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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ignorierte die Kälte und sein Schaudern.
    »An dem Tag, als Ihre Tochter verschwand«, sagte er, »war Scarletts Vater in der Nähe Ihrer Wohnung.«
    »Ja, und?«
    »Er könnte Scarlett getroffen haben.«
    »Ja, und?«
    »Sie hatten Streit.«
    »Worüber denn?«
    »Über Sie, über Ihr Leben, über Scarletts Nöte.«
    »Sie haben meine Tochter nicht gekannt.« Sie inhalierte, bis kein Rauch mehr kam. »Was wollen Sie von mir? Wieso haben Sie mich hierher bestellt, mitten in der Nacht?«
    »Sie sind gekommen«, sagte Fischer.
    Sie sah an ihm vorbei, trank einen Schluck, rieb mit der Faust über ihr Bein. »Scarletts Nöte«, sagte sie mit kleiner Stimme. »Das klingt, als wär sie in Not gewesen. War sie aber nicht, Not gabs bei uns nicht. Und ihren Vater hat sie seit Jahren nicht mehr gesehen gehabt, der ist abgehauen, das wissen Sie doch.«
    »Ich habe mit Ringo Borkham gesprochen. Scarlett hat sich ihm anvertraut, sie hat zu ihm gesagt, sie würde am liebsten weggehen von zu Hause. Sie sagte, sie würde Ihre Freunde nicht ertragen, sie mochte die Männer nicht.«
    »Glauben Sie, Sie erzählen mir was Neues? Ich hab ihr erklärt, das sind meine Freunde, meine Männer, wenn Sie das so ausdrücken wollen, und da hat sie nichts dreinzureden. Das hab ich ihr klargemacht.«
    »Sie haben Scarlett geschlagen, wenn sie wieder damit angefangen hat.«
    »Ich hab sie nicht geschlagen.«
    »Sie haben sie bestraft, Sie haben sie eingesperrt, Sie haben sie beschimpft.«
    »Was wissen denn Sie, Sie Lump?« Sie trank ihr Glas leer und schaute auf die runde Uhr über der Theke. »Seien Sie so gut und bezahlen Sie mein Getränk, ich muss gehen.«
    »Sie kommen mit mir, Frau Peters.«
    »Was?«
    »Wir fahren wohin.«
    »Ich mit Ihnen? Sie sind besoffen.«
    Fischer hob den Arm, um den Wirt, der nach wie vor gebannt die verbalen Ausgrabungen seiner beiden Stammgäste bestaunte, auf sich aufmerksam zu machen. »Rufen Sie uns ein Taxi.« Selber fahren wollte er nicht, er musste auf Michaela aufpassen.
    Nach einem Zögern und einem zweifelnden Blick zu Michaela griff er nach dem unter der Theke liegenden Telefon.
    »In einer Stunde sind wir zurück«, sagte Fischer.
    »Glauben Sie das im Ernst?« Wieder zündete sie sich eine Zigarette an. »Werden Sie wieder nüchtern, ich geh nirgends mit Ihnen hin.«
    Fischer sagte: »Ihre Tochter hat mich gebeten, Sie zu ihr zu bringen.«
     
    Die Zigarette glitt ihr aus der Hand und rollte brennend über den Holztisch. Fischer nahm sie und drückte sie im Aschenbecher aus. Mit halb geöffnetem Mund sah Michaela Petersihn an, während er einen Geldschein an den Rand des Tisches legte. Dann stand er auf und packte Michaela am Arm.
    »Schaffen Sie das, Ihrer eigenen Tochter ins Gesicht zu sehen?«
    Als hätte er ihr einen Faustschlag versetzt, taumelte sie hinter ihm her aus dem Lokal. Der Alkohol, den sie den ganzen Abend über getrunken hatte, entfaltete seine Wirkung.
    Das Taxi bog in die Winterstraße ein. Fischer öffnete die hintere Tür, schob Michaela auf die Rückbank und setzte sich neben sie.
    »Nach Perlach«, sagte er zum Fahrer. »Unterhachinger Straße.«
    »Welche Nummer?«
    »Die Nummer weiß ich nicht, ich kenne nur das Haus.«
    »Welches Haus?«, fragte Michaela Peters laut. »Was für ein Haus? Ich will da nicht hin. Lassen Sie mich los.«
    Der Taxifahrer schaute in den Rückspiegel.
    »Fahren Sie einfach weiter«, sagte Fischer.
    Michaela rammte ihm den Ellenbogen in die Seite. Er packte ihren Arm, presste ihn an ihren Körper und umklammerte sie so fest, dass sie nach Luft schnappte. Für eine Gegenwehr war sie zu betrunken.
    Nach einem Kilometer fing Fischer an, sie zu duzen, was ihr offensichtlich nicht auffiel.
    »Reiß dich zusammen und überleg dir, was du gleich sagen wirst.«
    Erfolglos rüttelte sie mit dem Oberkörper an seiner Umklammerung.
    »Ich sag gar nichts, du Lump. Du willst mich austricksen, du lügst doch. Ich zeig dich an. Was du hier machst, ist Kidnapping. Ich lass mich von dir nicht schanghaien, du betrunkener Bulle.«
    Den Ausdruck hatte er noch nie gehört.
    »Was heißt das?«, sagte Fischer.
    »Was?«, schrie sie und zerrte an seinen Händen. »Was? Was?«
    »Schanghaien, was bedeutet das?«
    »Lass mich los.«
    »Nein.«
    »Lass mich los. Wenn Hanno heimkommt, und ich bin nicht da, dann ruft er die Polizei, dann bist du fällig.«
    »Hanno ruft bestimmt nicht die Polizei.«
    »Woher willst denn du das wissen?«, schrie sie.
    »Denkst du, er meldet dich

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