richter sich an den Lehnen fest, während sie sich setzte. Dann umklammerte sie mit der linken Hand die Tischkante und legte die rechte in den Schoß.
    »Möchten Sie Ihren Mantel ausziehen?«, sagte Feldkirch.
    »Mir ist kalt. Wo ist mein Bruder?«
    »Im Polizeipräsidium. Er darf vorerst nicht nach Hause. Hat Ihr Bruder Freunde, die ihn manchmal zu etwas anstiften, was er eigentlich nicht machen möchte?«
    »Was denn?«
    So verunsichert und eingeschüchtert die Frau auch wirkte – in dem Augenblick, in dem sie begriff, dass die Polizei ihren Bruder in die Enge getrieben hatte und ihn eines Verbrechens beschuldigte, dessen genaue Umstände noch ungeklärt waren, würde sie jedes Wort genau abwägen und darauf achten, Dennis auf keinen Fall in einem negativen Licht erscheinen zu lassen. Im schlimmsten Fall würde sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, und Feldkirch hätte eine große Chance vertan.
    »Alles, was wir wissen, ist, dass Ihr Bruder jemanden schützen möchte, den wir suchen«, sagte Feldkirch. »Haben Sie eine Vorstellung, wer das sein könnte?«
    »Und was hat derjenige angestellt?« Ihre Finger krallten sich fast in den Tisch.
    »Er hat mehrere Taxifahrer überfallen.«
    »Der ist das! Mit so jemandem hat mein Bruder doch nichts zu tun.«
    »Wir glauben das auch nicht«, sagte Feldkirch. »Und er tut sich halt keinen Gefallen damit, wenn er den Mann deckt. Deswegen können wir ihn nicht gehen lassen, weil Dennisuns den Namen eines Straftäters nicht nennen will. Erklären Sie mir, warum er das tut.«
    Entweder sie kam nicht auf die naheliegendste Antwort, oder Olivia begann wachsam zu werden. »Das kann ich mir nicht erklären«, sagte sie, anstatt zu fragen, ob der Kommissar vermute, ihr Bruder sei an den Überfällen

Weitere Kostenlose Bücher