Totsein verjaehrt nicht
beim Bowling Hanno?« Fischer stand mit dem Rücken zur Straße. Er hatte den Eindruck, das Vibrieren des Asphalts setzte sich in seinem Körper mit dreifacher Stärke fort.
»Hanno? Weiß ich nicht mehr. Einmal, das weiß ich noch, hat die Micha die Kleine mitgebracht, und der Mann war auch da. Installateur von Beruf, kann das sein?«
»Ja.«
»Dann stimmts. Der hat das Mädchen recht rumkommandiert. Sie hat auch geweint. Jetzt, wo wir drüber reden, seh ichs wieder vor mir. Dann ist er mit ihr weg, nach Hause. Meine Frau konnt ihn nicht leiden, die hat gesagt, der schlägt die Kleine, das sieht man dem an. Ich habs ihm nicht angesehen. Ist immer riskant, so Urteile auf die Schnelle. Ich hab schon viele Leute in meinem Auto gehabt, das wahre Gesicht erkennt man erst, wenns ernst wird, wenn man reagieren muss, wenn man eine Entscheidung treffen muss. Da stellt sich raus, wie einer wirklich ist. Vorher kann jeder bluffen, aber wenns brennt, kann man sehen, wer was taugt und wer ein Feigling ist. Ich bild mir kein Urteil über niemand, vor der sechsten oder achten Fahrstunde sag ich nichts. Meine Frau ist da anders, die teilt die Leute sofort ein in solche und solche. Das bringt gar nichts.«
»Als das Mädchen verschwunden war«, sagte Fischer, »hatten Sie da noch ein Verhältnis mit Frau Peters?«
»Nein, das hat abrupt aufgehört. Sie wollt nicht mehr. War in Ordnung. Hat eh lang gedauert, fast zwei Jahre.«
»Hatte Frau Peters noch andere Liebhaber?«
»Geht mich das was an? Den einen, diesen Installateur wahrscheinlich. Weiß ich nicht. Wir haben nicht drüber geredet. Sie wollt nicht, dass ich sie ausfrag. Wir haben uns getroffen, sind in die Kiste, und perfekt wars.«
»Sie haben sich bei ihr getroffen.«
»Bei ihr manchmal, manchmal in einer Pension in der Schwanthalerstraße. Fünfzig Euro, eine Stunde, reicht ja auch.«
»Was, glauben Sie, Herr Bach, ist mit Michas Tochter passiert? Wurde sie ermordet? Ist sie verschleppt worden?«
Er winkte einer Frau mit Kopftuch, die auf sie zukam. »Das ist die Samira, von der ich Ihnen erzählt hab. Die Tochter von der Micha? Kann ich nicht sagen. Grüß dich, Samira.«
Die junge Frau lächelte, und Bach rieb sich aus irgendeinem Grund die Hände.
Von Perlach fuhr Fischer nach Berg am Laim, wo der zweiundvierzigjährige Krankenpfleger Max Hecker mit seiner Frau im vierten Stock eines Hochhauses an der Kreillerstraße wohnte. Unterwegs hielt Fischer an einer Trambahnhaltestelle und rief im Krankenhaus an.
»Ich bitte Sie …«, sagte die Schwester ungeduldig, und er kappte ohne ein weiteres Wort die Verbindung.
Eine Weile hielt er das Handy mit beiden Händen fest, weil sie so zitterten.
Als plötzlich die Melodie von Bad Bad Leroy Brown ertönte und die Nummer des Kommissariats auf dem Display erschien, schaltete er das Gerät aus.
Hecker – er hatte sich im Januar beim Skifahren den linken Arm gebrochen und war immer noch krankgeschrieben – saß vor dem Fernseher und wollte von seiner Vergangenheitnicht belästigt werden. In seine Wohnung hatte er Fischer nur gelassen, weil gerade eine Nachbarin aus der Tür kam und aufhorchte, als das Wort Polizei fiel. Heckers Frau war nicht zu Hause, sie arbeitete als Sekretärin in einem Autohaus in der Nähe.
Das Einzige, was Hecker herausbrachte, war, dass er Michaela Peters »immer schon« für eine »Schlampe« gehalten hatte und sie »praktisch ignorierte«, wenn sie ihm an ihrem gemeinsamen Arbeitsplatz in Großhadern über den Weg lief. Fischer fragte ihn, ob er Scarlett gekannt hatte. Er schüttelte den Kopf und widmete sich wieder den Pokerspielern im Fernsehen mit ihren dunklen Sonnenbrillen.
So verließ Fischer, ohne sich zu verabschieden, nach zehn Minuten die Wohnung.
»Geh ans Telefon, wenn ich dich anrufe«, sagte Valerie. »Wo bist du überhaupt?«
»Auf dem Weg«, sagte Fischer.
»Das hoff ich. Emanuel will dich sprechen.« Sie stellte Fischer durch.
Feldkirchs Stimme klang ruhig und konzentriert. »Auf dem Mantel waren Stofffasern, die das LKA zuordnen konnte. Wir haben zwar keine Tatortspuren von dem Mann, aber wir wissen, wie er heißt. Georg hatte mit dem Namen Ziggi bei seinen neuen Recherchen im Bekanntenkreis von Dennis Socka Erfolg. Bei der Hausdurchsuchung von Dennis haben wir zwei Butterflymesser gefunden, eines könnte die Tatwaffe sein. Deine Idee mit dem Mantel hat unsere Arbeit enorm beschleunigt.«
»Glück gehabt«, sagte Fischer. Er stand an einem runden Tisch vor
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